Biberbach/Beilngries
"Traumberuf Förster - damals wie heute"

Nach fast 40 Jahren: Förster Georg Dütsch geht zum Monatsende in Ruhestand

24.09.2021 | Stand 23.09.2023, 20:57 Uhr
Die Zeiten, in denen ein Förster vorrangig im Wald unterwegs sein konnte, sind lange vorbei. Der bürokratische Aufwand ist im Laufe der Jahre massiv angewachsen, berichtet Georg Dütsch. Seine Zeit als Förster endet in Kürze, in wenigen Tagen geht er in Ruhestand. −Foto: Adam

Biberbach/Beilngries - Große Umwege waren nie erstrebenswert für Georg Dütsch. Schule, Studium, Familienplanung und Berufsweg - er setzte sich Ziele und diese dann geradlinig und konsequent um. Zum Ende des Monats geht der 63-jährige Förster in Pension. Im Gespräch mit unserer Zeitung erinnert er sich an wichtige Stationen, vor allem aus seinem Berufsleben. Und er verrät, was er sich für den "Un-Ruhestand" vorgenommen hat.

"Irgendwas mit Natur, mit Wald, mit Jagd, mit Landwirtschaft", das sei schon sein Berufsziel gewesen, als er noch ein kleiner Bub war, erinnert sich Georg Dütsch. Geboren wurde er im Steigerwald, aufgewachsen ist er dort in einem Dorf, am Waldrand, mit zwei Brüdern und einer Schwester. Die Eltern haben eine kleine Landwirtschaft. Und der Pfarrer ist es, der die Weichen für Georg Dütsch und sein Leben stellt: "Der Bub sollte ans Gymnasium", sagt der Geistliche zu Georgs Eltern. Und die folgen dem Rat. "Ich kam nach Bamberg in ein Knabenseminar, also ins Internat, wo ich eine kirchlich-geistige Ausbildung bis zum Abitur durchlaufen habe", erzählt Dütsch schmunzelnd. An seine Schulzeit hat er gute Erinnerungen, noch heute trifft er sich regelmäßig mit den einstigen Klassenkameraden. Nach dem Abschluss geht es sofort zum Studium: Forstwirtschaft. "Die Uni in Weihenstephan Triesdorf hatte da wenige Jahre zuvor begonnen. Ich habe dort eine gute und sehr fundierte Ausbildung erhalten", sagt Dütsch. Acht Semester, vier Jahre, zielstrebig zieht er sein Studium durch. Und als die zweite Staatsprüfung bestanden ist, tritt er seine erste - und letzte - Stelle an. Die, in der er heute noch arbeitet, als Förster im Forstrevier Biberbach, zuständig für Gemeinde- und Privatwälder im Bereich Beilngries, Denkendorf und teilweise auch Kipfenberg.

Was sich verändert hat in 38 Jahren Arbeit als Förster? Ohne Zögern kommt die Antwort: "Allem voran die Bürokratie." Während er anfangs nur rund 20 Prozent seiner Arbeitszeit nicht im Wald, sondern über Papier gebeugt oder am Computer verbringt, sind es heute schon gut 50 Prozent. Dokumentationen und Anträge füllen ein raumhohes Regal in seinem Büro komplett. Die Technik zieht immer mehr ein, auch bei der Arbeit, weg von körperlicher Schwerarbeit hin zur Arbeit mit Maschinen. Das Forstpersonal wird deutlich reduziert. "Es hat sich in 30 Jahren fast halbiert, ein enormer Personalabbau. Auch die Forstbereiche wurden größer, die Reformen haben da über die Jahre viel verändert."

