Adolf Hitler war oft im "schwarzen" Eichstätt

29.02.2008 | Stand 03.12.2020, 6:06 Uhr

Der Diktator Adolf Hitler bei einem seiner relativ häufigen Besuche im Waldschlösschen in den 1930-er Jahren. Dazu fanden sich viele Eichstätter ein. - Foto: Historischer Verein

Eichstätt (EK) Der menschenverachtende Diktator Adolf Hitler war oft in Eichstätt. Hauptgrund dafür war, dass die kürzeste Straßenverbindung zwischen München und Nürnberg, und weiter bis Berlin, die Reichsstraße 13 war. Die Autobahn wurde erst Mitte der 1930-er Jahre fertig.

Der Vorsitzende der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) und Reichskanzler ab 1933 machte in Eichstätt Station im "Hotel Waldschlösschen" (ehemaliger "Haspelkeller") bei Hotelier Carl Eduard Matheis. Die landläufige Meinung war, Hitler und Matheis seien im Ersten Weltkrieg Regiments-Kameraden gewesen.

Eine lückenlose Nachschau in den Kriegsstammrollen der 14. Infanteriedivision, des 9. Infanterieregiments, der 1. Landwehrdivision, von Ersatzbataillonen und Genesendenkompanien sowie des Reserve-Infanterie-Regiments 16, das schon im Oktober 1914 aus der Türkenkaserne in München ausrückte, ergab, dass wohl Hitler dem Regiment angehörte, Matheis aber nicht. Nebenbei bemerkt, waren aus der Region Ingolstadt nur wenige Soldaten bei diesen Einheiten.

Pater Dr. Maximilian Neumayr zitiert im Buch "Pater Ingbert Naab" (1947) den Kapuzinerpater und Widerständler Naab so: "Hitler ist am Wahlsonntag, 13. März 1932, in Eichstätt im Waldschlösschen gewesen, um sich mit einem Freund seiner Bewegung zu besprechen." Einen Namen nannte er freilich nicht. – Matheis ist im November 1945 von Eichstätt weggezogen.

Dass sich die Ankunft Hitlers und seiner Delegation in Eichstätt schnell herumsprach und viele Leute zum Waldschlösschen am heutigen Osram-Kreisel eilten, ist wohl der allgemeinen Neugier zuzuschreiben. Insgesamt taten sich die Nazis nämlich schwer, in Eichstätt Fuß zu fassen. Zwar wurde schon im November 1922 eine Ortsgruppe der Partei gegründet, doch Eichstätt war eine Hochburg der Bayerischen Volkspartei, die katholische Interessen vertrat.

Domkapitular Dr. Georg Wohlmuth war über Jahrzehnte Eichstätter Landtagsabgeordneter. In Berichten der NS-Parteifunktionäre wurde häufig über Eichstätt als "ein schwarzes Nest" gewettert.

Erstmals war Hitler am 24. Februar 1923 in Eichstätt und sprach in der Exerzierhalle. Die Halle stand neben der Sommerresidenz am Hofgarten, war später als Turnhalle und Fabrikhalle genutzt und wurde beim Neubau von Universitätsgebäuden abgebrochen. In der nationalsozialistischen Presse wurde im Bericht über die Hitler-Rede "von hunderten von Neuaufnahmen in die Partei als äußerer Erfolg" geschrieben und auch: "Von der Eichstätter Volkszeitung wird mit Gift und Galle gegen unsere Bewegung gespien".

In seinen Erinnerungen notierte das spätere Stadtratsmitglied Georg Babl von braun uniformierten Männern, die Hitler umgaben, und "von schauderhaftem Geschrei und Pfui-Rufen". Es sei zu einer Schlägerei mit Gummischläuchen und Eisenstangen gekommen. Mehrere Verletzte seien ins nahe Krankenhaus gebracht worden.

Trotz aller Vorbehalte gewannen die Nationalsozialisten, besonders nach der so genannten Machtergreifung (30. Januar 1933), doch an Boden. Schon 1933 gab es in Mörnsheim zum Geburtstag Hitlers am 20. April einen Fackelzug. Eine "mächtige Geburtstagsfahne" wurde hochgezogen und der Schulplatz in Adolf-Hitler-Platz umbenannt.

