Beilngries
Schwere Zeiten für Fußwallfahrer

Gemeinsamer Pilgergang nach Breitenbrunn ist heuer unmöglich - Beilngrieser erinnern sich an besondere Erlebnisse

25.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:18 Uhr
  −Foto: Hieke (Archiv)

Beilngries - Zweimal im Jahr rückt der Heilige Sebastian besonders ins Bewusstsein der Beilngrieser Katholiken: Im Januar an seinem Gedenktag halten sie ihm zu Ehren eine Andacht und ziehen in kleiner Prozession betend rings um den Altstadtkern.

Und am Pfingstmontag. Schon im Jahr 1634 gelobten Bürger der Stadt eine jährliche Fußwallfahrt, wenn sie vor der Pest verschont bleiben würden. Jahr für Jahr machen sich seither Gläubige auf den 13,5 Kilometer langen Fußweg zur Kirche des Heiligen Sebastian nach Breitenbrunn. Sehr oft wurden sie von den jeweiligen Kaplänen begleitet, die dann dort um 9 Uhr den Wallfahrtsgottesdienst feierten. Verschiedene Vorbeter sorgten für eine gewisse Gebets- und Gesangsordnung auf dem knapp vierstündigen Hinweg. Zurück gingen in den vergangenen Jahren derweil immer weniger Fußwallfahrer.

Heuer hat das Coronavirus gravierende Auswirkungen auf die beliebte Wallfahrt. In großer Gruppe kann definitiv nicht marschiert werden, allenfalls sind zeitversetzt Einzel-Wallfahrten möglich. Unsere Zeitung möchte aber davon unabhängig an diesen besonderen Brauch erinnern - indem mehrere treue Pilger zu Wort kommen.

Eine lange und intensive Familientradition bedeutet diese Wallfahrt für Willy Meyer. Er ist vor über 40 Jahren mit seiner Mama das erste Mal dabei gewesen. "Damals hat mich der Bittl Toni ein Stück getragen, weil ich so viele Blasen an den Füßen hatte", erinnert sich der heute 53-jährige Grundschullehrer. Seine Tochter Ida wiederum nahm er im selben Alter erstmals mit und auch seine Frau Andrea kam als Nicht-Beilngrieserin auf "Wallfahrtsgeschmack". "Mein Onkel, der Oberbürgermeister von Neuburg an der Donau, Bernhard Gmehling, lässt es sich nicht nehmen, sich jedes Jahr am Pfingstmontag pünktlich um 5 Uhr bei der Pfarrkirche St. Walburga zum Abmarsch einzufinden. "

Familie Erhard Schmidt hatte seit über 40 Jahren die Aufgabe der organisatorischen Rahmenbedingungen übernommen, unter anderem Biertisch- und Bierbankbeschaffung für die Rastplätze auf Hin- und Rückweg. Nach Schmidts Tod kümmerte sich Familie Anton Keckl mit Johannes Schmidt darum. "Für die Rast in Muttenhofen räumt die Familie Hiemer immer die Garagen, sodass die Wallfahrer, die verschwitzt nach dem Anstieg von Unterbürg herauf ankommen, sich kurz erholen können. Manche freuen sich schon immer auf die hervorragenden Küchel, die Frau Hiemer mit einer Tasse Kaffee anbietet", verrät Keckl. Der 72-Jährige erzählt auch vom 350. Jubiläum, für das Pfarrer Harrer eine Kerze aus dem Eichstätter Kloster St. Walburg bestellt hatte. Sie steht ebenso in der Sebastianskirche wie die aus dem Jahr 2009, die Katharina Karch als damalige Pfarrgemeinderatsvorsitzende mit Bürgermeisterin Brigitte Frauenknecht tragen durfte und die von Maria Kargl aus Dietfurt gefertigt worden war.

Karch ist in den 1980er Jahren von Eichstätt nach Beilngries gezogen und hat den Gang nach Breitenbrunn durch andere kennen gelernt. "Als konservative, traditionsbewusste Katholikin und Naturmensch habe ich Bittgänge und Wallfahrten immer schon gern gemacht", sagt sie. "Für mich ist es eine Kraftquelle sondergleichen, am Pfingstmontag über Berg und Tal durch die Flur zu marschieren, in der alles sprießt, blüht und wächst. Ich nehme dann die Schöpfung Gottes besonders wahr. Gerade heuer kommen wir ja auch dem einst gegebenen Gelübde sehr nahe. Meine drei Jungs habe ich jeweils im Erstkommunionjahr mitgenommen, sie waren viele Jahre dabei, schließlich auch als Fahnenträger", beschreibt die pensionierte Religionslehrerin ihre Einstellung.

"Zwar ist die Pest heute Geschichte, aber die aktuelle Corona-Situation zeigt uns wieder einmal die Grenzen menschlichen Handelns und unserer Möglichkeiten auf", meint der Beilngrieser Bürgermeister Helmut Schloderer. Er machte sich schon mehrfach als Lautsprecherträger auf den Weg. "Für mich ist die Wallfahrt nach Breitenbrunn eine spirituelle Reise in einer Gemeinschaft, in der jeder seine persönlichen Anliegen mitträgt und dennoch gemeinschaftlich und betend ein Ziel verfolgt. Dabei führt der Weg zu einer Zeit durch die Schöpfung, in der sie gerade dazu ansetzt, ihre ganze Pracht auszubreiten. Und so ganz nebenbei ist mir in der Pause beim Batznhäusel auch der Austausch mit den Mitpilgern, unter anderem mit meinem Neuburger Amtskollegen, lieb gewordene Tradition", gibt Schloderer bereitwillig Auskunft.

DK