Dietfurt
Hörgerät im Müll und Hornisse im Helm

Moritatensänger begeistern mit den Missgeschicken der Dietfurter ihr Publikum

05.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:51 Uhr

Die Moritatensänger haben am Sonntagabend ihre Jubiläumstournee durch die Dietfurter Wirtshäuser absolviert. Alle Wirtshäuser waren brechend voll. - Fotos: Palm

Dietfurt (DK) Es ist Sonntagabend. Die Dietfurter Wirtschaften sind brechend voll. Der Grund: Die Moritatensänger sind unterwegs, um nach altem Brauch die Faschingswoche in Bayrisch-China einzuläuten.

Kaum ein Brauch ist in Dietfurt so gut besucht, wie der Auftritt der Bänkelsänger am Sonntag vor dem Unsinnigen. Das ist auch heuer so bei ihrem 50. Auftritt. Die Wirtshäuser sind schon Wochen vorher ausgebucht. Ein paar Kurzentschlossene schauen, ob sie noch einen Platz finden. Spannung liegt in der Luft, als die Moritatensänger dann mit lautem Glockengebimmel die Wirtschaft betreten. Keiner weiß, wer dran kommt. Zunächst schauen sich die Moritatisten um, ob der eine oder andere da sitzt, der ausgesungen wird.

Sofort gehört den vier Männern in schwarzen Fracks und mit Zylinderhut die ungeteilte Aufmerksamkeit. Schließlich will keiner etwas verpassen. "Ruft laut Hurra, die Moritaten sind da", so begrüßen sie ihr Publikum. Danach stellen sie sich vor: "Texten und dichten, frei von der Leber, das ist unser Martin Neger. Schöne Bilder malt er und am Kreuzberg wohnt er, das ist unser Martin Huber. Er ist so zierlich und so brav, gemeint ist unser Stephan Graf. Er spielt die Quetsch'n und das nicht zu schnell, gemeint ist der Stefan Röll." Die vier Herren sind in Dietfurt keine Unbekannten. Vor sieben Jahren gingen sie in dieser Formation zum ersten Mal. Martin Huber ist vor vier Jahren zu der Truppe gestoßen.

Das erste Lied zur Melodie von "Einst ging ich am Ufer der Donau entlang" handelt von einem Maler, der eine Haustüre geschenkt bekommt. Weil er sie nicht ganz umsonst will, bietet er an, dafür Flur und Treppenhaus zu streichen. Gesagt, getan. Natürlich hilft der alte Besitzer der Türe beim Einbau mit. Doch weil die Tür zu groß ist, werden kurzerhand einige Ziegelsteine aus der Hausmauer gebrochen. Von der Breite her passt alles ganz gut, doch die Höhe stimmt nicht. Sie arbeiten bis nach Mitternacht, den Rest der Nacht bewacht der Hausherr sein Mauerloch. Am nächsten Tag fährt der Handwerker zum Baumarkt. Er findet eine, die seinen Kriterien entspricht, und nimmt sie mit nach Dietfurt. Aber jetzt ist das Loch für die Türe zu groß. Eine Steinreihe wird wieder dran gemauert. Am Schluss gibt es ein Happy End. Das Mauerloch ist zu, die Türe passt.

In der zweiten Moritat darf das Publikum mitsingen. Zuerst wird der Text einstudiert: "Trulla Trulla Trullala, Trulla, Trulla Trullala, alle fahr'n nur oaner laaft, bis er a neis Auto kaft." Hier geht es um den Manager eines Fuhrparks, dessen Sohn ein Auto hat, das zum TÜV muss. "Kein Problem", sagt der Papa, "ich fahre es für dich vor". Er bringt das Auto zum TÜV, doch leider ist es noch zu kalt, so dass keine Abgaswerte genommen werden können. Er dreht den Motor hoch, bis er ausgeht und nicht mehr anspringt. Weil er glaubt, dass die Batterie leer ist, lässt er das Auto zu einer Werkstatt bringen. Hier wird ein Motorschaden festgestellt. Zumindest die TÜV-Gebühr hat er sich gespart. Aber weil der Sohn nun kein Auto mehr hat, nimmt er das vom Papa. Der steigt um auf den Roller. Als er den Helm aufsetzt, sticht ihn eine Hornisse in den Kopf. "Kaum ist er vom Helm befreit, er gleich auf das Radl steigt", heißt es dann. Aber bei dem geht die Gangschaltung nicht. Am nächsten Tag möchte er wieder mit dem Roller fahren. Als er den startet, bemerkt er, dass der Reifen platt ist. So bleibt ihm nichts anderes, als zu Fuß zu laufen.

Die vorletzte Moritat handelt von einem Dietfurter Stadtrat, der nach einer Radtour noch in der Nachbarkommune einkehrt. Auf dem Weg nach Hause vermisst er sein Hörgerät. Er fährt zurück, findet es aber nicht. Zu Hause angekommen findet er das gesuchte Stück auf dem Küchentisch. Er setzt es ein und schaut sich einen Film an. Weil die Musik so laut ist, nimmt er es wieder ab. Dann knackt er ein paar Walnüsse und legt die Schalen auf eine Zeitung. Bevor er zu Bett geht, wickelt er die Nussschalen darin ein und entsorgt sie in der Mülltonne. Die fährt er gleich an den Straßenrand, weil sie am nächsten Tag entleert werden soll. Am nächsten Morgen vermisst er das Hörgerät, bis ihm einfällt, wo es sein könnte. Er rennt nach draußen, wo die Müllabfuhr gerade dabei ist, die Tonne zu entleeren. In letzter Minute schafft er es, das Hörgerät aus der Zeitung mit den Nussschalen zu fischen.

Weihnachtliche Klänge stimmten die Moritaten beim letzten Stück an. Es handelt von einer Fahrschule, die ihre Weihnachtsfeier für die Mitarbeiter mit Angehörigen schon Ende November abhält. An just diesem Sonntag ist auch Weihnachtsmarkt in Dietfurt. Der Inhaber der Fahrschule sieht auf dem Weg zu seinem Auto, das er wegen des Marktes am Feuerwehrhaus geparkt hat, seine Schwiegereltern vorbeifahren. Er denkt sich, dass sie vor dem Besuch der Weihnachtsfeier noch zum Tanken fahren. Aber die suchen das Wirtshaus. Nachdem sie vor dem ersten etwa zehn Minuten draußen gewartet haben, kommt die Wirtin heraus, um ihnen zu sagen, dass sie heute nicht auskochen.

Weil sie ihren Schwiegersohn Richtung Griesstetten haben fahren sehen, vermuten sie die Weihnachtsfeier dort. Aber auch da ist es finster beim Wirt. In ihrer Not versuchen sie, den Schwiegersohn mit dem Handy zu erreichen. Doch der hat gerade keinen Empfang. Da versuchen sie bei der Tochter, die in einem Dietfurter Modehaus arbeitet. Hier herrscht striktes Handyverbot, weshalb der Herr Papa direkt im Geschäft anruft. Der Besitzer holt die gewünschte Person ans Telefon, die weiß, dass die Weihnachtsfeier in Oberbürg stattfindet, wo beide mit einer Stunde Verspätung beim Weihnachtsessen ankommen.

Wie es Brauch ist, lassen die Bänkelsänger am Schluss ihren Hut kreisen. Mit der Bitte, ihnen lustige Episoden zuzutragen, verabschieden sie sich mit lautem Gebimmel bis zum nächsten Jahr, denn schließlich sind es insgesamt acht Wirtshäuser, wo sie sehnsüchtig erwartet werden.