Zandt
Attilas Grab oder drei versteinerte Schwestern?

Zwei Legenden ranken sich um eine Felsformation in der Nähe des "Via Raetica"-Radwegs bei Zandt

28.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:16 Uhr
Nachdem die drei Schwestern ihr Schweigen gebrochen hatten, wurden sie zu Stein verwandelt - so lautet zumindest die Legende. −Foto: Patzelt

Zandt - Es ist eher ein unscheinbarer Ort, ein kleiner Hügel vor dem Hennenberg in der Flur "Winkelhü" nordwestlich von Zandt.

Die meisten Radler auf dem "Via Raetica"-Radweg fahren achtlos daran vorbei. Versteckt in einem kleinen Wäldchen, von Büschen und Brennnesseln umwachsen, ist eine Steinformation zu finden, um die im Dorf zwei Sagen kursieren, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden.

Mit der ersten Sage hat sich der Heimatforscher Rudi Götz befasst. Unter einem dieser Felsen liegt der Hunnenkönig Attila samt seines wertvollen Goldschatzes begraben, so die Erzählung. Die Felsformation könnte der Eingang zum Grab des sagenumwobenen Königs sein.

Vor langer Zeit hat das zentralasiatische Reitervolk der Hunnen in vielen Bereichen Süddeutschlands gewütet. Im frühen 5. Jahrhundert errichteten sie an der Donau einen Herrschaftsraum zwischen West- und Ostrom. Unter Attila erreichte ihre Macht den Höhepunkt. Über seine letzten Monate ist kaum etwas bekannt, es gibt sogar Erzählungen, die besagen, dass Attila in unserer Gegend gestorben sein soll. Anno 453 heiratete der Hunnenkönig die Gotin Ildico und starb in der Hochzeitsnacht.

Laut der kursierenden Sage wurde Attila samt seiner wertvollen Beigaben unter der Steinformation am Hennenberg begraben - und zur Geheimhaltung dieses Ortes mussten alle Beteiligten ihr Leben lassen.

Von einer weiteren Sage berichtet der Zandter Heimatforscher Gerhard Meier. Sie handelt von drei törichten Schwestern, die eine Stunde lang für einen Prinzen, Edelbert, schweigen sollten. "Mit etwas Phantasie lässt die kleine Anhöhe den Eingang zu einer Höhle vermuten, die eine versunkene Burg beherbergt", sagt Meier, bevor er zu erzählen beginnt: Einst saßen drei Schwestern vor der großen Pforte zur Burg Hennenberg. Denn im Schlafe war ihnen verheißen worden, dass sich das große Portal zur Burg von Prinz Edelbert und dessen königlichen Gemächern öffnet, wenn sie nur eine Stunde völlig stumm verweilen würden.

Ganz vorne saß die kleinste und jüngste der drei Schwestern, ein schmächtiges und zierliches Mädchen. Sie konnte ihr Schweigen nicht lange halten: "Ich bin die Schönste, ich werde dem Prinzen gefallen. Er wird mich erwählen und zu seiner Prinzessin machen. " Daraufhin wurde sie zu Stein verwandelt.

Auch die Zweite, eine etwas korpulente, dominante und selbstbewusste Frau, konnte die Stille nicht lange ertragen. Ihr wurde das Warten und Verlangen zu groß und sie herrschte die Dritte an: "Was willst du noch hier, du kannst ruhig nach Hause gehen. Ich kann vorzüglich kochen und auch liebevoll verwöhnen. Das wird den Prinzen genüsslich und sinnlich stimmen und er nimmt mich dann zu seiner Prinzessin. " Im selben Augenblick wurde auch sie in einen Felsbrocken verwandelt.

Nun war nur noch die älteste der drei Schwestern übrig - eine sehr protzige und herrische Dame. Sie saß deshalb auch schon etwas erhöht und direkt vor dem Eingangstor. Aber auch sie war nicht fähig, eine Stunde lang zu schweigen, und rief gierig und befehlend: "Prinz Edelbert, ich gebiete dir, mach sofort das Tor auf. Ich bin alleine hier und somit auch deine rechtmäßige Prinzessin. Ich erhebe deshalb Anspruch auf den Thron. " Daraufhin wurde auch sie zu Stein verwandelt.

Nun verfluchte der Vater jenen Prinzen, der keine seiner Töchter zur Gemahlin erwählt hatte. Und die Burg versank in der Höhle unter dem sagenumwobenen Hügel des Hennenbergs.

Seitdem schweigen die drei Schwestern und sitzen still und versteinert vor dem Eingang zur versunkenen Burg. Wenn das Mondlicht hell auf die Felsformation scheint, soll man sie klagen hören - aber nur, wenn man eine Stunde lang schweigt. Und der Prinz soll immer noch alleine auf seinem Königsthron sitzen und auf eine schweigende Prinzessin warten.

Der Eingang zur Höhle wurde nach immer dreisteren, wagemutigen Abenteuern einheimischer Burschen und Erwachsener 1963 im Rahmen der Flurbereinigung schließlich eingefüllt.

pa