Hainsberg
"Wie eine Operation am offenen Herzen"

Modellbauer Daniel Rackl aus Hainsberg hat sich auf Lastwagen spezialisiert - Sechs bis neun Monate für ein Fahrzeug

18.11.2020 | Stand 23.09.2023, 15:32 Uhr
Monate dauert es, bis Daniel Rackl ein Modell fertig hat. Besonders faszinieren ihn Lastwagen und Auflieger. −Foto: Adam

Hainsberg - Daniel Rackl ist leidenschaftlicher Modellbauer, detailverliebt und penibel genau bis zur allerkleinsten Schraube.

Das sagt er selbst von sich. "Passt schon, sieht man ja nicht auf den ersten oder auch zweiten Blick", ist für den Hainsberger unmöglich. Jedes seiner Modelle ist handgefertigt und ein individuelles Unikat. Oder eher eine hochwertige originalgetreue Nachbildung des großen Vorbilds. Baumaterialien sind Messing und Aluminium - in Qualität und auch am Gewicht bemerkbar: Rackls Modelle wiegen bis zu fünf Kilo - Standardmodelle aus überwiegend Kunststoff nur rund eineinhalb Kilo. Nur wenige Teile und manches Zubehör werden zugekauft, das meiste entsteht nach Plänen und Ideen des Modellbauers selbst.

Von Anfang an hat sich der 33-Jährige auf Lastwagen und Auflieger, auf Baustellenfahrzeuge, spezialisiert. Warum gerade Lastwagen? "Die faszinieren mich wegen der vielen verschiedenen Funktions- und Ergänzungsmöglichkeiten. Von der Innenausstattung bis zum Antrieb. Details wie gesperrte Hinterachse, Allrad, den man zuschalten kann, Hupe oder Lichthupe, Beleuchtung bis hin zum Standlicht, Nebelscheinwerfer, überhaupt die ganze Technik, das Koppeln mit dem Auflieger und die Fernsteuerung aller Funktionen. Da passt jeder Ton, wenn man einen Lastwagen anlässt oder rückwärts fährt - das ist alles wie beim Original und bedeutet eine enorme Tüftelarbeit, die mich schwer begeistert", schwärmt Rackl.

Statt eines Verbrennungsmotors wird natürlich ein Elektromotor eingebaut - alle Leitungen müssen gut versteckt im Fahrzeug untergebracht werden. Dazu fertigt Rackl Skizzen, tüftelt über der Technik, misst, plant und vergleicht, bis er schließlich loslegt. Seine Modelle sind keine "Standmodelle" für die Vitrine, betont Rackl, sondern "Funktionsmodelle", die bis ins Detail identisch sind mit ihren großen Vorbildern. Fahren können sie mit einer Geschwindigkeit von rund acht Stundenkilometern.

Wenn er von seinen Eigenentwicklungen erzählt, von seiner kleinen Büro-Werkstatt, die für den Rest der Familie gesperrt ist, weil da schon mal ein kompletter Bau in Einzelteilen am Boden liegen kann, von einer Fernsteuerung als "Schaltzentrale mit Alugehäuse und Echtglas im Wert eines kleinen Pkw", von Schrauben, die mit der Pinzette eingesetzt und festgeschraubt werden und davon, dass es keinen Plan gibt, wenn er anfängt, sondern sich so ein Modell nach und nach entwickelt auf seinem Arbeitstisch, dann wird schnell klar: Er betreibt seinen Modellbau nicht halbherzig nebenbei, sondern hochprofessionell.

Schon als Kind habe er Spaß an ferngesteuerten Autos gehabt, erinnert sich Rackl. Vor acht Jahren wurde das Interesse am Modellbau sehr viel intensiver und seit einem Besuch der Modellbaumesse in Friedrichshafen gibt es nun seit drei Jahren kein anderes Hobby mehr für den Hainsberger. Vier Modelle, einen Lkw Mercedes Actros MP4 mit drei Aufliegern - einem Holzauflieger, einem Abrollauflieger und einem noch nicht fertiggestellten Baustoffauflieger mit Palfinger-Kran - hat er für sich selbst gebaut, eine ganze Reihe von Auftragsarbeiten bereits für Kunden gefertigt. Zwischen sechs und neun Monaten arbeitet er an einem Modell - 25 Stunden wöchentlich. Neben seinem Vollzeitjob bei Audi in der Technischen Entwicklung und der Zeit für seine Familie, zu der neben seiner Frau Marina auch drei Kinder im Alter von zwölf, acht und sieben Jahren gehören. "Ja, schon viel zu tun, aber die Zeit für meinen Modellbau nehme ich mir mit Leidenschaft", sagt er.

Bevor es ans eigentliche Bauen geht, ist umfangreiche Vorarbeit nötig. Das Original muss genau erforscht werden. Von den Herstellern der echten Fahrzeuge bekommt Rackl dafür oft Originalpläne, dazu helfen Informationen aus dem Internet oder auch Fotos vom Fahrzeug direkt weiter. "Meterstab und Messschieber sind anfangs mein Werkzeug, dann habe ich irgendwann die Originalmaße und kann diese maßstabsgetreu herunterrechnen", erklärt Rackl. Gefertigt wird alles im Maßstab 1:14,5. "Diese 0,5 Unterschied zu im Handel erhältlichen Bausätzen von 1:14 sind tatsächlich Welten für einen Modellbauer. Da ist schlichtweg nichts kompatibel miteinander, allein schon bei der Datenübertragung. Es kann ja nicht passen, wenn man im Millimeter-Bereich arbeitet und plötzlich wären drei bis vier Zentimeter Abweichung da", betont Rackl. An seinen Baufortschritten und ausgetüftelten Lösungen lässt er mittlerweile Interessierte auf Facebook oder Instagram teilhaben. Dort ist er unter R-TecModellbau zu finden.

Ein Traum von ihm ist, zu seinem Lkw Mercedes Actros MP4 einen MP5, eine Schwerlastzugmaschine mit sechsachsiger Tiefbettauflage, zu bauen. Derzeit arbeitet er allerdings erst einmal weiter an seinem Baustoffauflieger mit Kran - gerade ist die Hydraulik an der Reihe. "Das ist wie eine Operation am offenen Herzen", sagt er schmunzelnd und erklärt dann: "Schwierig ist grundsätzlich, nie das Originalbild eines Fahrzeuges zu verändern, aber doch die Technik, sämtliche Leitungen, Anschlüsse und Funktionen im Modell unterzubringen. Das muss am Ende alles meinem persönlichen Perfektionismus standhalten. "

Selbst Schrauben, die innen im Rahmen verbaut werden und nie mehr sichtbar sind am fertigen Modell, lackiere er deshalb originalgetreu oder baue sie überhaupt ein, auch wenn sie ohne Funktion seien. "Wenn das Original etwas hat, gehört es auch zum Modell", ist sein unumstößlicher Leitsatz und mit einem Augenwinkern sagt Rackl: "Ich wage zu behaupten, dass manch echter Lkw schlampiger zusammengebaut ist als meine Modelle. "

DK



Regine Adam