Dietfurt
Baustelle ohne Lärm und Dreck

Stadt Dietfurt lässt im Inliner-Verfahren die in die Jahre gekommene Kanalisation nach und nach sanieren

22.06.2020 | Stand 23.09.2023, 12:28 Uhr
Beim Inliner-Verfahren wird über die Zugangsschächte ein durchgehender Glasfaser-Schlauch eingelassen und mittels einer Zugseilwinde durch die alten Rohre bis zum Ende des zu sanierenden Abschnitts gezogen. Dann wird die UV-Lichterkette durch den Kanal gezogen, die den Glasfaserschlauch zu einem 4,2 Millimeter dicken Rohr im Rohr aushärtet. −Foto: Hradetzky

Dietfurt - Die Dietfurter Kanalisation ist in die Jahre gekommen, immer mehr Abschnitte weisen Schäden auf.

Aus diesem Grund hat die Stadt damit begonnen, erste Abschnitte zu sanieren, die noch aus den 1960er-Jahren stammen.

Vor einigen Tagen ist die Firma Bögl aus Neumarkt angerückt und bereits bei der Arbeit. Um die desolaten Rohre ersetzen zu können, müssten nach der herkömmlichen Methode eigentlich die Straßen aufgerissen werden. Um das zu vermeiden, wird in Dietfurt das so genannte Inliner-Verfahren angewandt.

Viel haben die Menschen in Dietfurt von den Arbeiten nicht mitbekommen, die Sanierung geht fast schon lautlos über die Bühne. Es braucht keine große Baustelle, keine aufgerissenen Straßen und keine lärmenden Bagger. Dafür sind die leuchtend orangen Lkw des Neumarkter Unternehmens vor Ort. Sie sind mit modernster Robotertechnik ausgestattet. Lediglich zwei Zugangsschächte - wie etwa in der Bergstraße - mussten geöffnet werden, um die Maßnahmen zu bewerkstelligen. Dirk Heller von der Neumarkter Baufirma Bögl steht im Kanalschacht und zieht gemeinsam mit seinem Kollegen die Schutzfolie mittels Seilwinde sorgfältig in das Mischwasser-Rohr ein. Das ist nur einer von vielen Teilschritten. Die Firma hat den Auftrag, die maroden Abschnitte zu sanieren, damit kein Abwasser mehr durch Risse ins Grundwasser sickern kann. Dies diene dem Umweltschutz, so Heller.

Aber wie wird überhaupt festgestellt, welche Abschnitte der Rohre, die sich seit Einführung der Kanalisation Ende der 1960er unter den Straßen und Häusern Dietfurts befinden, schadhaft sind? Wie sieht ein Kanal von innen aus? Um den Zustand der Abwasserkanäle zu überprüfen, setzt die Firma nach einer ersten Durchspülung eine kleine Kamera ein, die per Fernsteuerung durch die Rohre fährt und Bilder aus dem Untergrund nach oben in die Steuerungszentrale schickt. "Sind nur punktuell schadhafte Stellen festzustellen, gehen wir anders vor als wenn ein ganzer Abschnitt über mehrere Meter Risse und schadhafte Stellen aufweist", erklärt Andreas Schmid, Bauoberleiter des beauftragten Ingenieurbüros.

Gemeinsam mit Kollegin Veronika Lautenschlager überwacht er die Arbeiten und macht sich ein Bild von der Lage vor Ort. Nach der optischen Bestandsaufnahme durch die Kamera, die für aufschlussreiche Einblicke sorgt, werden Problemstellen erfasst, die sich durch das Alter der Rohre oder Witterungseinflüsse ergeben können. "Das können Risse oder Brüche in Rohren, Muffenversätze, Wurzeleinwüchse, Verkalkungen oder sonstige Ablagerungen sein. " Nach der Sanierungsplanung durch das Ingenieurbüro folgen im nächsten Schritt die Vorarbeiten. Der Lkw fährt beispielsweise in die Bergstraße zu den sanierungsbedürftigen Kanalrohren, wo ein Hydraulik-Roboter mit einer Fräse erst einmal Baumwurzeln, Ablagerungen und andere Hindernisse entfernt. Vom Lkw aus werden die Arbeiten zentral gesteuert und akribisch auf dem Bildschirm verfolgt. Im Anschluss fährt der Roboter durch das desolate Rohr, um ein Seil einzuziehen, mit dessen Hilfe eine weiße Schutzfolie eingezogen wird. Dann wird das Herzstück eingezogen, ein hochwertiger und mit Harz imprägnierter nahtloser Glasfaserschlauch, kurz GFK-Inliner genannt. Mittels Luftdruck wird er aufgeblasen, damit er sich an das alte Rohrsystem, im Abschnitt der Berggasse hat dies zum Beispiel einen Durchmesser von 400 Millimetern, anschmiegt. Es folgt der Härtungsprozess durch eine UV-Lichterkette. Das Ultraviolett-Licht lässt den glasfaserverstärkten Kunststoff aushärten und somit entsteht unter der Erde binnen nur ein paar Stunden ein neues Rohr im alten Rohr. Zum Schluss wird die Schutzfolie wieder entfernt. Als Letztes fährt der TV-überwachte Fräsroboter durch das neue Rohr, um Seitenzuflüsse und Hausanschlüsse wieder zu öffnen. Das Inliner-Verfahren wird bereits seit 20 Jahren angewandt, erklärt Heller. Die neuen Rohre seien auf eine Lebenszeit von mindestens 30 Jahren ausgelegt.

Das Kanalsystem in Dietfurt und seinen Ortsteilen hat eine Gesamtlänge von 100 Kilometern mit 1800 Schächten, weiß Erwin Rabl, Leiter des Städtischen Bauamts. "Wir sind dazu verpflichtet, in regelmäßigen Abständen mit der Kamera das Kanalnetz auf Schäden zu überprüfen. Das sind Auflagen des Wasserwirtschaftsamtes, damit kein Schmutz ins Grundwasser gelangt. " Mittlerweile verfüge die Stadt über ein digitales Kanalkataster, welches eine Ausschreibung für Sanierungsarbeiten einfacher gestalte als früher. Heuer werden diverse Abschnitte in der Berg- und der Weiherstraße sowie in der Kellergasse mit einer Gesamtlänge von 600 Metern saniert. Die Gesamtkosten betragen laut Rabl 240000 Euro. Die Bauzeit ist bis Ende August anberaumt.

In den nächsten Jahren werde nach und nach weiter saniert. "Dieses Inliner-Verfahren ist günstig, wir müssen keine Straßen aufreißen, es verursacht weder Lärm noch Staub für die Anwohner", betont Rabl. "Hätten wir das in der offenen Bauweise gemacht, sprich alles aufbaggern lassen, hätten wir die Bereiche sperren müssen, mit dem Inliner-Verfahren ist alles in kurzer Zeit erledigt. "

DK

Katrin Hradetzky