Kevenhüll
Auf dem Weg zum "zweigeteilten Dorf"?

Bürger verweigert Grundstück: Der letzte Abschnitt des Kreisstraßenausbaus in Kevenhüll könnte scheitern

11.05.2018 | Stand 23.09.2023, 3:11 Uhr
Der zweite Abschnitt des Kreisstraßenausbaus in Kevenhüll ist weitestgehend abgeschlossen. Ob es noch einen dritten gibt, ist momentan in der Schwebe. −Foto: Fabian Rieger

Kevenhüll (DK) In der Kevenhüller Dorfgemeinschaft brodelt es gewaltig. Nahezu alle Einwohner wünschen sich, dass der Kreisstraßenausbau mit einem dritten Bauabschnitt abgeschlossen wird. Ein Dorfbewohner weigert sich aber, eine dafür nötige Fläche abzugeben. Am Mittwochabend wurde bei einer Bürgerversammlung informiert, debattiert und zwischenzeitlich auch kräftig gestritten.

Das Gemeinde- und Schützenhaus ist bis auf den letzten Platz gefüllt, mehr als 60 Kevenhüller haben sich eingefunden. Das Thema interessiert die Dorfgemeinschaft. Und was die Bürger am Mittwochabend zu hören bekommen, schmeckt ihnen nicht. Der geplante dritte und letzte Bauabschnitt für den Kreisstraßenausbau könnte bald vom Tisch sein - und Kevenhüll zu einem "zweigeteilten Dorf" werden, wie es Bürgermeister Alexander Anetsberger ausdrückt.

Gemeinsam mit Stadtrat und Ortssprecher Georg Harrer (CSU) sowie dem Leiter der Tiefbauabteilung am Landratsamt, Stéphane Thirion, erläutert das Gemeindeoberhaupt die Hintergründe der aktuellen Problematik. Der erste Bauabschnitt wurde bekanntlich 2014 abgeschlossen, beim zweiten Abschnitt stehen derzeit noch Restarbeiten aus, am 7. Juni erfolgt die offizielle Verkehrsfreigabe. Den Abschluss des Großprojektes sollte im kommenden Jahr der dritte Bauabschnitt darstellen, der sich über den Bereich der Bushaltestelle bis hinaus zur Ausfahrt nach Mallerstetten erstrecken würde. Die Problematik ist Folgende: Das Landratsamt kann die Maßnahme nur umsetzen, wenn Fördergelder fließen. Und die gibt es nur, wenn durch den Ausbau eine deutliche Verbesserung entsteht und diverse Mindestvorgaben eingehalten werden. Vorrangig geht es dabei um eine Verbreiterung der Straße, wodurch auch die bislang recht problematische Engstelle im Kurvenbereich entschärft würde. Dazu müsste ein Dorfbewohner aber ein Stück seines Grundes veräußern - und das will er nicht. Ohne diese Fläche sei eine Verbesserung des Straßenverlaufs nicht möglich, betonen Harrer und Thirion - bei denkbaren Alternativen würde man den Kurvenbereich sogar noch verengen.

Der Ortssprecher zeigt mit zahlreichen Beispielen auf, was an dem Projekt Kreisstraßenausbau alles mit dranhängt. Würde dieser Bauabschnitt nicht umgesetzt, könnten auch die geplanten Arbeiten am Kanal nicht über die Bühne gehen. Aktuell entstehen bei Starkregen massive Rückstauprobleme im Dorf, die laut Harrer dringend durch Arbeiten im Bereich des dritten Straßenbauabschnittes behoben werden müssten. "Sonst saufe ich ab", wirft ein Bürger in die Diskussion ein. Außerdem könne man die geplante Verlegung von Leerrohren für die Breitbandversorgung, eine Erneuerung von Schiebern der Wassergruppe und einen Ausbau des Stromnetzes nicht erledigen, so Harrer. Und auch bei der geplanten Entschärfung der Bushaltestelle, an der die Verkehrssituation derzeit recht gefährlich sei, sowie bei einer Umgestaltung des Dorfplatzes stehe man nun vor sehr großen Fragezeichen. Anetsberger verweist zudem auf den optischen Eindruck, der entstehen würde, wenn die Straße in diesem Dorfbereich nicht ausgebaut wird. Er spricht von einem "zweigeteilten Dorf".

Die Argumente sprechen also im Grunde eindeutig für eine Umsetzung des letzten Bauabschnittes. Das sehen auch die Bürger so, wie im anschließenden Fragen- und Diskussionsteil deutlich wird. Als sich dann derjenige Dorfbewohner, der seinen Grund partout nicht hergeben will, selbst zu Wort meldet, kocht die Stimmung hoch. Er habe der Stadt bei etlichen Gesprächen deutlich gemacht, dass er auf keinen Fall abgabebereit sei. "Man muss auch Nein sagen können", ruft er immer wieder in den Saal. Die Dorfbewohner versuchen auf verschiedenen Wegen, ihn umzustimmen. Die einen werden wütend, die anderen probieren es mit gutem Zureden. Sie alle beißen aber auf Granit. Eine Erklärung, weshalb ihr Dorfmitbewohner die Fläche nicht abgeben will, bekommen sie aber nicht - bis auf die Aussage, dass Stadt und Landkreis keine guten Verhandlungspartner seien, sowie einige Verweise auf Vorkommnisse früherer Tage. "Diese Straße brauchen doch nicht die Stadt und der Landkreis, sondern wir Kevenhüller", hält ein Dorfbewohner dagegen.

Eine Frau fragt, ob es in einem solchen Fall nicht die Möglichkeit der Enteignung gebe. Dazu müsse man in ein Planfeststellungsverfahren eintreten, teilt der Bürgermeister mit. Das sei zu langwierig. Denn die Zeit drängt. Wenn sich das Vorhaben in Kevenhüll nicht in näherer Zukunft umsetzen lässt, kommen andere Straßen im Landkreis zum Zuge. Und dann müssen sich die Kevenhüller mit ihrem letzten Straßenabschnitt, sollte er irgendwann doch noch umsetzbar sein, wieder ganz hinten anstellen. Eine Lösung müsste also auf alle Fälle in den kommenden Monaten her.

Dass es eine solche noch geben wird, ist nach dieser Versammlung mehr als fraglich. Anetsberger bezeichnet das Verhalten des Dorfbewohners in Verweigerungshaltung als "unverschämt" und fügt hinzu: "In der Großgemeinde und wohl auch im Landkreis ist das ein einmaliger Vorgang." Ortssprecher Harrer stellt derweil ernüchtert fest: "Kevenhüll würde jetzt hinter seinen realisierbaren Möglichkeiten zurückbleiben. Ob wir irgendwann noch einmal eine zweite Chance erhalten, ist völlig offen."

Fabian Rieger