Beilngries
"Ich glaube an ein neues Afrika"

Die Beilngrieserin Marietou Camara unterstützt Menschen in ihrem Heimatland mit einem Spendenprojekt

11.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:29 Uhr
"Danke": Die strahlenden Kinderaugen und die Dankbarkeit der Menschen seien all die Strapazen bei den Spendentouren wert, betont Marietou Camara (sitzend, links). −Foto: Camara

Beilngries (rgf) Vielen Beilngriesern ist Marietou Camara durch ihr Friseur-Atelier bekannt. Dass die 31-Jährige mit einem Spendenprojekt Menschen in ihrem Heimatland Elfenbeinküste unterstützt, wissen bislang aber nur die Wenigsten. Das soll sich nun ändern. Marietou Camara möchte weitere Unterstützer für das Projekt gewinnen.

Dass ihr Lebensweg sie früher oder später nach Deutschland führen würde, stand für Marietou Camara immer fest. Schon während ihrer Kindheit und Jugend in der Elfenbeinküste nannte sie sich selbst die "Melanin-Heidi", also eine Heidi mit dunkler Hautfarbe. Sie lernte Deutsch in der Schule und kam 2006 - im Jahr der Fußball-Weltmeisterschaft, an der auch die Elfenbeinküste teilnahm - mit einem Visum ganz offiziell nach Deutschland. Heute, gut zehn Jahre später, lebt die 31-Jährige mit ihrem Mann und den zwei Söhnen im neu gebauten Eigenheim "Im Waller" in Beilngries. Marietou Camara betreibt dort ein Friseur-Atelier. Ihre afrikanischen Wurzeln hat sie dabei nie vergessen. Im Gegenteil: Sie hat ein Spendenprojekt ins Leben gerufen, in das sie viel Herzblut investiert.

Ihre soziale Ader entdeckte sie bereits als Heranwachsende, als sie in der Elfenbeinküste noch zur Schule ging. Gemeinsam mit anderen Mädchen habe sie sich für Themen wie Aids-Prävention und Verhinderung von Kinderehen eingesetzt, erzählt Marietou Camara. "Ich war immer die Sprecherin der Gruppe." Ihr sei es immer schon wichtig gewesen, für ihre Überzeugungen einzutreten und tatsächliche Hilfe zu leisten.

Als sie schon längst in Deutschland Fuß gefasst und beispielsweise Erfolge bei bayerischen und deutschen Meisterschaften als Auszubildende zur Friseuse gefeiert hatte, packte sie dieser Ehrgeiz, Gutes zu tun, erneut. Bei einem Treffen mit anderen Afrikanern in Deutschland habe sie viele Klagen gehört, wie ungerecht doch die Welt sei. Jammern und nichts tun, das sei überhaupt nichts für sie, sagt Marietou Camara im Gespräch mit unserer Zeitung. Und so fasste sie den Entschluss, die Ärmel hochzukrempeln und denjenigen zu helfen, die wirklich Hilfe brauchen.

Sie legte sich einen alten Kleinbus zu und füllte diesen mit Spendengütern - vorrangig Sachen für Kinder, beispielsweise Süßigkeiten ("Luxus") und Schulutensilien. Diesen Bus ließ sie per Schiff an die Elfenbeinküste bringen, wo sie selbst dann die Spenden verteilte. Über Kontakte zu nach wie vor dort lebenden Familienmitgliedern wusste sie, wo Unterstützung dringend benötigt wird. Um das zu untermauern, zeigt die Beilngrieserin Bilder. Kinder sind darauf zu sehen, die in kahlen Hütten sitzen und Schulunterricht erhalten - ohne Tafel, ohne Hefte, ohne Stifte. "Die Menschen sind unfassbar dankbar für Unterstützung, das ist ein schönes Gefühl", berichtet Marietou Camara. Während ihrer ersten Spendentour in Afrika habe sie schnell gemerkt, dass es dort mehr zu tun gibt, als man bei einem Besuch leisten kann. Sie fuhr erneut hin. Wasserversorgung mit Brunnen wurde zum großen Thema. Inzwischen wurden unter der Anleitung der Beilngrieserin fünf solcher Projekte, die jeweils gut 1000 Euro kosten, umgesetzt. Sie hat wichtige Ansprechpartner vor Ort, die sich um die Aufgaben kümmern. Außerdem versucht sie, sich neben Geschäft und Familienleben noch einige Tage pro Jahr freizuhalten, um selbst immer wieder nach dem Rechten zu sehen. Weitere Ideen für größere Projekte gibt es bereits: beispielsweise eine Wasserdrainage in einem Feld auf dem Land, wo Frauen Gemüse anbauen. "Ich werde auf jeden Fall weitermachen", betont die 31-jährige Beilngrieserin.

An die große Glocke hat sie ihr Engagement bislang nicht gehängt. Es sei nicht ihre Art, sich in den Mittelpunkt zu stellen. Nun gehe sie den Schritt an die Öffentlichkeit aber doch ganz bewusst, da sie auf weitere Unterstützer hofft. Geldspenden seien ebenso willkommen wie Interessenten, die es sich vorstellen könnten, sich persönlich einzubringen oder gar für ein bis zwei Wochen mit ihr zusammen nach Afrika zu fliegen. "Jede Hilfe ist willkommen", sagt Marietou Camara.

Sie sieht in ihrem Engagement nicht nur eine konkrete Unterstützung für Menschen, denen es nicht so gut geht wie ihr. Sie will auch als Vorbild dafür dienen, dass man es mit harter Arbeit - zunächst in der Schule, dann im Beruf - zu einem erfolgreichen Leben bringen kann. Sie habe mit jungen Menschen in Afrika gesprochen, die eine Flucht nach Deutschland in Betracht ziehen, und ihnen davon abgeraten. Stattdessen habe sie Führerscheine bezahlt oder Nähmaschinen gespendet, um den Menschen vor Ort eine Perspektive zu bieten. Und sie habe darauf hingewiesen, dass Schulbildung der alles entscheidende Faktor sei. Wer etwas gelernt habe, werde auch gebraucht, egal ob in Afrika oder Europa. "Die Kinder sind oft super-intelligent, aber es fehlt an den einfachsten Lernmaterialien." Mit ihrem Engagement will die Beilngrieserin dazu beitragen, dass sich die Situation dauerhaft ändert, denn: "Ich glaube an ein neues Afrika."

In nächster Zeit will Marietou Camara nun verstärkt mit Beilngriesern ins Gespräch kommen und von ihrem Spendenprojekt erzählen. Sie könnte sich einen Afrikatag in der Stadt oder auch Vorträge in Schulen vorstellen. Für jegliche Kontaktaufnahme steht sie persönlich in ihrem Atelier sowie per E-Mail-Nachricht an die Adresse ateliercamara2017@gmail.com zur Verfügung. Auf diesem Wege kann auch das Spendenkonto erfragt werden.