Dietfurt
"Gesellschaftlicher Friede in Gefahr"

Dietfurter Bürgerinitiative gegen die Stromtrasse beteiligt sich an bundesweitem Aktionstag gegen das Planungssicherheitsgesetz

25.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:18 Uhr
Aktionstag aus der Vogelperspektive: Auf dem Sportplatz in zell trafen sich am Sonntag die Trassengegner aus Dietfurt, die sich am bundesweiten Aktionstag beteiligten. −Foto: Konstantin Hradetzky/Hradetzky

Zell - Die Dietfurter Bürgerinitiative gegen die Stromtrasse P 53 hat sich am Sonntag an dem bundesweiten Aktionstag gegen das Planungssicherheitsgesetz beteiligt. Auf dem Sportplatz in Zell stellten die Verantwortlichen am Nachmittag einen rund 90 Meter hohen Strommasten nach. Die Demonstration, zu der viele Bürger aus der Großgemeinde Dietfurt gekommen waren, verlief friedlich und unter strikter Einhaltung sämtlicher Corona-Vorgaben.

An mehr als 60 Orten entlang der geplanten Stromtrassen Juraleitung, Südlink, Südostlink, Ostbayernring und Ultranet fanden am Sonntag Aktionen statt, um gegen die nach Auffassung der Protestierenden unrechtmäßigen Beschleunigung von Planungsverfahren beim Netzausbau zu protestieren. Die Initiativen fordern einer dezentrale Energiewende.

Rainer Eisenschenk, einer der Sprecher der BI Dietfurt, begrüßte die zahlreichen Mitstreiter, darunter den neuen Dietfurter Bürgermeister, Bernd Mayr (FW). Dem Protest schlossen sich sechs Stadträte unterschiedlicher Parteien sowie die ehemalige Bundestagsabgeordnete Eva Bulling-Schröter (Linke) an. Das Organisationsteam der Bürgerinitiative hatte in Zell einen 90 Meter hohen Strommasten aus Feuerwehrschläuchen nachgestellt. Ergänzt wurde er durch die Schriftzüge "BI Dietfurt", "90 Meter" und das symbolische Trassenkreuz, das die Verantwortlichen aus Dachziegeln nachgelegt hatten.

Pünktlich um 15 Uhr erklärte Eisenschenk die Aktion. Maximal 50 Personen durften mit Mundschutz und Mindestabstand auf den Sportplatz und noch mal so viele beteiligten sich außerhalb des Sportplatzes. Eisenschenk kritisierte das Planungssicherstellungsgesetz (PlanSiG). Es eliminiere neben rechtsstaatlichen Grundsätzen lang erkämpfte Bürgerrechte und gefährde zunehmend den gesellschaftlichen Frieden, erklärte er im Namen aller Gegner und zitierte Rechtsanwalt Wolfgang Baumann aus Würzburg, der viele Trassengegner rechtlich vertritt, "Man schafft hier bewusst ein rechtlich fragwürdiges Gesetz mit dem Ziel, Verfahrensvorschriften auszuhebeln und nutzt die Krisenzeit, um in der Öffentlichkeit umstrittene Projekte voranzutreiben. Sogar der Rechtsschutz gegen dieses rechtswidrige Handeln soll ausgeschaltet werden." Das PlanSiG soll Anwendung für alle Verfahren - auch für laufende Netzausbauverfahren - finden, die durch 22 Gesetze geregelt sind. Betroffen seien fast alle zentralen Bereiche des Umweltrechts, beispielsweise das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, das Bundes-Immissionsschutzgesetz, das Kreislaufwirtschaftsgesetz, das Bundes-Berggesetz und das Atomgesetz. "Öffentlichkeit und Umweltverbände werden dabei in ihrer prüfenden Funktion ausgeschaltet. Die übereilte Verabschiedung eines dermaßen in Bürgerrechte einschneidenden Gesetzes führt zu einem berechtigten Aufschrei in der Bevölkerung"" so Eisenschenk.

Er stellte heraus, dass das bundesweite Aktionsbündnis der Trassengegner ein Umdenken für den dringend notwendigen Klimaschutz fordere und zitierte Bündnis-Sprecherin Dörte Hamann: "Es ist heuchlerisch, dass die Bundesregierung einerseits den PV-Deckel aufrecht erhält, die Windkraft ausbremst und damit bewusst für maximale Planungsunsicherheit beim dringend notwendigen Ausbau der Erneuerbaren Energien sorgt. Gleichzeitig wird das Planungssicherstellungsgesetz verabschiedet, um den Netzausbau für den europäischen Stromhandel mit Kohle- und Atomstrom und für den Profit der Großkonzerne ungebremst voranzutreiben."

"Dass sich die Bundesregierung in Zeiten von Corona nicht scheue, rechtswidrige Mittel für die Durchsetzung von Konzerninteressen einzusetzen, würden die Trassengegner nicht akzeptieren, betonte Eisenschenk. Ein vorrangig verbrauchsnaher und regionaler Ausbau von Erneuerbaren Energien könne auch in Krisenzeiten die sichere Energieversorgung gewährleisten und sei um ein Vielfaches kostengünstiger und sogar schneller zu realisieren. Gerade Corona zeige, wie wichtig nationale Sicherungsmaßnahmen für systemrelevante Bereiche sind.

Nach seinen Ausführungen stellten sich 50 Stromtrassengegner entlang des 90 Meter hohen Strommasten-Nachbaus auf dem Sportplatz auf und hielten rot-gelbe Stromtrassen-Kreuze nach oben. Eine Drohne filmte die Aktion, um die Überdimensionalität der geplanten Strommasten zu veranschaulichen.

khr