Dietfurt
"Wir haben hier alles, was wir brauchen"

Veronica Valero aus Spanien und ihre Familie haben sich in Dietfurt gut eingelebt

05.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:32 Uhr
de Petrel stammt aus dem zwölften Jahrhundert. Dort hat Veronica Valero ihre Kindheit verbracht. −Foto: Valero

Dietfurt (khr) Seit 2014 lebt Veronica Valero, 34 Jahre alt, gemeinsam mit ihrem Mann Luis Moscardi und den beiden Kindern Lucas (drei Jahre) und Valentina (sechs Monate) in Dietfurt. Hier haben die Spanierin und der Uruguayer eine neue Heimat gefunden.

Beide arbeiten bei der Firma Spangler Automation in Töging, wo sie sich sehr wohl fühlen. "Ich komme ursprünglich aus Petrel", erzählt die zweifache Mutter. Petrel, wo sie bis zu ihrem 18. Lebensjahr mit Bruder Franz und den Eltern gewohnt hat, hat 35000 Einwohner und liegt im Südosten Spaniens in der Provinz Alicante an der Costa Blanca. Zusammen mit Elda bildet die Stadt einen Ballungsraum, in dem rund 90000 Menschen leben. Die Grenze verläuft dabei so subtil, dass viele Einwohner oft nicht wissen, wo sie genau ist. "Es kommt vor, dass das Wohnzimmer in Petrel ist und das Schlafzimmer in Elda", erzählt sie. Petrel und Elda gelten gemeinsam mit der Stadt Elche als Zentrum der spanischen Schuh- und Lederindustrie. "Meine Eltern haben ein Unternehmen, in dem Lederprodukte für die Schuhindustrie hergestellt werden. Sie sind beruflich immer noch sehr eingebunden. Daher sind mein Bruder und ich schon als Kinder sehr selbstständig gewesen."

In Spanien verbringen die Kinder viel Zeit in der Schule, berichtet Veronica Valero. Der Staat biete eine kostenlose Vorschulerziehung für Kinder vom dritten bis zum sechsten Lebensjahr. So werden die Kinder mehrheitlich mit drei Jahren eingeschult. Die Schule beginnt in der Regel um 9 Uhr und endet gegen 17 Uhr. "Dann habe ich mich mit meinen Freunden auf der Straße oder dem Spielplatz getroffen." An Blindekuh, Versteckspiele, Schattenfangen, Hüpfspiele, Himmel und Hölle, Hula-Hoop, Gummitwist und vieles mehr erinnert sich die junge Frau. "Wir haben bis 20.30 oder 21 Uhr gespielt. Dann erst gingen wir nach Hause", so Valero. Sie erklärt das mit einem ganz anderen Tagesrhythmus als in Deutschland. So komme in Spanien das Mittagessen erst um 14 Uhr auf den Tisch, abends speise man um 21 oder 22 Uhr. "Da haben wir uns sehr angepasst. Es würde hier in Bayern auch gar nicht anders gehen", sagt Luis Moscardi, Veronicas Ehemann.

Nach dem Gymnasium und der Kunstschule begann Veronica Falero ein Kunststudium an der Universidad Miguel Hernandez in Elche. Das Studium dauerte fünf Jahre. "Ich habe immer gute Noten gehabt. Ich hatte immer eine Zehn." Das Schulsystem in Spanien unterscheidet sich laut Valero stark von dem in Deutschland. In Spanien gebe es ein Notensystem von null bis zehn Punkten, wobei Null die schlechteste und Zehn die beste Note sei. "Ich habe Skulptur, Malerei, Fotografie, Gravur und Grafik-Design gelernt und sogar an verschiedenen Kunstausstellungen teilgenommen. Gerade digitale Fächer wie Kommunikations- und Fotodesign haben mir viel Spaß gemacht. Während dieser Zeit habe ich in verschiedenen Wohngemeinschaften gewohnt und Menschen aus der ganzen Welt kennengelernt. Das hat meine Weltvision und Toleranz gegenüber anderen nochmals erweitert."

