Dietfurt
"Die Kunden sind verunsichert"

Wegen Corona bleiben im Reisebüro in Dietfurt die Buchungen aus - die Reiselust kehrt aber langsam zurück

14.06.2020 | Stand 02.12.2020, 11:10 Uhr
Halten die Stellung im Reisebüro: Louisa Englmeier (links) und Eva-Maria Matthes. −Foto: Hradetzky

Dietfurt - Die Reisebranche ist als eine der ersten durch den Ausbruch der Corona-Pandemie massiv betroffen gewesen: Es hagelte nur so vor Stornierungen von Reisen, neue Buchungen blieben erst einmal aus.

 

Die Kunden sind verunsichert, das musste auch das sonnenklar. TV-Reisebüro Dietfurt feststellen.

Die Medien berichten allerorts von neuen Lockerungen, zahlreiche Staaten Europas öffnen die Grenzen wieder, Deutschland hebt die weltweite Reisewarnung auf. Die beiden Geschäftsinhaberinnern Eva-Maria Matthes und Louisa Englmeier sind hoffnungsvoll, dass hiermit ein neues Reisefieber ausbrechen wird. Ab dem 18. März blieben ihre beiden Reisebüros in Abensberg und Dietfurt geschlossen. Bis auf die Auszubildende mussten alle weiteren Mitarbeiterinnen in Kurzarbeit gehen. Ab dem 27. April öffnete das Reisebüro in Dietfurt wieder unter besonderen Hygieneauflagen für den Kundenverkehr, die Reiseberaterinnen entschieden sich allerdings vorerst für eine zeitlich eingeschränkte Erreichbarkeit: Von Montag bis Freitag ist man wieder vor Ort für die Kunden da, allerdings nur von 10 bis 14 Uhr. Ein Beratungstermin kann darüber hinaus auch außerhalb dieser Zeiten vereinbart werden.

Aufgrund der aktuellen Auflagen wird aber für jedes persönliche Gespräch um vorherige Vereinbarung gebeten, damit es nicht zu Überschneidungen kommt. "Wir haben so viele Rückabwicklungen zu klären und müssen sehr viel mit den Reiseveranstaltern telefonieren, dass es derzeit anders nicht machbar ist", erklärt Eva-Maria Matthes. "Da wir alle so abrupt in die Krise hineingestolpert sind, war die Verunsicherung bei den Kunden sehr groß. " Das halte bis heute an und die Neubuchung von Reisen sei insgesamt noch sehr spärlich.

Anfänglich hätten die Kunden zunächst abgewartet, ob sich die Situation noch entschärfe, um letztendlich doch zu stornieren: "Bei Kreuzfahrtreisen gestaltete sich die Abwicklung vergleichsweise unkompliziert. Da die Reedereien gezwungen waren, die Schiffsreisen relativ schnell auszusetzen, wurden die Reisen auf Kundenwunsch häufig auf nächstes Jahr umgebucht. " Nachdem die Reisebeschränkung aufgehoben wurde, können die Reisen nicht mehr kostenfrei storniert werden. Hier bleibt als Option, umzubuchen, gegen Gebühr zu stornieren oder abzuwarten, wie sich die Lage künftig entwickelt.

Abwarten würden nach Einschätzung von Englmeier und Matthes noch sehr viele Kunden. Viele von ihnen fragen sich, was die Auflagen zum Beispiel von Hotels im Urlaubsland seien oder was nach der Rückkehr vom Urlaub dann mit ihnen passiere und vieles mehr. "Die meisten drückt es hinaus, aber die Leute sind noch sehr verunsichert. " Es müsse baldmöglichst eine EU-weite, bestenfalls einheitliche Regelung hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen und Regeln getroffen werden, finden die Reiseberaterinnen.