An dem Tag wurde in Konstein die Hitlerspende eingesammelt. Die Gaben wurden an die Ärmsten von Konstein, Wellheim und Gammersfeld verteilt. Gegeben wurden: 59,50 Mark, acht Zentner Kartoffeln, 25 Pfund Mehl, ein Knabenanzug, vier Meter Stoff und zwei Pfund Wurst.

"Mit Windeseile verbreitete sich gestern Nachmittag nach 5 Uhr in unserer Stadt die Nachricht, daß der Herr Reichskanzler Adolf Hitler mit seinem Stabe im Waldschlösschen abgestiegen ist", lautete eine Meldung vom Dienstag, 18. Juli 1933, in Volkszeitung/EICHSTÄTTER KURIER. Weiter heißt es, er wurde freudigst begrüßt, ein Kind überreichte ihm Blumen. Der Bund Deutscher Mädchen, die Hilfspolizei und die Landespolizei waren neben zahlreichen Bürgern angerückt. Hitler war an dem Tag vom Sachsentreffen in Leipzig gekommen.

Die nächste Meldung stammt von Samstag, 19. August 1933. Hitler war auf der Fahrt nach Nürnberg. Er nahm mit seinem Stab im "Waldschlösschen" das Mittagessen ein. Acht Autos mit den engsten Mitarbeitern und dem Reichskanzler selbst kamen am Mittwoch, 30. August 1933, erneut durch Eichstätt. Es wurde wieder im "Waldschlösschen" Rast gemacht.

Die Verleihung der Ehrenbürgerwürde von Eichstätt wurde im Dezember 1933 ausgesprochen. Hitler bedankte sich dafür "mit deutschem Gruß" am 12. Dezember und bemerkte: "Ich nehme die Ehrenbürgerschaft an." Am Freitag, 20. April 1934, wimmelte es wieder von braunen Parteisoldaten beim "Waldschlösschen". Hitler hatte Halt gemacht. Bei der Weiterfahrt geriet sein Wagen bei Straßenbauarbeiten in der Nähe des Lohrmannshofs in einen Stau, so wurde weiter berichtet, "und er war Gegenstand herzlicher Ovationen der Bauarbeiter".

Weitere Hitler-Kurzbesuche in Eichstätt gab es am Sonntag, 18. März 1934, Donnerstag, 6., und Montag, 17. Juni 1935. Mit "Heilrufen" wurde Hitler am Dienstag, 9. Juli 1935, von den Denkendorfern bei der Durchfahrt begrüßt. Der Diktator war auf der Fahrt von Beilngries nach Ingolstadt. Vermutlich hatte er die Baustelle der Autobahn besichtigt.

Andere Aufenthalte Hitlers in Eichstätt wurden nicht in der lokalen Presse gemeldet, etwa der vom Wahlsonntag, 13. März 1932. Interessant ist das Wahlergebnis der Stadt Eichstätt: Hindenburg bekam 3243 Stimmen, Hitler 1145.

Eine kuriose Geschichte passierte im Dezember 1932. Ein Geschäftsmann aus Wemding hatte erfahren, der Parteivorsitzende weile in Eichstätt und ließ sich zusammen mit seiner Tochter, die Blumen übergeben sollte, zur Kreisstadt fahren. Im "Waldschlösschen" machte er Radau, so dass ihn die Polizei mit zur Wache nahm und später ins Krankenhaus bringen musste. Als der Mann sich am anderen Tag beruhigt hatte, konnte er nach Wemding zurückkehren.

Der ehemalige Stadtrat Max Spieß war in den 1920-er Jahren in der Mechanischen Werkstätte von Kastulus Dirr in der Ostenstraße beschäftigt. Er erzählte, dass bei Problemen mit dem Auto Hitlers diese Werkstätte aufgesucht worden sei. "Für uns war das uninteressant", meinte der ehemalige Mechaniker: "Wer hat schon auf Hitler aufgepasst!"