Kinding
"Ein echtes Juwel"

Der Landkreis Eichstätt saniert die mehr als 200 Jahre alte "steinerne Brücke" in Kinding

17.06.2020 | Stand 02.12.2020, 11:09 Uhr
Der in den 1970er-Jahren aufgebrachte Zementputz hat dem historischen Bauwerk geschadet und wird gerade nach und nach entfernt. Die Aufnahme entstand Anfang April zu Beginn der Sanierung. −Foto: Lund

Kinding - "Wo findet man im weiten Umkreis noch solch schöne Brücken, ganz aus Stein erbaut, mit sechs elegant geschwungenen Jochbögen?

Da muss man schon weit gehen. Selbst die großmächtige steinerne Donaubrücke in Regensburg ist nicht viel prächtiger als die von Kinding an der Altmühl." Mit diesen begeisterten Worten stellt der Heimatforscher Elmar Ettle aus Kipfenberg in seinem Buch "Wasserreiter und Feuerläufer" (1999) die Geschichte der unter Denkmalschutz stehenden "steinernen Brücke von Kinding" vor, die einst die Altmühl überspannte.

Bei einem Ortstermin informierten sich Kindings Bürgermeisterin Rita Böhm, Kreisheimatpfleger Karl Heinz Rieder, Christian Süppel, Untere Denkmalschutzbehörde, sowie Johannes Heimhuber über die bislang durchgeführten Maßnahmen bei Melanie Ittner, Büro Burges und Döhring Ingenieure.

Die Brücke ist eine der wenigen noch erhaltenen historischen gewölbten Altmühlbrücken und geht auf das späte 18. Jahrhundert zurück. Mitte der 1960er-Jahre wurde ein Brückenneubau flussabwärts dem modernen Autoverkehr übergeben. Seitdem hatte die "steinerne Brücke" ihre Nutzung und Bedeutung als Verkehrsverbindung verloren. Da auch das Bett der Altmühl verlegt wurde, steht sie seitdem in der Flutmulde bei Normalwasserführung im Trockenen. Der damalige Landrat Hans Pappenberger erkannte die Brücke als Juwel und setzte sich für den Erhalt des Bauwerkes ein. Der Landkreis Eichstätt übernahm 1968 die Unterhaltslast. Eindringendes Wasser und die Witterung haben an dem Bauwerk seitdem gezehrt. Nachdem im Winter 2017/18 große Schäden am Mauerwerk zu verzeichnen waren, musste die Brücke gesperrt werden. An ein Betreten war nicht mehr zu denken. Auf ein Schadensgutachten aufbauend, ließ der Landkreis Eichstätt ein Instandhaltungskonzept entwickeln. In diesem Frühjahr begannen die umfangreichen Baumaßnahmen, damit die historische Brücke in Zukunft wieder von den Bürgern genutzt werden kann.

