Dietfurt
Dem Holzwurm ist nichts heilig

In der Zeller Kirche wird der gefräßige Nagekäfer mit Gift bekämpft - Orgel wird überprüft und neu gestimmt

16.10.2019 | Stand 02.12.2020, 12:50 Uhr
Ein Schmuckkästchen ist die Kirche im Dietfurter Ortsteil Zell. Aber derzeit wird in dem Gotteshaus der Holzwurm bekämpft. −Foto: Patzelt

Zell (pa) In der Katholischen Pfarrkirche Maria Himmelfahrt ist der Wurm drin. Der Gemeine oder auch Gewöhnliche Nagekäfer, umgangssprachlich wegen der Aktivität der Larven auch Holzwurm genannt, hat sich in so manchen Gegenständen im Innenraum des schmucken Zeller Gotteshauses eingenistet und verursacht dadurch große Schäden. Am Dienstag hat eine Spezialfirma mit der Begasung des ungeliebten Untermieters begonnen. Die Kirche wurde dafür abgesperrt. Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 11000 Euro.

 


Es begann alles im Juli vergangenen Jahres. Der Zeller Mesner Bernhard Kornprobst entdeckte an den Seitenaltären das für den Holzwurm typische Mehl. Auch unter den Kreuzwegstationen hatten sich die feinen Späne zu kleinen Häufchen angesammelt. "Das Bild einer Station mussten wir bereits provisorische zusammenflicken", merkt die Kirchenpflegerin Gerda Zeitler an.

Nach den Worten von Zeitler war es höchste Zeit, zu reagieren. "Da die Begasungen lediglich in den Monaten April bis Oktober vorgenommen werden dürfen, passiert das nun bereits auf den letzten Drücker", erläutert die Kirchenpflegerin.

 

Am 27. Februar erfolgte eine Überprüfung durch den Sachverständigen Thorsten Brendel. Deutlich war der Holzwurmbefall am Gestühl, am linken Seitenaltar, an der Kanzel und am Hochaltar zu erkennen. Da sich der Befall durch die ganze Kirche erstreckt, macht nur eine Begasung des gesamten Kircheninnenraumes Sinn.

Für Zeitler galt, vorher die Genehmigungen für die Begasungsaktion einzuholen. "Obwohl wir keine Fledermäuse im Kirchturm haben, musste die Untere Naturschutzbehörde des Neumarkter Landratsamtes die Zustimmung geben", sagt er. Ebenso waren Genehmigungen durch die Untere Denkmalschutzbehörde und das Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege notwendig. Nach den Vorschriften der Technischen Regeln für Gefahrenstoffe und der Gefahrenstoffverordnung mussten die Nutzer angrenzender Grundstücke rechtzeitig vor Begasungsbeginn durch die Begasungsfirma schriftlich informiert werden.

Am Dienstag konnte nun die Spezialfirma für Materialschutz aus Lauf mit der Begasungsaktion beginnen. Die Firma setzt dabei Vikane ein, das in einem patentierten Verfahren angewendet wird. "Dabei wird das Begasungsmittel vor der Einleitung in den Kircheninnenraum nochmals gereinigt, so dass nur hochreines Vikane in den Kircheninnenraum gelangt. So werden jegliche Schäden an Gläsern, Metallen und sonstigen Ausstattungen im Kircheninnenraum sicher ausgeschlossen", erläutert Brendel. Den Zeitraum für die Begasung gibt der Sachverständige mit zwei bis vier Tagen an.

Laut Brendel sind zwar Alternativ-Verfahren möglich, doch würden diese im vorliegenden Fall deutliche Nachteile aufweisen. So hinterlasse die Behandlung der Holzoberflächen mit flüssigen Schutzmitteln insektizide Rückstände im Kircheninnenraum, von denen künftig gesundheitliche Belastungen ausgehen könnten. "Außerdem dringen flüssige Holzschutzmittel durch lackierte Oberflächen kaum oder nur sehr begrenzt ein", weiß der Sachverständige für Materialschutz.

Von einer Heißluftbehandlung des Innenraums wurde gänzlich abgeraten, da hierbei Farbschichten durch Hitze abblättern oder sich eine Blasenbildung an Lacken abzeichnen könne. Außerdem bestehe die Gefahr, dass Holzteile durch die Hitzeeinwirkung und den Wasserverlust schrumpfen und reißen. "Auch durch die Zudosierung von Feuchtigkeit in den Warmluftstrom können Schäden nicht verhindert werden, da sich unterschiedliche Materialien in der Hitze unterschiedlich ausdehnen", sagt Brendel. Nach dem Abwägen der Vor- und Nachteile konnte der Sachverständige nur zur Ausführung des Begasungsverfahrens mit Sulfurylfluorid für den Innenraum des Gotteshauses raten.

Der Ausführungsbereich der Begasungsaktion erstreckt sich über den gesamten Innenraum der Kirche, einschließlich der Sakristei, jedoch ohne den Dachboden. Die Gesamtsumme für die Begasung wird im Angebot mit 9314 Euro angegeben.

Bedingt durch den Begasungsvorgang muss auch die Orgel geöffnet, gewartet und anschließend wieder verschlossen werden. Die Orgel der Zeller Kirche wurde 1965 von der Firma Weise aus Plattling erbaut. Sie besitzt zehn Register, die auf zwei Manuale und Pedale verteilt sind. Die Arbeiten hat ein Meister- und Restaurierungsbetrieb, der sich auf Orgelbau spezialisiert hat, aus Laberweinting übernommen. Vor der Begasung mussten alle Gehäuse, Spieltischfüllungen und Spunddeckel in den Windladen der Königin der Instrumente geöffnet werden.

Nach der Begasungsaktion gilt es, die Funktion der Orgel zu überprüfen und das Instrument zu stimmen. Die Kostenschätzung beläuft sich auf 1770 Euro. Die Gesamtkosten summieren sich demnach laut Schätzung auf knapp 11100 Euro. Die Diözese hat einen Zuschuss von 50Prozent zugesichert.

 

Ursprünge in der Frühgotik

Die frühgotische Pfarrkirche Maria Himmelfahrt in Zell weist eine lange Geschichte auf.  Am 12. November 1433 kam sie durch Bischof Konrad von Regensburg zur Kommende Altmühlmünster. Im Jahre 1646 wird als erster Zeller Pfarrer Georg Hoffner genannt.
Im Jahr 1750 erfolgte ein Neubau. Der ursprüngliche Chorturm wurde zur Sakristei umgestaltet. Der quadratische Chor ist eingezogen und hat ein Kreuzgewölbe. Das Langhaus wurde im Jahr 1903 nach Westen hin verlängert und ist flach gedeckt.
Die Kirchenausstattung ist im Stil des Barock. Der viersäulige Hochaltar zeigt die Himmelfahrt der Gottesmutter Maria. Zwischen den Säulenpaaren befinden sich die Figuren des heiligen Wendelin und des heiligen Isidor. Die beiden Seitenaltäre stammen aus dem Jahre 1678. Links im Marienaltar stehen die Holzfiguren der Heiligen Maria, Katharina und Barbara. Den rechten Seitenaltar flankieren die gefassten Figuren des Heiligen Papstes Gregor und des Heiligen Blasius. Aus dem 15. Jahrhundert stammt auch das aus Kalkstein gefertigte gotische Taufbecken. Im Deckengemälde sind die Kreuzigung Jesu und die Krönung Mariens dargestellt.