Adelschlag
Autopilot auf dem Acker

Das Unternehmen Geo-Konzept aus Adelschlag ist führend im "Digital Farming"

28.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:29 Uhr

Die Fahrerkabine eines Traktors als computergesteuerte Kommando-Zentrale. In wenigen Jahren hat die Technik die Landwirtschaft revolutioniert. Thomas Muhrs Unternehmen Geo-Konzept gehört in Deutschland zu den Vorreitern.

Adelschlag/Wittenfeld (EK) Die "gute alte Zeit" war immer schon ein Märchen, gerade in der Landwirtschaft. Einer, der das gesamte Agrarwesen mit Entschlossenheit in die Zukunft katapultieren will, ist Thomas Muhr aus Adelschlag. Sein Unternehmen Geo-Konzept setzt auf "Digital Farming".

Der 51-jährige Agraringenieur Thomas Muhr (kleines Foto) ist nicht nur Bauer auf dem Gutshof Wittenfeld bei Adelschlag, wo er mit seiner Familie 220 Hektar Land bewirtschaftet. Vor allem hat er in 25 Jahren das Unternehmen Geo-Konzept aufgebaut, eine Firma mit inzwischen 60 Mitarbeitern. Geo-Konzept entwickelt und vertreibt Computertechnik für eine ultramoderne Landwirtschaft. Das Stichwort heißt "Precision Farming" und bedeutet konkret, dass Traktoren per Autopilot zentimetergenau über den Acker geführt werden oder dass Drohnen mit Kameras das Wachstum von Getreide analysieren. Ein weiteres Standbein des Unternehmens ist der Einsatz derselben Technik im Bergbau. Aber etwa zwei Drittel der Beschäftigten widmen sich nur dem Agrar-Thema.

Als Landwirtschaftsstudent in Weihenstephan stieß Muhr schon 1992 auf das damals in den USA aufkommende Thema "Precision Farming". Auf den riesigen Feldern in Amerika ist mit möglichst exaktem Arbeiten beim Düngen und beim Pflanzenschutz viel Geld einzusparen. "Die Schlüsselerfindung dafür war GPS", erklärt er. Muhr brachte dieses Know-how in die deutsche Landwirtschaft und gründete seine Firma. Die technische Entwicklung war rasant: Schon zehn Jahre später war es möglich, Traktoren nach GPS lenken zu lassen, und seit etwa 14 Jahren ist es möglich, dass Traktoren automatisch lenken, also mit Autopilot kreuz und quer über den Acker fahren. Im Unterschied zu öffentlichen Straßen - Tesla lässt grüßen - gibt es da keine juristischen Unwägbarkeiten. Aber wo geht die Reise hin bis zum gar nicht so fernen Jahr 2025? Muhr sagt: "Bisher haben wir Maschinen und Ackerbaugeräte automatisiert. Jetzt kommt nach dem Preciscion Farming als großer Hype das Digital Farming." Das bedeutet konkret, dass der Bordcomputer auf dem Traktor auf dem Acker mit Daten aus einer Cloud oder aus dem Internet gefüttert wird. Wenn der Bauer zum Beispiel Bodenproben aus verschiedenen Äckern hat analysieren lassen, dann greift der Bordcomputer auch Jahre später auf diesen Datensatz zu und richtet zum Beispiel automatisch die nötige Kunstdüngermenge danach aus. Bisher müsste der Bauer so etwas mühsam daheim mit einer besonderen Software an seinem Computer austüfteln - "bisher war das ein Spezialisten-Hobby", sagt Muhr. "Wir müssen die komplizierten technischen Dinge rausbringen. Das war bisher einfach zu kompliziert." Er ist überzeugt, dass diese Digitalisierung das Zeug zum Standard hat, genauso, wie heute wohl zwei Drittel aller Traktoren über 100 PS schon selbstverständlich den Autopilot-Modus eingebaut haben.

Muhrs Unternehmen bietet bereits eine Plattform für diese Art von digitaler Landwirtschaft an. Den Bauern werden damit eine Fülle von Informationen zur Verfügung gestellt, abrufbar per Internet direkt auf dem Acker. 20 000 Hektar Land sind bereits in dieses System eingepflegt, teils nur einzelne Felder. "Wir arbeiten jetzt im zweiten Jahr damit. Wir halten das für die logische Weiterentwicklung der aktuellen Computertechnik." Für zehn bis 15 Euro pro Hektar im Jahr sollen die Bauern eines Tages auf dieses Informationspaket zurückgreifen können. Muhr weiß, dass eine Reihe anderer Firmen in dieselbe Richtung arbeitet. "Da wird sich eine bunte Landschaft bilden", ist er überzeugt.

Die Bauern werden davon profitieren, ist er sicher. Ein Aspekt ist zum Beispiel, dass sämtliche Maßnahmen über die neue EDV automatisch perfekt dokumentiert sind - bislang muss der Landwirt diese lästige Buchführung per Hand betreiben. Und wenn der Bordcomputer vorschlägt, wie dicht zum Beispiel die Bepflanzung von Maisreihen sein sollte, wird sich der Landwirt umstellen müssen - "weg vom bauchgesteuerten Wirtschafter hin zum Unternehmer".

Und noch eine Zukunftsperspektive verfolgt Muhr mit seinem Unternehmen sehr genau: "Wir werden in wenigen Jahren in der Landwirtschaft die ersten wirklich autonom arbeitenden Maschinen sehen, die übers Feld fahren." Und zwar keine großen Geräte, sondern ganz im Gegenteil sehr kleine. "Der Rasenmäher-Roboter wird sein Pendant in der Landwirtschaft bekommen." Einsätze sind da zum Beispiel bei der permanenten mechanischen Unkrautbekämpfung auf Äckern denkbar, auch das Mähen von Gras, ganz langsam aber stetig, ist eine Option. Es gehe beim Einsatz von Robotern schließlich immer darum, eine von drei ungeliebten Aufgaben zu übernehmen - "dump - dirty - dangerous", auf deutsch stumpfsinnig, dreckig oder gefährlich. Wer jemals mit einer Unkrauthacke übers Rübenfeld buckeln musste, wird den Vorzug eines Kleinroboters rasch erkennen. "Wir sind da mit einigen Sachen sehr stark dran", sagt Ingenieur Muhr. "Und bis 2025 werden wir allerhand sehen in dieser Richtung. Es sind spannende Zeiten." ‹ŒFoto: AUer