Beilngries
Das Märchen von der weißen Weihnacht

Ein Blick in die Beilngrieser Festtagswetter-Historie: Von T-Shirt-Temperaturen bis Hochwasser war schon alles dabei

23.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:28 Uhr
Nass und grau präsentiert sich das Wetter heuer zum Weihnachtsfest. Das war oft schon ganz anders, wie ein Blick ins DK-Archiv zeigt. Weiße Weihnachten waren aber stets die Ausnahme. −Foto: F. Rieger

Beilngries (DK) Wer sich dieser Tage einen der typischen romantisch-weihnachtlichen Filme ansieht, der wird erkennen: An Weihnachten muss es einfach schneien.

Der Blick aus dem Fenster offenbart dann aber das Gegenteil: Grau, regnerisch und recht mild, so wird es wohl auch heuer sein an den Festtagen, wenn nicht noch ein Weihnachtswunder eintritt. Dabei war es doch früher fast immer winterlich an Heiligabend, oder?

Beileibe nicht, wie ein Blick in das DONAUKURIER-Archiv zeigt. Es gab schon die unterschiedlichsten Wetterextreme, aber auch - ganz oft - ein Wetter wie heuer, das höchstens als Randnotiz bei den Erinnerungen an das Weihnachtsfest taugt. Da man sich an die schönen Dinge aber immer besonders gut erinnern kann, hat wohl jeder diese eine wunderbare weiße Weihnacht im Kopf, die er miterlebt hat.

Eine echte Serie an winterlichen Weihnachtsfesten gab es Anfang der 1960er-Jahre. Fast immer war es damals weiß, wenn die Menschen zur Christmette stapften, wie Bilder aus dieser Zeit zeigen. Die Feiertage wurden von den Wintersportlern zum Schlittschuhlaufen und Eisstockschießen genutzt. "Man muss sich Hunger auf die Gans holen", sagte damals ein Beilngrieser im DK-Gespräch über die sportliche Betätigung bei klirrender Kälte. Minus 15 Grad wurden am Heiligen Abend 1963 gemessen. Und doch strömten die Menschen aus der Region zum damals an diesem besonderen Tag stattfindenden Waren- und Krammarkt, um noch das letzte Geschenk für Weihnachten zu kaufen - beispielsweise beim "Puppenmann", der trotz der extremen Kälte im DONAUKURIER-Interview ein gutes Geschäft vermeldete.

Ähnlich winterlich war es im Jahr 2010 - dem Winterwunderland-Weihnachtsfest der jüngeren Generation. Schon den gesamten Dezember über hatte es geschneit und gefroren und so lag auch am Heiligen Abend eine dicke Schneedecke. Unsere Zeitung berichtete in der ersten Ausgabe nach dem Weihnachtsfest von einer "tief verschneiten Landschaft" und "glatten Straßen", die aber glücklicherweise keine Unfallopfer forderten. Eine solche "echte weiße Weihnacht" habe man zu diesem Zeitpunkt schon seit vielen Jahren nicht mehr erlebt gehabt, stellte der DK fest.

Und es sollte bis zum heutigen Tag auch keine mehr dazukommen. Ganz im Gegenteil: Beinahe jedes Jahr war im DK zu lesen, dass sich pünktlich zum Weihnachtsfest ein frühlingshaftes Wetter eingestellt hatte. 2013 bevölkerten die Kinder den Spielplatz im Sulzpark, Rennradler wurden bei ausgiebigen Feiertagstouren gesichtet und die Menschen brachen in Scharen zu Spaziergängen bei milden Temperaturen auf.

Noch außergewöhnlicher war es zwei Jahre später. An Weihnachten 2015 wünschte sich in Beilngries so manch einer mit einem Augenzwinkern "Frohe Ostern", so warm war es. Und weiter: "Man sah zahlreiche Spaziergänger, etliche Radfahrer und viele Personen, die sich auf Terrasse, Balkon oder auf einer Parkbank ein Sonnenbad gönnten. Kinder vergnügten sich auf den Spielplätzen und sogar das eine oder andere Mittagessen wurde im Freien eingenommen. "

Davon können die Beilngrieser in diesem Jahr wohl nur träumen. Die einzig gute Nachricht: Es soll nicht mehr so stark regnen wie in den vergangenen Tagen, als das vierte Adventswochenende im wahrsten Sinne des Wortes "ins Wasser fiel".

Das war aber noch gar nichts im Vergleich zum Weihnachtsfest 1993, das aus einem recht unerfreulichen Anlass für immer im Gedächtnis der Menschen in der Region bleiben wird. Im Talraum hatte man damals mit einem schlimmen Hochwasser zu kämpfen. Der Beilngrieser Campingplatz stand unter Wasser und in Kottingwörth musste man erst einmal den Hochwassersteg überqueren, wenn man mit den rechtzeitig aus dem Ort geschafften Autos zum Weihnachtsbesuch aufbrechen wollte. Der Beilngrieser Ortsteil glich an den Feiertagen einer "Insel", wie der DONAUKURIER schrieb. Mit 2,74 Metern wurde damals genau am Heiligen Abend der dritthöchste Altmühl-Pegelstand überhaupt in der Region gemessen.

Bei solchen Erinnerungen erscheint ein wenig Wetter-Tristesse wie heuer gar nicht mehr so dramatisch. Und spätestens dann, wenn sich die Familien am Abend um den Christbaum versammeln, spielt es sowieso keine Rolle mehr, ob draußen nun Schnee fällt - oder der Wunsch nach einer weiteren weißen Weihnacht eben wieder um ein Jahr verschoben werden muss.

Fabian Rieger