"Ich bin davon überzeugt, dass man auch in Zeiten von Corona einen unbeschwerten, wunderschönen Urlaub erleben kann. Die Gäste können auch jetzt ihren Cocktail an der Flanierpromenade genießen", ist Matthes positiv gestimmt. Außerdem habe sich nichts an Flora und Fauna und den angebotenen Aktivitäten vor Ort geändert. Matthes bringt als Reiseziele durchaus nicht nur Deutschland ins Spiel. Man dürfe nicht vergessen, dass Kunden schon vor Corona ihren Urlaub im Heimatland gebucht hätten und nun die Kapazitäten vielfach schon erschöpft seien. "Die Urlaubsorte in Deutschland, aber auch im Ausland werden aufgrund der besonderen Situation nicht vollständig belegt, aber dennoch ausgebucht sein. Man denke nur an die Abstandsregeln, die allerorts eingehalten werden müssen, wie zum Beispiel in den Hotelrestaurants. "

Daher empfehle sich für noch Unentschlossene, eine Flugreise innerhalb von Europa anzutreten, wie etwa nach Griechenland, welches von Corona einigermaßen verschont geblieben sei. Viele Reiseveranstalter kämen bislang den Kunden entgegen und räumten diesen bei Neubuchungen für Reisen bis Ende Oktober eine bis zu 14-tägige kostenlose Stornofrist vor Reiseantritt und somit Planungssicherheit und Flexibilität ein.

Louisa Englmeier findet zudem, dass sich die Ferienhaus-Option ebenso sehr gut mit den Auflagen vereinbaren ließe, egal welche Destination man schließlich wählt. Und selbst, wenn man sich für ein Hotel entscheidet, ist man bemüht, den Kunden im Vorfeld zu informieren, wie sich die Situation vor Ort gestaltet. "Wir müssen uns von der Vorstellungen im Kopf lösen, dass es immer ein Buffet gibt. So wird aktuell das Frühstück vielerorts an den Tisch gebracht, die Gäste werden bedient, was ja nicht das Schlechteste ist", empfindet Eva-Maria Matthes. Urlaub könne man nun ganz anders erleben, es muss nicht alles negativ gesehen werden. Mit den Mindestabständen käme zudem etwas mehr Privatsphäre zurück - etwa am Strand, wenn die Liegen nicht mehr dicht an dicht stehen dürfen. Aber auch das Reisen neu entdecken, Entschleunigung und Unabhängigkeit seien nun neue Trends.

Die beiden Geschäftsführerinnen berichten, dass die Reisebürobranche doppelt getroffen und belastet ist. Wenn Kunden ihren Urlaub im Reisebüro buchten, erhalte das Reisebüro vom Veranstalter Provisionen. Die Mehrzahl der Veranstalter zahlten diese aber erst, wenn der Kunde seine Reise antritt, andere wiederum bereits bei erfolgter Buchung und somit oft viele Monate vor Reisebeginn. "Wir müssen seit März sämtliche Provisionen zurückzahlen, Erlöse für nicht stattgefundene Reisen entfallen und zudem bleiben die Neubuchungen noch aus, wir sind daher finanziell erheblich betroffen", betont Englmeier. Das alles bei weiterlaufenden Fixkosten, wie etwa der Miete.

Aufgrund dieser Mehrfachbelastung befinden sich die Reisebüros in ganz Deutschland in einer angespannten Situation. "Wir unterliegen im Reisebüro einem einmaligen Vergütungsmodell und hoffen daher inständig auf ein zweites Hilfspaket. Die Beantragung der Soforthilfe war unkompliziert und eine wichtige Maßnahme. Allerdings waren diese Mittel bereits nach zwei Monaten aufgebraucht, aber die unklare Situation hält immer noch an", fasst Englmeier zusammen. "An den Rückabwicklungen verdienen wir derzeit nichts, aber wir sind beide zwei Kämpferinnen und machen unseren Beruf für unsere Kunden gerne", betont Matthes und fügt hinzu, dass inzwischen der Arbeitseinsatz von mehreren Monaten unentgeltlich gewesen ist. Die beiden Reiseberaterinnen halten weiterhin aus Überzeugung die Stellung und schließlich will auch die Auszubildende gut betreut sein.

Bedauerlich finden beide, dass die schwer getroffene Reisebranche in der politischen und medialen Diskussion fast unberücksichtigt bliebe, obgleich mehr als 10000 Reisebüros und viele Reiseveranstalter betroffen seien. Diese und auch die Länder seien jedenfalls bereit, stehen in den Startlöchern und freuen sich über Kunden und Touristen.

khr