Nach dem Studium fand Valero bei einem internationalen Franchisegeber in Spanien eine sehr gute Arbeitsstelle. Die Firma beschäftigte sich mit der Eröffnung neuer Geschäftsräume in ganz Lateinamerika in den Bereichen Bau, Renovierung, Informatik, Events, Schönheit und Kosmetik. "In den fünf Jahren, in denen ich in der Marketingabteilung der Firma arbeitete, hatte ich die Gelegenheit viel zu lernen. Ich war auch für die Organisation von Messen in vielen Ländern zuständig, so dass ich auch in Portugal oder Mexiko arbeiten konnte."

Im Oktober 2012 folgte sie ihrem Mann nach Deutschland, der bereits neun Monate zuvor nach Regensburg aufgebrochen war, um seinen Abschluss als Elektroingenieur an der Technischen Hochschule in Regensburg zu absolvieren. "Wir haben 2010 geheiratet. Damals war Spanien Teil der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise und durchlief zudem eine grundlegende Strukturkrise", schildert Valero. Arbeitsplätze seien oft schlecht bezahlt gewesen. "Wir hatten zwar feste Arbeitsplätze, aber wir wussten, dass es keine Entwicklungsmöglichkeiten geben würde, die Bedingungen wurden immer schlechter, Arbeitnehmer standen viel unter Druck, es gibt in Spanien keine Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Stellenangebote sind vermehrt im Bereich der geringfügigen Qualifikation." In Deutschland hätten Forschung, Entwicklung und Innovation einen großen Stellenwert, weshalb viele spanische Fachkräfte nach Deutschland gezogen seien, fasst Valero zusammen. Es sei vor allem das gut funktionierende Sozial- und Gesundheitssystem, das Deutschland attraktiv für ausländische Fachkräfte mache.

Hier werde gerne auf hohem Niveau gejammert, hat sie festgestellt. "Da ich sehr viel in der Welt herumkomme, habe ich einen Einblick, wie es in anderen Ländern zugeht. Da läuft es in Deutschland schon sehr gut", findet auch Ehemann Luis. Veronica und Luis suchten, obgleich es ihnen in Spanien privat und beruflich gut ging, dennoch nach einer neuen Herausforderung, nicht nur beruflicher, sondern auch kultureller Art. Beide freuten sich auch darauf, mit Deutsch eine fremde Sprache zu lernen.

Beruflich startete Veronica, nachdem sie in Regensburg einen Integrationskurs besucht hatte, ebenso wie ihr Mann bei der Firma Spangler Automation in Töging. "Hier in Dietfurt fühlen wir uns sehr wohl. Die Firma hat uns angeboten, hier zu arbeiten und uns immer sehr viel unterstützt", erklärt die Wahl-Dietfurterin. Die Familie lebt in einem Altbauhaus mit schmuckem Gärtchen. "Wir haben in Dietfurt eine tolle Infrastruktur mit Ärzten, Schulen, Restaurants und Einkaufsmöglichkeiten. Beim Supermarkt sind wir in fünf Minuten, wo wir früher in der Stadt oft eine halbe Stunde dorthin unterwegs waren."

Die Kinder wachsen zweisprachig auf und auf dem Esstisch landen sowohl spanische als auch bayerische Spezialitäten. "Wir sind sehr zufrieden mit unseren Freunden, Bekannten und mit der Nachbarschaft, in der sehr viele junge Familien mit kleinen Kindern wohnen. Wir treffen uns im Sommer oft auf der Straße, grillen oder essen gemeinsam, wie in Spanien, wo das Leben sich auch auf der Straße abspielt. Unsere deutschen Freunde waren auch schon zum Paellaessen bei uns."

Heimweh haben sie nicht allzu viel, sie besuchen die Familie in Spanien ein paar Mal im Jahr und sie sind doch mit ihrer Familie und den Bekannten via Skype und WhatsApp verbunden. "Wir haben hier alles, was wir brauchen."