Schernfeld
Als die Pest nach Schernfeld kam

In den Jahren 1484 und 1649 wütete die Seuche - Ein Blick in die Geschichte

30.09.2020 | Stand 02.12.2020, 10:27 Uhr
Der Katholische Burschenverein Schernfeld mit der Bruderschaftsfahne um das Jahr 1930. −Foto: Repro Bauer

Schernfeld - Sie brachten qualvollen Tod und rafften viele Menschen dahin: Pestepidemien, die auch in Schernfeld wüteten.

Im Pestjahr 1484 gründeten die Schernfelder deshalb sogar eine Bruderschaft, die St.-Georgi-Bruderschaft. Auch heute noch ist der heilige Georg der Kirchenpatron der Pfarrei.

Als die Seuche im Jahr 1484 ausbrach, war sie "unsichtbar wie ein Gespenst ins Dorf geschlichen". So steht es im "Heimgarten" von 1934, einer Zeitungsbeilage zum 450-jährigen Gedenktag der Bruderschaftsgründung. Weiter heißt es dort: "Man hatte zwar schon seit längerer Zeit von dem großen Sterben gehört, das durchs Land ging, fahrendes Volk hatte erzählt von großen Grabhügeln, die sich als grässlicher Thron für den schwarzen Tod schon vielerorts wölbten. Man hörte das und schauderte. ? Aber man hoffte immer noch, daß man verschont bleiben würde, die hohe gesunde Lage, das frische Lüftchen, welches fast das ganze Jahr durch die Dorfstraßen streicht, dazu eine abgehärtete Bauernbevölkerung, der schwarze Tod würde in Schernfeld nicht viel zu suchen haben. Aber er kam doch und suchte seine Opfer! Mit einem fings an. Keiner dachte, daß die Stellung schon verloren sei, daß der Feind schon innerhalb der Mauern sich befinde. Aber bald schrie man es vor Furcht und Entsetzen zitternd durch die Dorfstraßen: Die erste Pestleiche in Schernfeld! Von da an gings schnell. ?

Der Seelsorger wurde fast nicht mehr fertig mit seinen Krankenbesuchen und Gebeten am Lager der qualvoll Sterbenden. Was tun? Man wandte alle Mittel an, die man damals kannte, manches abergläubische Geheimmittelchen machte den Weg durch die Dorfstraßen, aber gestorben sind sie alle, mochten sie ärztliche Kunst in Anspruch nehmen, mochten sie auf abergläubischen Tand (nutzloses Ding) ihre Hoffnung setzen. Die Pestgräber wurden von Tag zu Tag mehr, die Lebenden immer weniger. "

In ihrer Ohnmacht suchten die Schernfelder Hilfe beim heiligen Georg. Zur Abwehr der Pest wurde 1484 in Schernfeld im Vertrauen auf die Fürbitte des heiligen Ritters und Märtyrers Georgius, des bedeutenden Volksheiligen und Nothelfers, die Bruderschaft zu seinen Ehren gegründet. Darüber steht im "Heimgarten" von 1934: "In der Dorfkirche stand ja ein Bild des heiligen Ritters Georgius. Auf einem schneidigen Roß saß er, das jedes Bauern Freude war, eine Lanze hatte er in der Faust und die stieß er einem gräulichen Drachen so fest und sicher in den Rachen, daß man ordentlich glauben konnte, den Todesschrei dieses Untieres zu hören. Wäre es nicht besser, sich mit diesem erprobten Kämpfer zu verbinden, den geplagten Stadtleuten ihre Arznei zu lassen, die sich herumtreibenden Kurpfuscher und Geldbeuteljäger mit dem Peitschenstiel vom Hofe zu jagen und den heiligen Kämpfer zu bitten, mit seiner sieghaften Lanze den Pestdrachen niederzustechen? "

Ihr Anliegen unterbreiteten die Bauern dem Pfarrer. Eine Bruderschaft sollte gegründet werden. Der Pfarrer begann zu lächeln. Schon lange hatte er das wegen der vielen Toten nicht mehr getan. Der Seelsorger freute sich, dass es doch noch Leute gab, die den Mut noch nicht verloren hatten, deren Gottvertrauen stärker war als die Tyrannei der Pest. Die Schernfelder gründeten die Bruderschaft und warteten auf die Hilfe des heiligen Georg.

"Eines Nachts mußte er durchs Dorf geritten sein. Es kam der Tag wieder, wo die Totengräber ihr gräuliches Handwerkszeug auf die Seite stellten. Das Sterben wurde weniger, ja manche wurden sogar wieder gesund und man staunte sie an, wie wenn sie von den Toten auferstanden wären. Dann kam der Tag, wo die Glocken läuteten und immer wieder läuteten, der Tag, der einer der schönsten war: Die Pest war tot, der heilige Georg hatte sie niedergeritten und tot gestochen? Vieles hat man in den darauf folgenden Jahren vergessen. Doch eines blieb, die Erinnerung an die Bauern, die den Mut hatten, sich zu wehren und den Glauben zu bewahren. "

Die St.-Georgi-Bruderschaft von Schernfeld hatte sich weit ausgebreitet. Da ließ sich bald der eine und andere in die Bruderschaft aufnehmen, gar mancher Geistliche Rat von Eichstätt schrieb seinen Namen in das Bruderschaftsbuch.

Der zweite Ausbruch der Seuche fiel ins Jahr 1649. Während des 30-jährigen Krieges (1618-1648) waren immer wieder fremdländische Truppen in Schernfeld gewesen. Kaum hatten die Schweden zu jener Zeit das Dorf verlassen, brach in Schernfeld abermals die Pest aus. Darüber steht in der Chronik: "Am 29. September 1649 wurde beerdigt die Frau Dirmaierin, des Johannes Dirmaiers Eheweib in Schernfeld, verstorben am gleichen Tag, am Fest St. Michaelis, als die Pest in Dollnstein am ärgsten wütete. Kurze Zeit nach ihr, am 11. Oktober, wurde obengenannter Ehemann von der gleichen Pestkrankheit weggerafft. Zwei Freunde begruben ihn und kurz darauf auch seine beiden Kinder, während der Nacht. Um die gleiche Zeit starb das Eheweib des Hirten auch an der Pest und wurde von ihrem Mann eingegraben. Die Not und das Elend waren nach dem Abzug der Schweden überhaupt groß. Die Mäuse hatten die Getreideernte, was von ihr noch übrig war, vernichtet und Lebensmittel waren nur zu den höchsten Preisen erhältlich. "

1755 entstand in Schernfeld eine zweite Bruderschaft zu Ehren des im 18. Jahrhundert hochverehrten Märtyrers Johannes von Nepomuk. Die Bruderschaften wurden vereint. Der letzte Eintrag im Bruderschaftsbuch datiert aus dem Jahr 1949. Da heißt es: "Am Markustag wurde ein Pilgerzug zur Pestsäule abgehalten. "

EK