Hirschberg
Von Buckelquadern und einem Fischgräten-Mauerwerk

Kreisheimatpfleger Karl Heinz Rieder beschäftigt sich bei einem Vortrag mit dem imposanten Schloss Hirschberg

10.11.2019 | Stand 02.12.2020, 12:39 Uhr
  −Foto: Patzelt

Hirschberg (pa) Das hoch über Beilngries gelegene und weithin sichtbare Schloss Hirschberg gilt als eines der schönsten Rokokoschlösser des Freistaates.

Dass dieses prunkvolle Schloss jedoch auch umfangreiche Reste einer außergewöhnlich großen, spätromanisch-staufischen Burganlage beherbergt, ist vielen wohl nicht bekannt. Im letzten Teil seiner Reihe "Staufische Burgen Altmühl-Jura" beschäftigte sich Karl Heinz Rieder mit dem Hirschberger Schloss, das in typischer Spornlage auf einem langgestreckten Bergausläufer liegt. Genauer gesagt beleuchtete der Kreisheimatpfleger in seinem interessanten und äußerst lehrreichen Vortrag vor allem die Grafenburg aus der Zeit um 1200 nach Christus näher.

Der imposante Rittersaal des Schlosses hatte sich gut gefüllt, als Sonja Weidinger vom Altmühl-Jura-Regionalmanagement die Besucher begrüßte. "Ich bin kein Historiker - eher ein Steinzeitler. Aber auch die Architektur hat ja im gewissen Sinne mit Steinen zu tun", merkte Rieder gleich zu Beginn seines Vortrags an. Den Schwerpunkte bildete in seinen Überlegungen die Architektur der Burg der Grafen von Hirschberg und deren Entwicklung. Er zeigte zunächst ein Aquarellgemälde aus dem Jahr 1820, ein Urkataster von 1813 und einen Plan des Schlosses aus der Publikation von Felix Mader von 1908. Apropos Felix Mader. Dieser war ein deutscher römisch-katholischer Priester, Kunsthistoriker und Denkmalpfleger. Er besuchte das humanistische Gymnasium in Eichstätt und studierte am Bischöflichen Lyzeum, der späteren Philosophisch-theologischen Hochschule Eichstätt. "Mader arbeitete unermüdlich an der Reihe der Kunstdenkmäler des Königreichs Bayern und von ihm stammen auch recht detaillierte Beschreibungen des Hirschberger Schlosses", informierte Rieder. Danach präsentierte er das älteste, farbige Luftbild der Schlossanlage aus dem Jahr 1964.

Der nächste Teil des Vortrags befasste sich mit den Ausgrabungen bei den umfangreichen Sanierungsarbeiten im Jahre 1988 im äußeren Spornbereich. "Der Bergsporn war natürlich eine ideale Vorgabe für eine Festungsanlage", wusste Rieder zu berichten. Bei den Grabungsarbeiten kamen Grundmauern eines mittelalterlichen Rundturms zum Vorschein. Die Mauern bestanden aus sorgfältig zugerichteten Kalksteinblöcken und wurden in der Zweischalentechnik errichtet. Der Durchmesser des Wohn- und Wehrturms betrug stattliche 16 Meter. Mit seinem starken Fundament und den mächtigen Mauern dürfte der Turm eine Mindesthöhe von 15 Metern erreicht haben. "Man merkte, was hier bei den Sanierungsarbeiten vor 31 Jahren abgebrochen wurde, war nicht gewachsener Fels, sondern reine Architektur. Somit wurde der Plan, an dieser Stelle eine Cafeteria zu errichten, ad acta gelegt", erläuterte der Kreisheimatpfleger. Bei Arbeiten mit einem Minibagger waren weitere Mauerreste und ein bislang unbekanntes Tor mit gestaffeltem Rundbogen zutage getreten. Der imposante Durchgang besteht aus Tuffsteinen. "Die Tür war so groß, dass sogar Reiter problemlos durchgekommen sind", wusste Rieder zu berichten. Interessant war auch der Aufbau der Mauern. Auf dem gewachsenen Boden machten die Geschichtsforscher ein Opus spicatum, ein Fischgräten-Mauerwerk, ausfindig. Diese Mauertechnik stellte eine enorme Kosteneinsparung gegenüber der massiven Bauweise aus Quadern dar, hielt aber auch von unten aufsteigendes Wasser ab. Es folgte eine Plattenschicht, auf der sich die behauenen Handquader befanden. Den Abschluss bildeten schließlich die markanten Buckelquader. Die Steine wölben sich auf der Sichtseite buckelartig nach außen und sind meist nur grob behauen. "Diese Form des Mauerwerks könnte von den Kreuzfahrern importiert worden sein, da auch einige Kreuzfahrerburgen Buckelquader aufweisen", vermutete Rieder. Zu belegen sei das aber bislang nicht. Aus der Zeit um 1000 nach Christus stammt ein rekonstruiertes Gefäß mit Originalscherben. 1964 erschien eine archäologische Ortschronik von Professor Walter Torbrügge. "Hier taucht die Vermutung auf, dass am Bergsporn noch ältere Befunde zu erwarten sind", erläuterte Rieder.

Der westliche Torturm ist vermutlich der älteste Teil der Burganlage. Der bis auf den Treppengiebel noch romanische Turm ist besonders interessant durch die beiden gerundeten Mauervorsprünge, die eine kleine Durchgangsgasse bilden.

"Im 12. Jahrhundert findet man Steinbauten in höchster Qualität. Steine wurden in absoluter Präzision bearbeitet, wie man sie später nur noch selten findet", kam Rieder sogar etwas ins Schwärmen. Erwähnenswert waren für ihn auch die noch erhaltenen, seltenen Angelhaken und Fallgatterschlitze des Torturmes. Ebenso sind noch im ersten Obergeschoss die Vorrichtungen zur Bewegung des wohl eisernen Fallgatters zu erkennen.

Der Kreisheimatpfleger aus Kipfenberg versuchte auch, eine Verbindung des Grafen-Geschlechts zu den Ortschaften Grögling und Dollnstein aufzuzeigen. Zu Grögling saß das Geschlecht um das Jahr 1100 und zu Dollnstein nach 1139. Beides hatte man vom Eichstätter Bischof als Lehen erhalten. Rieders Vortrag zeigte, dass die Burg Hirschberg noch immer ein eindrucksvolles Zeugnis für die Macht der Grafen im 12. und 13. Jahrhundert, aber auch ein oft zu wenig wahrgenommenes Beispiel staufischer Baukunst darstellt. "Die Forschung ist noch lange nicht zu Ende - sie fängt eigentlich gerade erst an. Jeder Quadratmeter alter Bausubstanz, der abgerissen wird und noch nicht dokumentiert ist, ist für immer verloren", so die abschließende Botschaft.