Beilngries
"Bewusst werden, worauf es wirklich ankommt"

Von wegen Coronapartys: Junge Erwachsene aus der Region machen sich Gedanken zur aktuellen Situation

02.04.2020 | Stand 23.09.2023, 11:28 Uhr
Paulina Skrobanek
Komplett verwaist sind derzeit beliebte Treffpunkte der Jugend wie Skaterplatz und Co. ? die Freizeit spielt sich vornehmlich in den eigenen vier Wänden ab. −Foto: F. Rieger

Beilngries - Klorollen haben sie nicht gehamstert und Coronapartys finden sie rücksichtslos. Klischees erfüllt die junge Generation in und um Beilngries also schon mal nicht. Aber wie nehmen die jungen Leute die aktuelle Situation wahr? Eine Reihe von ihnen hat unserer Zeitung dazu Auskunft gegeben.

"Ich finde, die Ausgangsbeschränkung war eine unvermeidliche Maßnahme. Die Menschen sind leider nicht vernünftig mit der Situation umgegangen und haben dadurch viele Menschenleben gefährdet. Ich ärgere mich auch über solche Coronapartys, zum Glück bin ich nicht zu solch einer Party eingeladen worden", erklärt Ludmilla Kim (22) aus Beilngries. Ähnlich sieht das Maximilian Hoffmann (22). "Wenn nur so bewirkt werden kann, dass jeder den Ernst der Lage versteht und von unnötigen Aktivitäten zu Hause bleibt, gibt es keine andere Option. Ich bleibe zu Hause, sollte ich rausgehen, meide ich jeglichen Kontakt zu anderen Menschen." Alina Bergmann (21) aus Ingolstadt kann sich der Meinung nur anschließen: "Ich gehe selbst eigentlich nur noch zum Einkaufen aus dem Haus. In meinem Bekanntenkreis gab es aber einige, die es nicht verstanden haben, wenn man ein Treffen abgesagt hat. Im Moment geht es nicht mehr um jeden alleine, es geht um die Gemeinschaft."

Ähnlich sieht das auch ihre Uni, die KU Eichstätt. Hier ist der Vorlesungsbeginn verschoben worden, die Bibliotheken sind geschlossen. "Da wird mit nicht mehr viel zu rechnen sein dieses Semester. Das ist natürlich schade für alle, die ihre Bachelorarbeit machen wollen, so wie ich. Aber den Bachelor kann ich auch in einem halben Jahr machen, wichtiger ist, dass die Leute hier vernünftig versorgt werden", so Alina Bergmann.

Auch Maximilian Hoffmann muss seine Bachelorarbeit jetzt im Homeoffice in Beilngries schreiben. Seine Fachhochschule in Neu-Ulm hat den Semesterstart verschoben. Johannes Walter (24) macht seinen Techniker in Neumarkt. Seine Schule setzt auf Online-Unterricht. "Wir haben zurzeit drei bis vier Meetings pro Woche. Aber die Arbeitsaufträge für diese Woche sind Stoff genug, dass man auch drei Wochen damit auskommen könnte." Ähnlich stressig ist es bei Nadine Kratschmer (22), die in Dietfurt arbeitet. "Ich muss jetzt auch an Berufsschultagen ganz normal in die Arbeit gehen, gleichzeitig aber den Schulstoff zu Hause nachholen. Das ist tatsächlich sehr belastend, gerade in Hinblick auf meine Abschlussprüfungen."

Ina Bum (21) aus Beilngries muss weiterhin ins Büro fahren. "Aber es wird immer ruhiger, da wir seit 16. März keinen persönlichen Kundenkontakt mehr haben und immer mehr Kollegen ins Homeoffice gehen." Auch ihr Bruder Lukas (23) fährt wie gewohnt in die Arbeit. Trotzdem merkt er an: " Ich bin schon der Meinung, dass in den vielen Geschäften, die derzeit schließen müssen, Schäden entstehen." Angst, dass er und seine Generation Letztere mit ausbaden muss, hat er nur bedingt.

"Schwere Schäden" für die Wirtschaft befürchtet Maximilian Hoffmann: "Wenn alle Seiten entschlossen und pragmatisch handeln, kann die Situation abgemildert werden, aber sie wird sicherlich für alle Beteiligten in irgendeiner Art spürbar werden." Ludmilla Kim sieht im wirtschaftlichen Stillstand auch etwas Positives: "Die Umwelt hat jetzt die Chance, sich zu erholen." Auch Johannes Walter blickt zuversichtlich in die Zukunft. "Die Wirtschaft wird sich wieder erholen. Wir haben in Deutschland viele erfolgreiche Unternehmen, die diese Krise überleben und wieder weiterwachsen werden." Weiterwachsen sollte auch das deutsche Gesundheitssystem, so Maximilian Hoffmann. "Es ist zwar gut, aber an manchen Stellen besteht noch Nachbesserungsbedarf. Das Krankenhauspersonal sollte besser bezahlt und mehr wertgeschätzt werden, auch das Personal in der Pflege." Dem schließt sich Ludmilla Kim an: "Wir sollten die Arbeiter, die unser System am Laufen halten, mehr wertschätzen. Das sollte sich auch in ihrem Gehalt widerspiegeln. Sie sind diejenigen, die die Gesundheit und das Leben anderer über ihre eigene Gesundheit stellen."

Neben der körperlichen Gesundheit darf man aber auch die psychische nicht vergessen. Julia Körndl (21) aus Altmannstein ist in Beilngries zur Schule gegangen und studiert jetzt Soziale Arbeit. Sie hat eine besondere Bitte: "Nehmt Kontakt auf zu euren älteren Mitmenschen, zu Mitmenschen, denen es psychisch nicht so gut geht, zu allen euren Liebsten. Ruft an, macht Videochats, schreibt Briefe, zeigt, dass ihr da seid. Sie verweist auf Notfallnummern wie die Telefonseelsorge (0800) 1110111/(0800) 111022, ein Hilfetelefon bei Gewalt gegen Frauen (0800) 116016, ein Kinder- und Jugendtelefon (0800) 1110333 sowie eine Sucht- und Drogenhotline (01805) 313031.

Und vielleicht könne die Gesellschaft durch das Virus auch etwas lernen: "Familie, Freunde, der gegenseitige Zusammenhalt und unsere Gesundheit sind so wichtig. Wir leben in Deutschland in einem privilegierten Land! Corona zeigt uns, wie wichtig es wäre, dass in jedem Land in Ausnahmesituationen die medizinische Versorgung und die Grundversorgung sichergestellt werden können." Diese Meinung teilt auch Nadine Kratschmer: "Vielleicht ist Corona wenigstens dazu gut, dass wir die Privilegien, die wir haben, wieder zu schätzen wissen. Und uns bewusst werden, worauf es im Leben wirklich ankommt." Dazu passt auch gut ihr Tipp für die Wochenenden zu Hause: "Wir sollten wieder unser Umfeld wahrnehmen und schätzen lernen. Egal, ob wir hier von einem Spaziergang an der frischen Luft in unserer schönen Heimat oder einem Kartenspiel oder gemeinsamen Filmeabend mit der Familie reden - sich auf das zu besinnen, worauf es wirklich ankommt, hilft am allermeisten: Gesundheit und die Umgebung von Menschen, die einen lieben."

DK

Paulina Skrobanek