Beilngries
Vor dem Autoreifen-Tod bewahrt

So früh wie nie zuvor unterwegs: Das warme Wetter verändert den Rhythmus der Erdkröten

27.03.2020 | Stand 02.12.2020, 11:39 Uhr
  −Foto: Adam

Beilngries/Badanhausen - Noch bis Ende März soll der Zaun stehen bleiben, den Ursula Gomringer und ihre Helfer vom Bund Naturschutz, Ortsgruppe Beilngries, bereits am 21. Februar aufgestellt haben.

So früh wie nie zuvor. "Das warme Wetter hat den Rhythmus der Kröten verändert und sie früher aktiv werden lassen. Deshalb mussten wir auch früher handeln", erklärt Gomringer.

Wie jedes Jahr wurde bei Badanhausen der grüne Schutzwall erstellt. Und täglich kontrollieren seitdem Mitglieder des Bundes Naturschutz den Zaun und die dort aufgestellten "Fang-Eimer". In diesen sammeln sich die Kröten und werden dann in Transporteimern über die gefährliche Straße zum sicheren Weiher gebracht. An sonnig-warmen Tagen sind es bis zu 100 Tiere, denen so das Leben gerettet werden kann.

Warum sie gerade wieder zu "ihrem" Weiher wollen und deshalb auch die Wanderung, meist nachts, über die Straße nicht scheuen, weiß Nadine Bauer vom Bund Naturschutz: "Sie sind selber im Wasser dort ausgeschlüpft und haben hier erstmal wie Fische als Kaulquappen gelebt, ehe sie ihr Aussehen veränderten und an Land kletterten. Im Frühjahr kehren sie genau zu ihrem Geburtsgewässer zurück, um selber für Nachwuchs zu sorgen. "

Der Beginn der Wanderung hängt von den Temperaturen ab. Sobald das Thermometer über 10 Grad steigt, geht es los. Und das war heuer eben viel früher als in den Vorjahren. Die Erdkröten machen sich auf den Weg - und ehe unzählige von ihnen von Autoreifen überrollt würden, stoppt sie erst einmal der Zaun der Natur- und Tierfreunde. Wenn die Kröten dann zum Gewässer getragen wurden, laichen sie hier ab, legen also ihre Eier in langen Laichschnüren in das Wasser. Aus rund 3000 bis 6000 Eiern können solche Laichschnüre bestehen. Die Eier werden von der Sonne ausgebrütet. Die Wassertemperatur spielt dabei übrigens keine große Rolle. Denn jedes Ei ist mit einer Art Schutzhülle umgeben, die sich mit Wasser vollsaugt und einen schützenden Mantel um das Ei bildet. Wenn die Sonne scheint, verstärkt dieser "Glibber" sogar das Sonnenlicht und das Ei wird erwärmt. Die Laichschnüre sind durch Gifte, welche die Erdkröte absondert, nicht nur ungenießbar, sondern können sogar tödlich sein. Und selbst wenn daraus dann schon Kaulquappen geworden sind, werden diese dank ihres giftigen Schutzschildes von Feinden wie Fischen beispielsweise verschmäht.

Nach dem Ablaichen gehen die Krötenpaare wieder getrennte Wege. Auch wenn es kälter werden sollte, frieren sie auf keinen Fall. Denn ihre Körpertemperatur passt sich immer den Temperaturen der Umgebung an, zu kalt oder zu warm ist es einer Kröte also nie. Gefahr geht für sie überwiegend vom Straßenverkehr aus - ohne das jährliche Engagement der Naturschützer wäre es um den Bestand der Kröten, Frösche und Molche viel schlechter bestellt. Die Tiere werden übrigens genau gezählt und registriert, erzählt Ursula Gomringer. Die Rettungsaktion läuft auch in Zeiten von Corona weiter. "Ein Spaziergang alleine oder mit Partner ist erlaubt und anders gestalten wir das ja nicht", sagt sie. Wer wann unterwegs ist, wurde in einer Liste festgelegt. "Mittlerweile sind es schon weniger Tiere geworden, die wir über die Straße bringen", so Gomringer. Bei warmem Wetter sind sie aktiver, mittlerweile aber fast alle bereits im Weiher angekommen.

Als "anmutige Schönheiten" würden die meisten Menschen die Erdkröte, die über zehn Zentimeter groß werden kann, wohl kaum bezeichnen. Die Oberseite ist bräunlich gefärbt und mit vielen Warzen übersät. Die Augen sind meist kupferfarben und treten hervor. Die Männchen haben schwärzliche Schwielen am Daumen und den nächsten beiden Fingern und sind meist deutlich kleiner als die Weibchen. Oft sieht man die Paare schon "verkuppelt" - das Männchen lässt sich vom Weibchen huckepack zum Gewässer tragen, ein Instinktverhalten der Männchen, für das es nur geringe Auslösereize braucht. Die Weibchen laichen nur alle zwei bis drei Jahre ab - und sind entsprechend heiß begehrt von den Männchen, die sich dafür auch gern auf einen Machtkampf mit Konkurrenten einlassen.

Erdkröten gehören nach dem Bundesnaturgesetz und der Bundesartenschutzverordnung zu den besonders geschützten Arten und dürfen nicht verletzt, getötet oder gefangen werden. Letzteres gilt natürlich nicht für die Naturschützer, die die Tiere fangen - um sie an ihrem sicheren Weiher wieder frei zu lassen.

DK