Beilngries
Die kunterbunte Welt der Musicals

Von "Grease" bis "Tanz der Vampire": Das Beilngrieser Publikum wird gut unterhalten

11.11.2018 | Stand 23.09.2023, 4:55 Uhr
Wer in den vorderen Reihen saß, konnte sich nie sicher sein, nicht doch wieder in die Aufführung einbezogen zu werden. So "durften" zwei Zuschauer bei "Grease" mittanzen. −Foto: Adam

Beilngries (DK) Was ist ein Musical? Spätestens nach dem ersten Auftritt wussten am Samstagabend in der Bühler-Halle alle Zuschauer von "Musical Moments" Bescheid: Gesungen wird viel, dramatisch muss es sein ("ein Problem, ein Problem"), viel gestikuliert und getanzt wird - und das alles in schöner Choreografie, "so ganz zufällig alle im gleichen Schritt". Damit war eigentlich alles gesagt. Oder gesungen.

Und trotzdem: Was dann auf die Gäste zukam, war doch angenehm anders. Eine Gefühlsachterbahn führte die Zuschauer durch über drei Stunden Programm. Leidenschaftliche Emotionen wie beim "Phantom der Oper" oder dem "Glöckner von Notre Dame" wechselten sich ab mit rasanten Einlagen bei "Grease" über "We will rock you" und "Mamma Mia" bis hin zu Klassikern wie Udo Lindenbergs "Hinter dem Horizont" oder "Mit 66 Jahren" von Udo Jürgens. Und dazwischen gab es viel zu Lachen. Denn nicht einfach Lied für Lied wurde beim Ensemble des gebürtigen Niederländers Espen Nowacki abgespult, sondern von einem Musical-Stück zum anderen übergeleitet, mit viel Humor und überraschenden Wendungen. Beispiel? Da sitzen Aladin und seine Liebste auf dem fliegenden Teppich, schweben singend und schmachtend durch die Wolkenkulisse und landen schließlich wieder unsanft auf der Erde - und in der Realität mit dem Spruch Aladins: "Du bist zu schwer."

Das Publikum hatte seinen Spaß mit den frechen Sprüchen in den Überleitungen - und das Lachen verging auch nicht, wenn die Zuschauer selbst mit eingezogen wurden. Zwei Herren durften beispielsweise auf die Bühne, wurden in passende Perücken und Kleidung gesteckt und "durften" dann mittanzen. Wer in den ersten Reihen saß, konnte sich nie sicher ein, was gleich wieder geboten sein würde - bis hin zu einer nymphomanen Nonne bei "Sister Act", die sich zu gern einen Herren aus dem Publikum gesucht hätte. Gruselig stürzten die Darsteller derweil bei "Tanz der Vampire" von hinten durch die Publikumsreihen auf die Bühne und tanzten leichtbekleidet und viel beklatscht bei der "Rocky Horror Show" in den Gängen. Kleine Gags wie die Überleitung nach der Pause, als die Darsteller per Whatsapp - übertragen auf die große Leinwand - überall zusammengesucht wurden, unterhielten gut.

Bei allem Spaß waren auch die gesanglichen Leistungen der Musicaldarsteller sehr hochklassig, durchaus nicht einfach für die Sänger, die binnen weniger Minuten von ruhigen Stücken zu rockig-fetzigen Tönen wechseln mussten. Die passenden Kostüme und das Bühnenbild mit großen Einblendungen auf der Leinwand schafften es dazu nicht nur akustisch, sondern auch optisch spielend, die Zuschauer vom Märchenschloss aus dem Musical "Ludwig II" nach Argentinien zu "Evita" und in den wilden Westen von "Pocahontas" zu versetzen. Mitgetanzt und mitgeklatscht wurde natürlich viel - die passenden Anleitungen gab Espen Nowacki in humorvoller Weise und ergänzte dann: "Wenn das nicht klappt, kein Problem, zappeln sie einfach mit, wir hier heroben sehen das eh nicht so genau." Kein Wunder, dass bei solchen Sprüchen und schwungvoll-mitreißenden Stücken das Publikum am Ende Zugaben forderte - und bekam. "Wollt ihr nicht heimgehen?", fragte Nowacki und erhielt ein zigfaches "Nein" als Antwort. Besser können Künstler nicht betätigt werden, mit ihren Auftritten den richtigen Ton zu treffen.

Regine Adam