Dietfurt
Als die Amerikaner nach Dietfurt kamen

Die Sieben-Täler-Stadt war im April 1945 Schauplatz heftiger Gefechte

20.04.2020 | Stand 23.09.2023, 11:42 Uhr
Kriegsopfer wurde auch dieser Bub, der am Tag nach der Kapitulation, dem 9. Mai 1945, mit einem Freund bei der Explosion einer Handgranate starb. −Foto: Stadtarchiv

Dietfurt - Kriegshandlungen sind in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs, dessen Ende sich aktuell zum 75. Mal jährt, auch bis ins beschauliche Dietfurt vorgedrungen.

Bei einem Luftkampf zwischen einem deutschen und mehreren amerikanischen Flugzeugen kam es zum Abschuss des deutschen Flugzeuges.

Es bohrte sich neben einem Waldweg im Wäldchen südlich vom Neuthal in den Boden. Der Wald brannte, der Pilot hatte sich mit einem Fallschirm Richtung Mitteldorf retten können. Einige Augenzeugen eilten sofort dorthin und fanden den Flugzeugführer blutüberströmt und bewusstlos vor. Er wurde mit einem Fuhrwerk ins Krankenhaus nach Dietfurt gebracht, wo er am 19. April starb. Begraben wurde er den Angaben nach auf dem Dietfurter Friedhof. Das Flugzeug war einer der "Arado 234 Düsenjäger". Die deutsche Luftwaffe hatte mit diesem Typ den ersten einsatzfähigen strahlgetriebenen Bomber der Welt im Einsatz.

In der "Stadtgeschichte" von Ehrenbürger Franz Kerschen-steiner schildern die Aufzeichnungen von Anton Mürbeth, der von den Amerikanern als Bürgermeister eingesetzt wurde, das Kriegsende in der Stadt. Das Näherrücken der Kriegsfront löste noch eilige Vorkehrungen in der Stadt aus. So wurde am 23. April 1945 die Kanalbrücke zwischen Töging und Dietfurt von deutschen Einheiten gesprengt. Am 25. April beschossen amerikanische Truppen vom Weinberg aus die Stadt, ein Geschütz traf den Dietfurter Kirchturm. Dort hatten die Amerikaner vielleicht Beobachter vermutet, stellt die Klosterchronik fest. Durch die Kellergasse marschierten die Amerikaner dann in der Stadt ein. Die Klosterchronik vermerkt weiter, dass alle Häuser nach Soldaten und Waffen durchsucht wurden, aber niemand ins Kloster kam. Ein "gewaltiger Artilleriekampf" setzte gegen Abend ein, nachdem die SS vom Hallenhausener Berg mit Schüssen eröffnet hatte. Granaten, die auf die Stadt gefeuert wurden, trafen die Post und das Polizeigebäude. In der Bahnhofstraße wurde eine Frau Opfer einer Granate, amerikanische Soldaten wurden durch Treffer verwundet.

Die Amerikaner erwiderten mit ihren Geschützen zwischen den Häusern das Feuer. "Das gewaltige, ununterbrochene Artilleriefeuer" dauerte von nachmittags um fünf bis nachts um zwei Uhr, vermerkt die Klosterchronik, große Schäden gab es in Griesstetten. Zum Glück konnte die SS auf dem Altmühlberg wegen fehlender Munition nicht noch mehr Widerstand leisten. Das Artillerieduell forderte den Tod eines SS-Soldaten, der schwer verwundet und ohne Erkennungsmarke von den Kameraden an der Straße nach Hallenhausen zurückgelassen worden war. Als "unbekannter Soldat" wurde er auf dem Friedhof in Griesstetten begraben.

In der Nacht schlugen die Amerikaner noch eine Pontonbrücke über die Altmühl, weil auch die Griesstettener Brücke gesprengt war. Am 26. April fuhren etwa 200 Panzer über diese "Floßbrücke nach Hallenhausen hinauf" notierte der Bürgermeister. Der Dietfurter Walter Mayr, der das Kriegsende als Achtjähriger miterlebte, erinnert sich heute noch an den Knall, als die Rengnath-Brücke von einem deutschen Kommando gesprengt wurde, als die Amerikaner bereits den Dietfurter Marktplatz erreicht hatten.

Auch die Angst vor dem amerikanischen Soldaten, der mit dem Bajonett auf dem Gewehr im Kohlenkeller des Hauses herumstocherte, kann er noch nach 75 Jahren nachfühlen. Die Lastwagen der Amerikaner standen in Kolonne in der Stadt, die Soldaten biwakierten auf den Straßen und bereiteten sich auf Kochern etwas zu essen zu, erzählt der Zeitzeuge. Weil die Laberbrücke gesprengt war, lief der Verkehr der amerikanischen Lastwagen und Panzer durch die enge Rengnathmühle und über die Behelfsbrücke am Rengnath-Anwesen.

Auch an einen Panzer, der im weichen Untergrund feststeckte, erinnert er sich und die riesigen Bergekräne, die ihn wieder befreiten. Allmählich wichen doch Angst und Scheu vor den Eroberern und die Kinder näherten sich neugierig und abenteuerlustig an. Dass kleine Tauschgeschäfte mit zwei Eiern gegen eine Tafel amerikanische Schokolade zustande kamen, weiß der Zeitzeuge ebenfalls noch. Manche Buben merkten auch, dass Kaugummis und Zigaretten für weitere Tauschgeschäfte auf der Straße herumlagen und sammelten sie auf, berichtet die Chronik. "Von ganzem Herzen danken wir Gott, daß Er uns in diesen Tagen und in den verflossenen Jahren so sichtbar beschützte und behütete", schließt der Bericht der Klosterchronik zum Kriegsende in Dietfurt.

DK

Rosmarie Götz