Aber auch der Wald selbst hat sich gewandelt, sagt Dütsch. "Förster ist ein Beruf, da ist es gut, wenn man bleibt, denn wenn man etwas bewirken will, braucht es Zeit." Der Wald von damals, als er am 1. Januar 1984 seine Stelle antrat, sei mit dem heutigen Wald nicht mehr zu vergleichen. Bunter ist alles geworden, mehr Baumarten gebe es, weg von Fichte und Kiefer, bewusst hin zu Mischwäldern. Dütsch lacht - ganz so einfach war der Start damals wohl nicht. "Ich war so überzeugt, dass das der richtige Weg ist. Ich hatte viele Wälder gesehen in meiner Ausbildung und bei Praktikastellen. Mischwälder sind nicht nur ästhetisch schön, sondern auch wirtschaftlich stabil, trotzen Schädlingen wie dem Borkenkäfer. Aber ich war ein grad' mal 28-jähriger Neuling und musste viel Überzeugungsarbeit leisten. Die Rechtlervorstände damals hätten alle mein Vater oder sogar Großvater sein können und sollten sich plötzlich beraten lassen von mir. Wenn ich da an so manche Diskussion wegen der notwendigen Rückegassen denke, da gab es schon Widerstand", sagt er. Aber nachgeben? Nein. Die Zeit gibt ihm recht. Heute gibt es Buchen, "die Mutter des Waldes", die wärmeliebende Eiche, aber auch Edelbaumarten wie Ahorn, Linde, Kirsche, Elsbeere und neben der damals so dominanten Fichte auch Weißtanne und Douglasie. "Das Bewusstsein für den Wald ist gestiegen. Pflege ist wichtig. Ich vergleiche das gern mit Radieschen. So wie die vereinzelt werden müssen, damit sie gesund und kräftig wachsen, muss auch ein Wald durchforstet werden."

Das erste Berufsjahr lebt Dütsch in einer Beilngrieser Ferienwohnung, dann zieht er in das Biberbacher Forsthaus. Schon ein Jahr später, 1986, heiratet er seine Frau Ingrid, 1987, 1989 und 1991 kommen die Kinder. Mittlerweile gehört ein Enkelkind zur Familie, das zweite ist unterwegs. "Es ist natürlich schön, Zeit mit der Kleinen zu verbringen. Sie ist drei Jahre, neugierig, wir holen immer gemeinsam Eier von den Hühnern, das liebt sie", erzählt Dütsch. Opa sein - eine Aufgabe, der er sich künftig gerne mehr widmen wird. Also ist er froh, in Ruhestand zu gehen? "Einerseits schon. Aber andererseits ist Förster mein Traumberuf, damals wie heute. Ich würde nichts anderes wählen, wenn ich neu beginnen würde, auch wenn es wohl viele Herausforderungen in der Zukunft zu bewältigen geben wird." Der Klimawandel sei eine davon. "Es wird erkennbar wärmer und trockener, was die Pflege der Wälder schwieriger macht. Wir steuern auf ein Klima wie in Südfrankreich zu und müssen uns darauf langfristig ein- und umstellen." Holz als Roh- und Baustoff vor der Haustüre müsse noch viel mehr im Bewusstsein der Menschen ankommen, als Beitrag zum Umweltschutz. Und die Beratung von privaten Waldbesitzern sei wichtig. "Es gibt immer mehr Waldbesitzer, die eigentlich keine Erfahrung mit Land- oder Forstwirtschaft haben, die den Wald geerbt oder gekauft haben. Das Fachwissen fehlt, da ist Unterstützung wichtig." Diese Sehnsucht nach "Wildnis", nach einem eigenen Stück Land oder Wald, das sei eine Entwicklung, die er heute viel beobachte und die es vor 30 Jahren noch nicht so gab. "Selbstversorger sein, unberührte Natur, das ist mittlerweile wohl tief in den Menschen angekommen, die Arbeit dafür wird aber oft etwas unterschätzt." Trotzdem findet Dütsch es gut, dass der Wald so ins Bewusstsein aller rückt.

Einen konkreten Nachfolger für seinen Forstbereich gibt es noch nicht, "aber eine Übergangslösung mit einem Anwärter, der die Ausbildung derzeit beendet. Ab Frühjahr 2022 wird es dann wohl eine Nachfolgeregelung geben", hofft Dütsch.

Er selber will seinem Wald, als "faszinierende Kraft- und Sauerstoffquelle, als Lebensraum" fest verbunden bleiben. Dütsch besitzt ein eigenes Waldstück, hat seit einigen Jahren Christbaumkulturen angelegt, deren Pflege viel Zeit in Anspruch nimmt, und will "grundsätzlich viel in Bewegung bleiben". Dem Sohn beim Hausbau helfen, Schreinern als Hobby, Brennholz machen, Zeit für die Familie und seinen Hund, ein paar kleine Ausflüge plant er. "Der Typ für große Reisen und plötzlich Selbstverwirklichung bin ich nicht. Es wird weitergehen wie bisher, nur etwas ruhiger eben", sagt er.

DK


Regine Adam