Dietfurt
Chronist des Chinesenfaschings

Der Maler Matthias Schlüter schenkt der Stadt Dietfurt 24 Skizzen von Maschkerern

07.06.2019 | Stand 02.12.2020, 13:47 Uhr
In einem kleinen Skizzenbuch entstehen am Unsinnigen Donnerstag in Dietfurt die Bilder, die der Künstler Matthias Schlüter auf die Schnelle vom turbulenten Treiben fertigt. −Foto: Hradetzky

Dietfurt (khr) Der Künstler Matthias Schlüter aus Dietfurt führt immer Utensilien zum Malen bei sich. So auch heuer als Zuschauer beim chinesischen Faschingsumzug am Unsinnigen Donnerstag, an dem er in Windeseile einige Skizzen von mitlaufenden Maschkerern anfertigte. Diese 24 Skizzen hat der Maler nun der Stadt Dietfurt geschenkt.

 


Skizzen über den Dietfurter Chinesenfasching hat er in den vergangenen Jahren viele erstellt. Dabei greift Schlüter stets auf schwarze Farbstifte zurück. "Ich habe ein ausgesprochen fotografisches Gedächtnis und weiß, was auf mich zukommt", berichtet der Künstler über seine Portraitarbeiten während des Trubels im Chinesenfasching.

Seit er vier Jahre alt ist, male er: "Während die anderen Fußball gespielt haben, habe ich gezeichnet", sagt er schmunzelnd. Darin habe er viel Übung und Routine. Schließlich muss es während des Umzugs sehr schnell gehen, Gesichter und Gesichtsausdrücke schwarz auf weiß festzuhalten. Meist steht er dann vor seinem Lieblingswirtshaus beim Scheippl oder hält sich innen auf - an seinem Lieblingsplatz, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung verrät. "Der Chinesenfasching ist großartig. Es gibt so viel zu sehen, alles ist so fantasiereich. Ich kann nur lobende Worte dafür finden, wie aufwendig die Maskeraden immer wieder aufs Neue hergestellt werden", berichtet er. "Gerade die Kindergartenkinder berühren mein Herz, da habe ich immer Tränen in den Augen."

 

Hat Schlüter erst einmal eine Szenerie erfasst und binnen Sekunden zu Papier gebracht, kann es durchaus sein, dass zu Hause im Atelier noch mit Farbe aquarelliert wird. "Seit 1986 mache ich Skizzen. In dem Jahr war ich zum ersten Mal bei meinem Bruder in Tansania." Dies sei eine sehr spannende Erfahrung für ihn gewesen, schließlich würden die Afrikaner immer lachen, wenn sie merken, dass sie gezeichnet werden. "Das finden sie einfach toll und bekommen einen Lachanfall - über den merkwürdigen Weißen mit Block und Stift in der Hand." Schlüter blickt zurück und sieht diese Reaktion im freundlichen Wesen der Afrikaner begründet. Womöglich denken sie, er könne ja doch auch fotografieren, das sei viel einfacher.

Schon in seiner Kindheit sei die Familie viel verreist, unter anderem nach Italien, Spanien oder in die Türkei. Die große Reisefreude ist Schlüter erhalten geblieben und er befindet sich circa vier bis fünfmal pro Jahr im Ausland, war immer wieder in Afrika oder Brasilien. In seinem Fundus stapeln sich inzwischen 300 Skizzenbücher, die er fein säuberlich durchnummeriert und archiviert hat.

Im Fasching portraitiert er alles, was im Umzug vorbeiläuft oder ins Wirtshaus Scheippl, das er so authentisch findet, so hereinspaziert: Vom Clown über den Cowboy bis hin zum Teufel. Er erkennt auch nach Jahren noch die gezeichnete Person wieder. "Das ist der Cowboy Peter", deutet er auf eine Skizze und kann sich dabei aufgrund seines optischen Gedächtnisses komplett in die vergangene Situation hineinversetzen. Warum gerade Skizzieren? Dies könne man vergleichen mit dem Verhalten von Musikern, die schnell mal ihr Instrument nehmen und ein bisschen herumklimpern.

So zückt auch Schlüter schnell seinen Stift und bringt Szenen spontan aufs Papier. Überhaupt sei Spontanität der wichtigste Beweggrund für das Entstehen von Skizzen, die binnen ein oder zwei Minuten fertig sind. "Ich skizziere alles, was mir vor die Augen kommt", gesteht er. Anders verhält es sich bei seinen großflächigen Bildern, die in seinem Atelier in Beratzhausen entstehen. Hier werden Großformate in Acryl, Mischtechnik oder Collagen durchgearbeitet und entstehen in einem intensiven Arbeits- und Schaffensprozess. "Malen ist harte Arbeit", gesteht er. Das Schöne an der Malerei sei aber die Freiheit, denn hier sei alles möglich und man könne unterschiedliche Materialien und Papiere verwenden.

Matthias Schlüter hat in Berlin an der Hochschule der Künste sein Studium der freien Malerei und Grafik im Jahr 1980 abgeschlossen. Er ist streng zu sich selbst. "Man selbst hat einen gewissen Qualitätsstandard, dem man gerecht werden will", versichert er, denn sonst mache man sich seinen Namen kaputt. Sich selbst bezeichnet er als nicht melancholisch, anders als dies bei vielen seiner Künstlerkollegen oft der Fall sei. "Ich habe große Freude am Malen. Die Freude, die ich am Leben habe, fließt mit ins Bild ein. Ein Tag an dem ich nicht male, ist ein verlorener Tag", lautet sein Liebesgeständnis an die Malerei und er fügt hinzu: "Ich bin dankbar, dass ich soviel Glück habe und mir die Kraft zum Malen in die Wiege gelegt wurde."

Die Schenkung der Skizzen an die Stadt ist für den Wahl-Dietfurter aus Berlin, der seit 1980 in Bayern lebt und arbeitet, selbstverständlich: "Weil ich mich hier sehr verwurzelt fühle, ist die Schenkung der Skizzen an die Stadt Dietfurt auch eine Verbeugung an Dietfurt." Er würde sich freuen, wenn seine Skizzen und auch ein paar großformatige Bilder, die er über den Chinesenfasching erstellt hat, demnächst einmal im Rahmen einer Ausstellung der Öffentlichkeit gezeigt würden.