Dietfurt
Erster Kauf: Warme Socken

Chamilla Herrmann aus Sri Lanka lebt seit 29 Jahren in Dietfurt

15.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:48 Uhr
Immer gut gelaunt: Chamilla Herrmann fühlt sich wohl in ihrer neuen Heimat Dietfurt. −Foto: Foto: Hradetzky

Dietfurt (DK) Seit 29 Jahren lebt Chamilla Herrmann in Dietfurt. Ursprünglich kommt sie aus Sri Lanka. In Rahmen unserer Serie berichtet die 48-Jährige über ihr Herkunftsland und wie sie hier in der Sieben-Täler-Stadt Dietfurt eine neue Heimat gefunden hat.

Aufgewachsen ist sie in Galle, einer Stadt an der Südwestküste Sri Lankas, die vom Tourismus lebt und wo es stets sommerliche Temperaturen hat, wie sie berichtet. Sie hat noch vier Geschwister: drei Schwestern und einen Bruder, ihr Vater ist Lastwagenfahrer und ihre Mutter kümmert sich um den Haushalt. Chamilla Herrmanns Elternhaus liegt nur fünf Minuten vom Meer entfernt. In Dodanduwa hat sie die Schule besucht.

Sie war 19 Jahre alt, als sie eines Tages zu Hause ein Bekannter besuchte, der ihren späteren Ehemann im Schlepptau hatte. Ihr Zukünftiger, der damals 29 Jahre alt war, hatte seinen Urlaub auf der Ferieninsel verbracht. Nachdem er vom Hotel aus eine singalesische Hochzeit beobachtet hatte, stand sein Entschluss fest, nach einer feschen Singalesin Ausschau zu halten. Zusammen mit einem Bekannten ging er auf Brautschau. Der Dietfurter sei aber sehr wählerisch gewesen, erklärt Herrmann. Gemeinsam aßen sie zusammen in Chamillas Elternhaus zu Mittag. Danach steckte ihr Besucher seinem Bekannten, dass er genau diese Frau heiraten wolle. Unterhalten konnten sie sich kaum, da Chamilla Herrmann kein Wort deutsch sprach. "Als ich erfahren habe, dass er mich heiraten will, habe ich nur gedacht: Du spinnst! Ich will keinen deutschen Mann! Vergiss es", erinnert sie sich. Aber ihr späterer Mann blieb hartnäckig. Jeden Tag besuchte er seine Angebetete von Februar bis März, um mit ihr Tee zu trinken, überraschte sie mit kleinen Geschenken, brachte ihr ein Kleid oder schicke Schuhe mit.

Schließlich funkte es auch bei Chamilla Herrmann und am 8. März 1988 heirateten die beiden auf Sri Lanka. Die Hochzeitsreise führte sie ins gebirgige Kandy. "Wir haben uns damals noch auf Englisch unterhalten", meint sie. Am 25. April 1988 übersiedelte die Singalesin nach Töging, wo ihr Mann damals wohnte. "Ich kam hierher, ohne Socken, ohne alles, überall lag Schnee. Ich habe so sehr gefroren! Gleich am Flughafen in Frankfurt, wo ich landete, hat mir mein Mann Socken gekauft." Bald schon hatte sich Chamilla Herrmann in ihrer neuen Heimat eingelebt, anfangs fühlte sie sich alleine, gesteht sie. Mit der Zeit jedoch habe sie viele Freundschaften geschlossen und sich viel mit Menschen getroffen und dabei ihre Sprachkenntnisse erworben. Als ihre Kinder Manuel und Christian (heute 27 und 28 Jahre alt) auf die Welt kamen, intensivierten sich die Kontakte mit Einheimischen noch mehr und Herrmann übte weiter fleißig deutsch.

Als ihre Kinder größer waren, begann sie im ehemaligen Gasthof Stirzer zunächst als Zimmermädchen und später in der Küche zu arbeiten, wo sie 24 Jahre lang beschäftigt war. "Ich habe dort viele bayerische Gerichte kochen gelernt," erklärt sie. "Und auch Chili und Curry mitgebracht", lacht die lebenslustige Frau. Sie liebt mittlerweile Schweinebraten und Rouladen: "Mein Vater ist 85 Jahre alt. Wenn er aus Sri Lanka zu Besuch kommt, koche ich Rouladen und er ist überglücklich!" Trotz des deutschen Essens, das die Singalesin liebend gerne zubereitet, sind Relikte ihrer Heimat noch geblieben. Manchmal und vor allem ihrer Kinder zuliebe, koche sie auch singalesische Speisen. Auch schwarzen Tee mit Milch zu trinken statt Kaffee und dabei zu plaudern, das sei traditionell in Sri Lanka und werde von ihr noch gerne gepflegt. "Ich habe auch buddhistische Figuren und Elefanten zu Hause im Regal als Erinnerung an meine Heimat," meint sie. Den buddhistischen Glauben hingegen lebt sie nicht mehr aus.

Weihnachten feiert sie mit ihrer Familie am 24. Dezember, wohingegen in Sri Lanka das Fest erst am 13./14. April begangen werde, dann aber mit viel Gebäck und kleinen Geschenken. "Das Fest nennt sich Auruda bei uns. Wir kochen dann schön, Freunde kommen vorbei und man verbringt die Feiertage gemeinsam", beschreibt sie. Chamilla. Die mittlerweile Großmutter der dreijährigen Alicia ist, plant gemeinsam mit ihrem Mann die Wintermonate auf Sri Lanka zu verbringen.

Die Insel begeistere ihre Besucher durch die wundervolle Natur und das tolle Klima. "Ich selbst bin jedes Jahr vier Wochen im Januar dort!", betont Chamilla Hermann. Die Menschen auf der Insel seien sehr fröhlich. Sie hätten zwar wenig Besitz, so Chamilla, seien aber sehr zufrieden. "Manche haben nur eine Scheibe Brot und sind sehr glücklich", weiß sie. In Sri Lanka tragen die Leute meist einen Sari, ein etwa sechs Meter langer Stoff, der professionell um den Körper gebunden werde, als offizielle Mode. Die Kinder hätten Schuluniformen: die Jungen eine kurze oder lange blaue Hose mit weißem Hemd und Krawatte und die Mädchen ein weißes Kleid mit roter Krawatte. In Sri Lanka herrsche gerade auf dem Land noch die traditionelle Rollenverteilung vor: Männer gehen arbeiten, die Frauen bleiben zuhause bei den Kindern. Als Mädchen durfte Chamilla früher nicht alleine unterwegs sein, Fahrrad fahren oder im Meer schwimmen. Diese Rollenbilder seien mittlerweile vor allem in den größeren Städten aufgebrochen. "Frauen gehen mittlerweile studieren oder ins Ausland, um sich weiterzubilden. Sri Lanka ist offener geworden", bestätigt sie. Sie selbst ist immer informiert, was die Heimat betrifft: "Ich sehe mir Filme, Serien und die Nachrichten an und weiß, was dort passiert. Beim Kochen höre ich singalesische CDs", berichtet die fröhliche Frau, die von sich sagt, dass sie einfach nicht traurig sein kann. Auch das ist eine Eigenschaft, die sie aus Sri Lanka mitgebracht hat.

Katrin Hradetzky