Rasch
Kosename für ein romantisches Plätzchen?

Spurensuche nach der Herkunft der Bezeichnung "Rascher Bahnhof" - Dorf mit bewegter Geschichte

22.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:18 Uhr
Ein idyllisches Plätzchen im Grünen ist der sogenannte "Rascher Bahnhof". In Zeiten von Corona geht es dort ruhiger zu. Vor einem Jahr aber wurde dort zum Beispiel das Vatertagsfest gefeiert. Das nutzten auch die Mädels des Dorfes, um vorbeizuschauen (rechts). −Foto: Sturm/Habermann

Rasch - Auf einer Hochfläche des Oberpfälzer Jura, zirka vier Kilometer nordöstlich von Breitenbrunn, liegt das schöne Dorf Rasch.

Umgeben von einer wunderbaren Naturlandschaft haben dort rund 180 Menschen ihr Zuhause. Und die haben sogar einen Bahnhof, wenn auch keinen echten. Denn Geleise gibt es dort keine und natürlich fährt auch kein Zug vorbei.

Rasch hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Zum Beispiel gehörte das Dorf wie nahezu alle Orte der Breitenbrunner Gegend zur ehemaligen Herrschaft Breitenegg-Breitenbrunn, die im frühen 13. Jahrhundert in den Besitz der edelfreien Herren von Laaber war. Vorübergehend gehörte Rasch im frühen 17. Jahrhundert zum Herzogtum Bayern. 120 Jahre lang, bis 1744, war Rasch ein Tillyscher Ort. 1862 wurde der Ort dem königlichen Bezirksamt Hemau zugeteilt, im Jahre 1880 dem Bezirksamt Parsberg, aus dem 1938 der Landkreis Parsberg wurde. Im Jahr 1956 wurde Rasch aus der Gemeinde Buch ausgegliedert unter gleichzeitiger Eingemeindung in die Gemeinde Kemnathen.

Als bei der Kreisgebietsreform 1972 der Landkreis Parsberg aufgelöst wurde, kam Rasch zum Landkreis Neumarkt. Am 1. Januar 1978 erfolgte die Eingliederung der Gemeinde Kemnathen und somit auch des Ortes Rasch in den Markt Breitenbrunn. Zu früheren Zeiten gehörte Rasch zur Pfarrei Breitenbrunn. Mit Wirkung vom 15. Juni 1947 hat Bischof Michael Rackl von Eichstätt die Filialgemeinde Rasch aus Breitenbrunn ausgepfarrt und in die Pfarrei Kemnathen eingegliedert.

In Rasch blüht das gesellschaftliche Leben. Kulturelle Mittelpunkte dabei sind die Filialkirche St. Vitus sowie das in den Jahren 2005 bis 2007 errichtete Dorfhaus. Die Kirche liegt auf einer kleinen Anhöhe im Dorf und ist ein wahres Kleinod unter den Sakralbauten in der Region. Sie geht zurück auf eine romanische Anlage des 13. Jahrhunderts und war einstmals den Vierzehn heiligen Nothelfern geweiht. Wohl im 18. Jahrhundert erkor man den heiligen Märtyrer Vitus zum alleinigen Kirchenpatron. Das älteste Bauteil der St.-Vitus-Kirche ist sicherlich der Turm mit einem eingezogenen quadratischen Chor und einem schlichten Kreuzgewölbe.

Am Sonntag, 14. Juni, ist das Patrozinium des Gotteshauses. Dieses ist im Normalfall immer eingebunden in eine dreitägige Kirchweih, die in und rund um das Dorfhaus gefeiert wird und zu dem die Burschen und Mädchen des Dorfes stets einen festlich geschmückten Kirchweihbaum aufstellen. Corona hat dem heuer einen Strich durch die Rechnung gemacht. Das Dorfhaus ist zu einem Treff für die Generationen und die Dorfvereine geworden. Dort wird gefeiert, geplaudert, Karten gespielt und das Miteinander gepflegt. Für die Kinder gibt es in unmittelbarer Nähe einen Spielplatz mit gepflegten Spielgeräten und sogar ein kleines Schlittenbergerl für den winterlichen Spaß.

Darüber hinaus gibt es aber noch einen weiteren Treffpunkt zum Feiern, zur Geselligkeit oder auch, um die traute Zweisamkeit zu pflegen: den sogenannten Rascher Bahnhof. Der liegt unweit der Stelle, wo sich die Straße von Rasch nach Daßwang in der Gemeinde Seubersdorf mit der Staatsstraße 2234 kreuzt. Vatertagsfeste finden dort statt, die Dorfjugend trifft sich hier und der eine oder andere Berufspendler parkt seinen fahrbaren Untersatz in der Nähe. Zwischen dem üppigen Grün der Natur steht eine kleine Sitzgruppe, davor hat Herrmann Wolfsteiner ein Schild mit der Aufschrift "Rascher Bahnhof" aufgestellt. Zwei ausgeschnittene Herzen in der Tafel deuten darauf hin, dass hier ein idealer Platz für Verliebte ist, sich ein klein wenig näher zu kommen.

Immer wieder einmal macht die Bezeichnung "Rascher Bahnhof" bei Bürgerversammlungen die Runde, zum Beispiel, wenn es darum geht, die Straße dorthin herzurichten. Der DONAUKURIER ist jetzt der Frage nachgegangen, was sich hinter dem Namen verbirgt. Georg Geitner, mit über 90 Jahren einer der ältesten Rascher Bürger, erinnert sich zum Beispiel daran, dass dort schon in seinen Kindheitstagen ein Schild mit der Aufschrift "Bahnhof Rasch" stand. Zusammen mit Josef Waldhier und Michael Habermann erzählt er, dass zu früheren Zeiten ein großer gelber Postbus, der von Parsberg über Daßwang und Breitenbrunn nach Dietfurt unterwegs gewesen ist, eine der wenigen Möglichkeiten war, woanders hinzukommen. Der Weg vom Dorf Rasch hin zur heutigen Staatsstraße sei aber so schlecht gewesen, dass nur an der Stelle des Rascher Bahnhofes eine Haltestelle für den Postbus gewesen sei. Selbst wenn ein Landwirt aus Rasch Vieh verkaufen wollte, habe er dies dorthin treiben müssen. "Das war sozusagen ein Umschlagplatz für Mensch und Tier", so die drei Rascher Bürger. Unter dem Schild "Bahnhof Rasch" seien die Abfahrtszeiten des Postbusses gestanden.

Wie genau es aber zu der Entstehung der Bezeichnung "Rascher Bahnhof" gekommen ist, das konnten Geitner, Waldhier und Habermann nicht 100-prozentig in Erfahrung bringen. Sehr wahrscheinlich habe der kleine romantische Platz neben der Staatsstraße aber seine Bezeichnung einem Busfahrer namens Rosner zu verdanken, der vor ungefähr sechs Jahrzehnten mehrmals am Tag von Parsberg nach Dietfurt sowie in umgekehrter Richtung unterwegs war. Der hatte anscheinend allen seinen Haltestellen eine Art Kosenamen gegeben. Die Haltestelle beim Weiher in Daßwang hatte er der Überlieferung nach in "Dutzendteich Daßwang" getauft, und beim Halt in Rasch rief er jedes Mal aus: "Haltestelle Bahnhof Rasch. " Es ist schön, dass heute noch ein Schild daran erinnert und dass der Platz nach wie vor ein beliebter Treffpunkt ist.

DK