Beilngries
Schwimmende Holzhäuschen und "abfällige Kritik"

Der Verschönerungsverein war an der Entwicklung der Badekultur in der Altmühlstadt maßgeblich beteiligt

14.09.2018 | Stand 02.12.2020, 15:40 Uhr
Badefreunde kommen in Beilngries seit über 100 Jahren auf ihre Kosten. −Foto: Verschönerungsverein (Archiv)

Beilngries (rnr) Der Beilngrieser Verschönerungsverein feiert heuer sein 125-jähriges Gründungsfest.

In einer eigens zu diesem Ereignis angefertigten Chronik finden sich unzählige Aktivitäten, welche von den rührigen Vereinsmitgliedern in Angriff genommen wurden und die bis heute das Stadt- und Landschaftsbild prägen. In einer kleinen Serie möchte der DONAUKURIER einzelne "Verschönerungsmaßnahmen" vorstellen.

Maßgeblich für die Entstehung einer Siedlung im Bereich des heutigen Beilngries dürfte wohl nicht zuletzt der vorhandene Wasserreichtum gewesen sein. Mit Sulz und Altmühl war eine der wichtigsten Lebensgrundlagen stets reichlich vorhanden. Die kühlen Fluten rund um Beilngries dürften aber gerade in Sommerzeiten nicht nur als Viehtränke oder zum Wäsche waschen genutzt worden sein. Wie ein Blick in die Chronik des Verschönerungsvereins verdeutlicht, lockte besonders die Altmühl seit jeher Badefreunde an.

Bereits im 15. und 16. Jahrhundert spielten öffentliche Bäder in der Altmühlstadt eine große Rolle, durch die Verbreitung ansteckender Krankheiten verloren diese aber wieder an Bedeutung. Anhand alter Unterlagen aus dem Stadtarchiv konnte der frühere Kreisheimatpfleger und Stadtarchivar Max Künzel nachweisen, dass es aber ab 1861 wieder einen öffentlichen Freibadeplatz oberhalb der Altmühlbrücke gegeben hat. Für die "Oberschicht" entstand 1866 eine eigene Badeanstalt in Form von zwei schwimmenden Badehäuschen. Die Holzkonstruktionen dienten als Sichtschutz für die Badenden. Wenige Jahre nach seiner Gründung nahm sich der Verschönerungsverein 1896 dieser Badeanstalt an. Mit der Begründung, "in geleseneren Zeitungen durch Inserate auf die außerordentlich schöne Lage der Stadt und die herrlichen Spazierwege, prächtigen Waldungen und die friedliche Ruhe hinzuweisen", und der Überzeugung, "dass auf solche Weise sich ein für die Stadt sehr vorteilhafter Fremdenverkehr entwickeln wird", beantragte der Verein die Genehmigung zur Errichtung einer Männerbadeanstalt. Den damals vorherrschenden Moralvorstellungen entsprechend, war der Badebetrieb natürlich streng geregelt. Als später auch Frauen das Bad nutzen durften, sorgten vorgegebene Badezeiten für eine strikte Geschlechtertrennung. Die Aufweichung dieser getrennten Badezeiten im Jahre 1925 löste große Angst um die sittliche Moral aus. In einem Schreiben an den Verschönerungsverein wurde vom Stadtrat angemerkt: "Die Zustände im hiesigen Altmühlbad sind Gegenstand abfälliger Kritik in weiten Kreisen unserer Bevölkerung. Während die Badezeit für Männer und Frauen seither geteilt war, hat sich im heurigen Jahre entgegen der öffentlich bekanntgegebenen Badeordnung die Gepflogenheit herausgebildet, die Badeanstalt ohne Unterschied von Geschlecht und Alter zu benützen. " Der Klage, "dass dies im Hinblick auf Art und Beschränkung des Bades mit Sitte und Brauch nicht vereinbar ist", folgte eine ausführliche Stellungnahme seitens Verschönerungs- und Verkehrsvereins. Die schriftliche Retourkutsche enthielt unter anderem den Hinweis, "dass der Verschönerungsverein doch mit Befriedigung Kenntnis geben kann, dass trotz gewaltigen Andranges und gemischten Badens Anstößigkeiten, wie solche anderweitig in Beilngries alltäglich sind, im Altmühlbade nicht vorkamen".

Noch bis 1955 betreute der Verschönerungsverein die beliebte Badeeinrichtung, immer wieder musste saniert oder erweitert werden. Eine enorme Herausforderung, wie die Vereinsaufzeichnungen berichten. Die Einnahmen aus dem Verkauf deckten wohl nur selten die Kosten für Unterhalt und Modernisierung, 1955 wurde das Bad an den Fußballclub Beilngries übergeben. Dieser wiederum trat die Einrichtung einige Jahre später an die Stadt ab.

Mit dem Bau des Freibades im Jahr 1969 verlor die Altmühl ihre Bedeutung als Schwimmbad. Doch auch heute zeugen die schattigen Bäume auf der Altmühlinsel vom Wirken des Verschönerungsvereins. Und hie und da kann man noch Jugendliche und Nostalgiker beim erfrischenden Bad im Naturgewässer der Altmühl beobachten. Längst verschwunden und vergessen sind dagegen die schwimmenden Sichtschutzbauten aus Holz, mit denen die gesittete Beilngrieser Badekultur an der Altmühl ihren Anfang nahm.