In der ersten Phase der Sanierungsarbeiten wurde die in der Nachkriegszeit aufgebrachte Asphaltdecke entfernt. Zum Erstaunen und zur Freude des Kreisheimatpflegers kam unter dieser Schicht das historische Kopfsteinpflaster hervor. Deutliche Spurrillen zeugen von der intensiven Nutzung durch Fuhrwerke in früheren Zeiten. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hat auch die Asphaltdecke zum Verfall geführt, da das Oberflächenwasser aufgrund fehlenden Gefälles nicht abfließen konnte. Diese Staunässe führte zu ständigen Witterungsschäden in der Brüstung und den Brückenbögen. "Der letzte Brückenbogen war die mit Abstand schlechteste Partie", weiß Kreisheimatpfleger Karl Heinz Rieder. Hier fehlten Steine im Brückenbogen, die Brüstung bröckelte. Auf dem bestehenden Bogen konnte man nicht aufbauen, sodass dieser Teil neu aufgemauert werden musste. Dafür wurden extra Werksteine aus frostsicherem "Treuchtlinger Marmor" (Juramarmor), die auch schon bei seiner Erbauung verwendet wurden, verbaut. Den Unterschied zum alten Mauerwerk sieht man an diesem Brückenabschnitt deutlich. Für das Verpressen der Risse und Hohlräume im Mauerwerk der Brücke hätte sich Rieder eine andere Vorgehensweise gewünscht. Denn die Löcher zum Verfüllen wurden statt in die Fugen und Fehlstellen oftmals in den massiven Stein gebohrt. Erst im Nachgang wurde der Zementputz entfernt und die porösen und leicht zugänglichen Zwischenräume wurden sichtbar. Der Zementputz, der in den 70er-Jahren aufgetragen wurde, hat zur Durchfeuchtung des Mauerwerks beigetragen und zu weiteren Schäden geführt, erklärt Rieder. Daher sei es wichtig, den vorhandenen Putz abzunehmen und die Fehlstellen auszumauern. Die Fugen sollen anschließend vollflächig mit einem Kalkmörtelgemisch verfugt werden und sichtbar bleiben. Auch die Maueranker aus Schmiedeeisen, die schon zur Erbauungszeit gesetzt waren, sollen wieder sichtbar werden. Die Abdeckung der Brüstung wird mit frostfestem Jurastein erneuert. Auch der historische Fahrbahnbelag soll so restauriert werden, dass das Wasser von den Brückenwangen ferngehalten wird und nicht in jede Ritze eindringt. "Die Kunst ist, ein Fugenmaterial zu finden, dass das Wasser nicht durch jede Ritze lässt", erklärt Christian Süppel. "Es ist ein großartiges Bauwerk, ein echtes Juwel", begeistert sich Rieder immer wieder im Rahmen der Besichtigung. Die Brücke war ein wichtiges Verbindungsstück von der fürstbischöflichen Residenz in Eichstätt über die Fürstenstraße nach Haunstetten und zum fürstbischöflichen Jagdschloss in Hirschberg. Dieser Abschnitt war auch Teil der überregionalen "Chaussee zwischen Eichstätt und Amberg", berichtet Bürgermeisterin Rita Böhm. Nach der Sanierung soll nun geprüft werden, wie die Brücke in ein touristisches Konzept eingebracht werden kann. Denn um welch ein prächtiges Bauwerk es sich bei der steinernen Brücke von Kinding handelt, davon sollen sich Bürger und Gäste am besten selbst überzeugen.

Die steinerne Brücke, an deren Plänen der Baumeister Mauritio Pedetti mitgearbeitet hatte, hat bereits zur Zeit ihrer Errichtung viel Geld gekostet. Die alte Holzbrücke wurde bei den zahlreichen Überschwemmungen der Altmühl immer wieder beschädigt. Die Reparaturen waren aufwendig. Daraus entwickelte sich der Wunsch nach einer steinernen Brücke, die wie in Pfünz den starken Hochwassern standhalten würde. Im Jahr 1775 beschloss die Baukommission des fürstlichen Kammerrates die Genehmigung des Brückenbaus. Zur Realisierung des Bauwerks mussten Gemeinde und Bürger tief in die Tasche greifen. Die Kosten von 1100 Gulden würde der Fürstbischof vorschießen. Im Wert von 500 Gulden überließ die Gemeinde dem Fürstbischof 28 1/3 Tagwerk Wald, die auf den Kredit angerechnet wurden. Die ersten hundert Gulden mussten noch im Herbst desselben Jahres getilgt werden. Die restlichen 500 Gulden sollten jährlich zu je 75 Gulden abgezahlt werden. Da die Gemeinde außerstande war, das fürstliche Darlehen zurückzuzahlen, wurden die Kindinger Bürger aufgefordert, die jährliche Brückenschuld abzutragen. Die von Elmar Ettle herangezogene Quelle besagt, dass die Brücke im Jahr 1777 fertiggestellt wurde.

Allerdings hat bereits im Jahr 1784 ein Hochwasser mit Eisstoß die Brücke so stark beschädigt, dass sie fast eingestürzt wäre. Dieses Unglück kostete die Gemeinde nochmals fast 400 Gulden. Eine Finanzierung aus Brückenzoll wurde von der Hofkanzlei abgelehnt, sodass die Kosten erneut auf die Bürger umgelegt wurden. Diese Geschichte kann die "stainerne Brücke" von Kinding auch nach mehr als 200 Jahren noch erzählen. (Literatur: Elmar Ettle: Wasserreiter und Feuerläufer, 1999.)

DK