Erggertshofen
Am Feierabend unter die Dorflinde

In Erggertshofen funktioniert die Gemeinschaft noch bestens - Zwei Vereine und ein Stammtisch

26.06.2020 | Stand 02.12.2020, 11:05 Uhr
Beliebtes Fotomotiv und das Wahrzeichen des Dorfes ist die, dem heiligen Johannes dem Täufer geweihte Filialkirche. −Foto: PA |Patzelt, Anton, Beilngries, Patzelt, Anton, Beilngries

Erggertshofen - Ob im Frühling, wenn der Raps blüht, in sommerlicher Gewitterstimmung, im Herbst oder im Winter - die Filialkirche St. Johannes von Erggertshofen zählt zu den beliebtesten Fotomotiven der Umgebung.

Das Johannes dem Täufer geweihte Gotteshaus liegt außerhalb des Dorfes. Markant ist der im Kern noch romanische Turm mit der großen Zwiebelhaube.

"Erggertshof" - bei den Dorfbewohnern wird die Endung grundsätzlich weggelassen - hat aber noch mehr zu bieten. Mit der Feuerwehr und dem Obst- und Gartenverein sorgen zwei äußerst aktive Vereine für ein florierendes Dorfleben. Und beim Sportstammtisch steht die Geselligkeit im Mittelpunkt.

Groß gefeiert wird der Johannistag am 24. Juni. Vorausgesetzt Corona lässt es zu, ist am "Kirda" das ganze Dorf auf den Beinen. Am Festsamstag brechen einige kräftige Männer auf in den Wald, um den "Kirda-Bam" zu schneiden. Am Abend wird er dann beim Bushaisl in die Höhe gehievt. Rund 30 Meter misst der Baum und ist bereits von Weitem sichtbar. Diese Tradition besteht seit dem Jahr 2006. Während die Männer den Baum aufstellen, sorgen der OGV und die Frauen des Dorfes für Speis und Trank. Dann wird gegrillt und vom Grill verbreitet sich ein unwiderstehlicher Duft. Und das Lagerfeuer sorgt für eine besondere Stimmung. Der Sonntag beginnt mit einer Messe. Danach kann man beim Frühschoppen die Weißwürste genießen. Bei schlechtem Wetter wird ganz einfach die angrenzende Rauch-Halle freigeräumt.

Auf eine lange Geschichte kann die örtliche Feuerwehr zurückblicken. Für Sonntag, 4. Juni 1905, lud Bürgermeister Egid Dietl ins Erggertshofener Gasthaus zur Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr ein. Dem Aufruf des Gemeindeoberhaupts folgten 48 Männer. Der Bürgermeister selbst übernahm im ersten Jahr das Amt des Vorsitzenden. "Die Uniformen werden aus der Vereinskasse gezahlt. Wer aus der Feuerwehr austritt, ist verpflichtet, die Uniform zu bezahlen. Die Mützen schaffen sich die Mitglieder auf ihre eigenen Kosten an", hieß es im Gründungsprotokoll. Wer einer Übung unentschuldigt fern blieb, musste 1907 50 Pfennige in die Vereinskasse zahlen.

Im Feuerwehr-Dienstbuch ist unter dem Eintrag vom 26. September 1915 das Wort Krieg zu lesen. Weitere Einträge sollten erst wieder 1924 erfolgen.
Ein wichtiges Jahr in der Vereinsgeschichte war 1931. Die Erggertshofener Wehr schaffte sich nämlich eine neue Fahne an, die Pfarrer Harrer aus Eutenhofen beim 25-Jährigen segnete. Bemerkenswert ist 1937 im Dienstbuch der Eintrag "Ruhe vor dem Sturm" durch den Kommandanten Johann Schmid aus Leiterzhofen. Hatte Schmid schon zwei Jahre vorher geahnt, was auf das Volk zukommen werde?

Nach Kriegsende 1945 setzte die Militärregierung Sebastian Ferstl aus Ödenhaid als Kommandanten ein. Am 26. Juli 1987 erteilte Pfarrer Alfred Nüsslein dem neu erbauten Feuerwehrhaus den kirchlichen Segen. Das 90-Jährige wurde aus terminlichen Gründen auf das Jahr 1996 verschoben, ebenso die Restaurierung der Fahne. Und das 100-Jährige feierte man gemeinsam von 3. bis 5. Juni 2005. Inzwischen ist in Wolfertshofen mit enormen Eigenleistungen der Mitglieder ein schmuckes Feuerwehrhaus entstanden. Im angebauten Dorfhaisl senkt sich über dem Stammtisch aus einer Wolke sogar der Engel Aloisius auf die Erde herab und begrüßt die Gäste mit einem lauten Halleluja. Dazu erklingt der bayerische Defiliermarsch.

Wesentlich jünger ist der Obst- und Gartenbauverein. Als Gründungsdatum wird im Protokollbuch der 4. Februar 1981 angegeben. Die Gründungsversammlung fand im Gasthaus Dengler in Siegertshofen statt. Zum OGV gehören neben Erggertshofen noch die Ortschaften Siegertshofen, Wolfertshofen, Leiterzhofen und Ödenhaid. Der Verein startete mit 28 Mitgliedern, Karl Ferstl übernahm den Vorsitz. 1992 schloss das Gründungslokal und der OGV zog ins Leiterzhofener Gasthaus Bruckschlögl um. Über Jahre hinweg organisierte der Verein Blumenschmuckwettbewerbe. 1985 erreichte ein Mitglied auf Kreisebene sogar den ersten Platz. Man pflanzte Schutzhecken, Obstbäume und am 1. Dezember 1987 am Dorfweiher von Siegertshofen eine Linde als Lebensbaum.

Der Sportstammtisch wurde "nach einer Feuerwehrübung im November 1989 aus einer Laune heraus? gegründet, ist in Aufzeichnungen zu lesen. Als Vereinslokal diente das Gasthaus Bruckschlögl in Leiterzhofen. Und wie es sich für einen ordentlichen Verein gehört, besitzen die Stammtischler einen "Präse", einen stellvertretenden Vorsitzenden, einen Kassier und einen Schriftführer. Die Mitglieder treffen sich in der Regel alle 14 Tage. "Und wenn einer außerhalb der Reihe Lust zu einem Treffen hat, schreibt er es einfach in die Gruppe rein?, gibt ein Stammtischbruder Auskunft. Beliebt sind auch die Vatertagswanderungen. Gespielt werden auch kleinere Fußballturniere.

Doch halt - da gibt es ja noch die Bankerlsitzer. Direkt neben dem Kirda-Bam lädt unter den ausladenden Ästen der mächtigen Dorflinde das Feierabendbankerl zum Verweilen und einem kleinen Ratsch ein. Hier trifft man sich zur gemütlichen Feierabendhalben. "Da werd dann vorher ei'gsogt und meist kommt a gmiadliche Rund'n z'samm", gibt der nebenan wohnende Austragslandwirt Anton Rauch Auskunft. Leider ist dies in Corona-Zeiten nicht so leicht möglich. "Da muass scho amoi die ein oder and're Sitzgelegenheit dazu gstellt werd'n, um den Abstand einzuhalten", so Rauch mit einem Schmunzeln im Gesicht und der Schlussbemerkung: "Aber aufgeb'n woll'n mir unsere verdiente Feierabend-Hoibe am Bankerl ned. "

DK