Beilngries
Von Zwiebeltretern und dem Beil im Gries

Ein Heft aus dem Jahr 1956 gewährt Einblicke in die Beilngrieser Welt der Sagen und Legenden

12.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:49 Uhr

Foto: Fabian Rieger

Beilngries (DK) Wieso heißen die Beilngrieser Zwiebeltreter? Und was hat es mit dem Beil im Gries auf sich? Da man am Faschingsdienstag nicht alles ganz so ernst nehmen muss, wagt unsere Zeitung einen launigen Blick in die Welt der Beilngrieser Sagen und Legenden.

Es ist ein kleines Stück Beilngrieser Geschichte, das eine treue Leserin unserer Zeitung vor Kurzem in der Beilngrieser Redaktion abgegeben hat. Die Rede ist von einem Heftchen, das unter dem Titel "Beilngrieser Heimatbogen" veröffentlicht wurde. Herausgegeben wurde es von der "Lehrerschaft des Landkreises Beilngries" unter dem Motto "Sagen und Legenden aus unserem Heimatkreis". Das Jahr der Veröffentlichung ist nicht angegeben. Ein Blick in das Archiv unserer Zeitung gibt aber Aufschluss. Das Heft wurde im Jahr 1956 publiziert. Es sollte nicht zuletzt eine wichtige Grundlage des Heimatkundeunterrichtes bilden, wie der DONAUKURIER damals schrieb.

Unter den Mitgliedern besagter Lehrerschaft finden sich bekannte Namen: Hans Schöpf, Karl Meyer, August Schönhuber, Josef Brodkorb, Josef Stadler, Anni Winter, Josef Kraus, Fritz Schattenhofer, Ernst Hackl und Klaus Hickl. Die schönen Zeichnungen, die in dem Heftchen enthalten sind, stammen aus der Feder von Josef Kraus.

26 Sagen und Legenden sind auf 20 Seiten dargestellt. Es geht um Goldschätze, einen Reiter ohne Kopf, ein versunkenes Schloss und das viel beschriebene "Beil im Gries". Einige dieser Geschichten spielen im Berchinger Raum, eine Handvoll betrifft derweil das aktuelle Beilngrieser Gemeindegebiet. Letztere Geschichten sollen in der Folge aufgelistet werden. Und selbst wenn dabei nicht nur harte Fakten zugrunde liegen, ermöglichen die Sagen und Legenden doch einen Einblick in die Welt der Geschichten, die in Beilngries seit Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten erzählt und überliefert werden.

 

DIE ZWIEBELTRETER

Alle zwei Jahre im Oktober feiert man in der Altmühlstadt mit tausenden Besuchern den Zwiebelmarkt. Dass ausgerechnet die Beilngrieser so ein Faible für die scharfe Knolle haben, ist den Überlieferungen zufolge kein Zufall. Den Spitznamen "Zwüfelatscha" hat man sich wohl redlich verdient. "Als die Stadtbefestigung ihre Bedeutung verloren hatte, der Stadtgraben immer mehr versumpft und schließlich ausgetrocknet war, wuchs vor den Mauern der Stadt sehr viel Schilf", heißt es in dem Heft. Die Ratsherren dachten, dass es sich um Zwiebelschlotten handelte. Den Bürgern wurde aufgetragen, die vermeintlichen Zwiebeln umzutreten. Und so kam es, wie es kommen musste: "Bald wimmelte der Graben von fleißigen Arbeitern, die mit Hingabe alles Grüne umlegten. Die des Weges kommenden Fremden sahen mit Vergnügen dem Treiben zu und lachten herzlich über die Torheit der Beilngrieser Bürger." Der Name "Zwiebeltreter" ist seitdem fest mit den Beilngriesern verbunden.

 

DAS BEIL IM GRIES

Das Sagen-Heft liefert aber nicht nur eine Erklärung zum Spitznamen, sondern auch zur amtlichen Bezeichnung der Stadt. Wieso heißt Beilngries eigentlich Beilngries? Der Sage nach wollten zwei Bürger aus dem Geschlecht der Grafen von Hirschberg eine Stadt gründen. Allerdings wurden sie sich nicht einig, wo man diese ansiedeln könnte. "Schließlich vereinbarten sie, ihre Streitäxte von ihrer Burg auf dem Hirschberg in das Tal zu schleudern und die Stadt an der Stelle zu erbauen, wo diese hinfielen." Die Beile sollen im Schwemmgeröll von Sulz und Altmühl, dem sogenannten "Gries", zum Liegen gekommen sein. Der Standort war gefunden - und der Sage nach auch der Name "Beilngries".

