Ein Breitenbrunner wandelt sich zum überzeugten Europäer

Der CSU-Kommunalpolitiker Benedikt Habermann aus Rasch verbringt eine Woche im EU-Parlament

22.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:11 Uhr
Beobachtete die Arbeit im EU-Parlament: Benedikt Habermann aus Breitenbrunn. −Foto: Foto: Habermann

Breitenbrunn (swp) Eine Woche im Europäischen Parlament hat Benedikt Habermann, der Vorsitzende des CSU-Ortsverbandes Breitenbrunn, verbracht.

Dabei traf der chrsitsoziale Kommunalpolitiker aus dem Ortsteil Rasch auch den Europaabgeordneten Albert Deß (CSU). Jetzt hat er dem DONAUKURIER geschildert, welche Eindrücke er bei dieser Reise gewonnen hat und was er besonders interessant fand.

Habermann ist ein politisch sehr interessierter Mann. Seit März vergangenen Jahres steht er an der Spitze des CSU-Ortsverbandes Breitenbrunn. Während seiner Zeit mit Deß im EU-Parlament durfte er nach eigenen Worten erfahren, dass die Europäische Union viel mehr ist als nur eine Versammlung von Politikern, die sich Reglementierungen und Gesetze ausdenkt, die bei den Menschen häufig auf wenig Akzeptanz stoßen. "Man trifft dort keine schick gekleideten Politiker an, die bei Kaffee und Kuchen hochgestochene Diskussionen über krumme Gurken führen, vielmehr sieht man durchweg gewählte Mandatsträger in Eile, die versuchen, für ihre Interessen und Überzeugungen genügend Mitstreiter zu finden", berichtet Habermann.

Gleich am ersten Tag sei er mit der Vielfalt der europäischen Themen konfrontiert worden, als an einem Nachmittag über Heringsbestände in der Ostsee genauso intensiv diskutiert worden sei, wie über fehlende Junglandwirte, die Lage im Gazastreifen und den Status von Jerusalem, die Vermeidung der Manipulation von Kilometerzählern in Kraftfahrzeugen oder die drohenden US-Strafzölle auf Stahl und Aluminium. "Was als Leser dieser Themen schon schwierig klingt, ist als Zuhörer mit all den vorgetragenen Fakten und Meinungen der Abgeordneten noch schwieriger", sagt der CSU-Politiker und ergänzt: Wenn man sich vor Augen halte, dass 751 Abgeordnete, aufgeteilt in sieben Fraktionen aus 28 Ländern, in 24 unterschiedlichen Sprachen an diesen komplexen Diskussionen teilnehmen, könne man als Außenstehender und Zuhörer nur den Hut ziehen.

"Eine der schönsten Erfahrungen, die ich als politisch Interessierter im EU-Parlament machen durfte, war die ausgeprägte Demokratie, welche die Gesetzgebung der Europäischen Union bestimmt" , erzählt Habermann. Er verdeutlicht diese Aussage mit einem Vergleich: "Im Bundestag wird nach den Wahlen von den vermeintlich klügsten Köpfen der neuen Regierungsparteien ein Koalitionsvertrag ausgehandelt. In den kommenden vier Jahren gibt es somit für die von der Spitze vorgegebenen Standpunkte eine Mehrheit im Parlament und das Papier kann mehr oder weniger erfolgreich abgearbeitet werden. " Dies sei im europäischen Parlament gänzlich anders. Es gebe hier weder Regierung, noch Opposition. Jeder Abgeordnete stehe mit seiner Stimme selbst für seine Region, seine Standpunkte und Themen. So sei es durchaus üblich, dass ein Abgeordneter für einen persönlichen Antrag zu einem bestimmten Thema, sich im Parlament eine Mehrheit selbst suchen müsse. Da komme es dann auch nicht immer darauf an, ob die Mitstreiter grün, rot oder schwarz seien. Es gehe um die Sache selbst. "Dazu braucht es dann nicht nur Überzeugungskraft, sondern vor allem auch gute Arbeit und gute Gesetzesvorschläge. Hier wird noch richtig um die Sache selbst gekämpft, nämlich das Beste für die Europäische Union und deren über 500 Millionen Bürger zu erreichen. "

Die neben den Gesetzgebungen wohl wichtigste Errungenschaft der Europäischen Union zeigte sich Habermann bei der Anreise nach Straßburg über die deutsche Stadt Kehl. Zwischen den beiden Städten, die durch den Rhein und die darin verlaufende Staatsgrenze zwischen Deutschland und Frankreich getrennt sind, werden Brücken gebaut, die zu einem Übertritt in das Nachbarland einladen. Eine Brücke für Fußgänger, eine für Autos und Lastwagen, eine dritte für die Straßenbahn sowie eine weitere für den Eisenbahnverkehr. "Das war in den vielen Jahren der Geschichte der Region Elsass nicht immer der Fall, Feindschaft und Krieg bestimmte oft genug das Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich", erinnert Habermann und stellt fest: "Doch über 70 Jahre Frieden in Europa ist ein wunderbarer Grund, die EU als Geschenk für alle Mitgliedsstaaten und deren Bürger zu bezeichnen. " Dass Frieden nicht überall auf der Welt selbstverständlich ist, zeigten die täglichen Nachrichten. "Der Krieg im Parlament mit Bleistift und Papier ist mir als jungem, europäischem, deutschem und zu guter Letzt bayerischem Bürger wesentlich lieber als einer mit Waffen. "

Habermann verbindet seine Eindrücke mit einem Dank an Albert Deß und dessen Mitarbeiterin Heidi Rackl. "Sie haben mir diesen tiefen Einblick in das Parlament der Europäischen Union ermöglicht. Schade, dass Deß in der nächsten Periode nicht mehr kandidiert, er ist ein engagierter Politiker für unsere Region. "

Abschließend erzählt Habermann noch: "Ich habe mir beim Reiseantritt darüber Gedanken gemacht, was ich auf die Frage nach meiner Herkunft antworte. Nenne ich meinen Heimatort Rasch, die Marktgemeinde Breitenbrunn, den Landkreis Neumarkt oder das Bundesland Bayern? Die Antwort kommt sicherlich auf die Herkunft des Gesprächspartners an, aber sicher ist auch, dass wir uns in den wenigsten Fällen als Europäer fühlen oder dies als Herkunft angeben würden. " Diese Einstellung habe sich bei ihm geändert, meint Habermann. Er fühle sich mehr denn je als Europäer und bekräftigt, dass er das vor dem Antritt seiner Reise nicht für möglich gehalten hätte.