 

DER GLOCKENHÜGEL

In einer anderen Überlieferung geht es um Kottingwörth, genauer gesagt um "den welligen Hügel rechts der Altmühl, in dessen Nähe der steile Weg über die Winterleite hinaufführt nach Paulushofen". Dieser habe den lange Zeit geläufigen Namen "Glockenhügel" nicht ohne Grund erhalten, so die Recherche der damaligen Lehrerschaft für den Beilngrieser Heimatbogen. Darin heißt es: "Es mag viele hundert Jahre her sein, da wollte der Bischof von Eichstätt die große Glocke der Dorfkirche von Kottingwörth für seinen Dom." Nur äußerst widerwillig kamen die Bürger und ihr Pfarrer dieser Forderung nach. Die Glocke wurde heruntergeholt und auf einen "Bruckwagen" gepackt. "Jammernd begleiteten viele das Fuhrwerk noch weit über das Dorf hinaus", heißt es in der Überlieferung. Und weiter: "Über die Altmühlbrücke ging's, um die Straße zu erreichen, die damals von Griesstetten kommend über Kirchanhausen nach Eichstätt führte." Als irgendwann die Räder besonders tief in den Boden drückten, wurde die erste Rast eingelegt, um die Gäule verschnaufen zu lassen. Wehmütig schauten die Fuhrleute zurück zu ihrem leeren Kirchturm. Und plötzlich kam ihnen der Geistesblitz: "Wir sagen einfach, die Gäule zogen nicht mehr an, der Weg war zu schlecht." So ging es zügig zurück ins Dorf, und schon am Abend hing die Glocke wieder in ihrem Turm. Der Ort, an dem man sich umentschieden hatte, wurde fortan Glockenhügel genannt.

 

DER HUNGERVOGT

Recht brutal soll es derweil vor Jahrhunderten auf dem Pfennighof-Areal am Arzberg über Kottingwörth zugegangen sein. Die Geschichte, die über ein Jagdschloss überliefert ist, das den Fürstbischöfen von Eichstätt gehört und zu Zeiten des Dreißigjährigen Krieges dort gestanden haben soll, könnte glatt als Handlung eines Kinofilms durchgehen. Der damalige Vogt soll ein äußerst unangenehmer Zeitgenosse gewesen sein. Während in den Dörfern ringsum bitterste Armut herrschte, soll er auf dem Schloss in Saus und Braus gelebt haben. "Seine Reiter waren Tag für Tag unterwegs, um dem bedrückten Landvolk auch noch das Letzte zu nehmen", heißt es in der Überlieferung. Auf das Flehen der hungernden Bevölkerung um ein wenig Essen ging der Vogt überhaupt nicht ein. Doch das sollte ihm irgendwann zum Verhängnis werden. "Eines Tages kam vom Tal herauf eine Frau, abgezehrt und früh ergraut, mit ihren zwei hohlwangigen Mädchen." Einer der Knechte des Vogts erkannte das Trio als seine Mutter und seine beiden Schwestern. Doch er konnte ihnen nicht helfen. Der Vogt ließ die drei Hungernden verjagen. Wenig später starben sie, wie der arme Knecht erfuhr. Als sich dann ein paar Tage später erneut eine Gruppe verzweifelter Landbewohner dem Tor zum Jagdschloss näherte, ließ sie der Knecht heimlich hinein. "Mit hölzernen Knüppeln in den Fäusten bemächtigten sie sich des Vogtes und seiner Frau, schleppten sie in die Speisekammer und ließen sie vor der großen Mehltruhe niederknien. Der Knecht öffnete die schwere, eisenbeschlagene Kiste." Der Vogt und seine Frau mussten dann ihre Köpfe über den Rand der Mehltruhe beugen - "und im selben Moment zerschmetterte der niedersausende Deckel ihre Nacken". In den folgenden Tagen plünderte die hungernde Bevölkerung alle Vorräte, ehe das "verfluchte" Jagdschloss niedergebrannt wurde.

 

DAS VERSUNKENE DORF

In der Nähe von Oberndorf und Kevenhüll soll es einst einen Ort namens Frankendorf gegeben haben. Die Bewohner sollen damals - genau wie die Kevenhüller - sonntags stets zu Fuß in die Kirche nach Plankstetten gegangen sein. Als wieder einmal ein solcher Kirchgang anstand und fast das komplette Frankendorf verwaist war, passierte es der Überlieferung nach: "Mit einem Mal hat sich der Erdboden gesenkt und Häuser, die zurückgebliebenen Leute und auch das Vieh sind untergegangen." Am Tag darauf soll noch einmal ein Hahn kräftig aus dem Erdloch herausgekräht haben, ehe es für immer vorbei war mit dem Frankendorf.

 

DER GEHEIME GOLDSCHATZ

Der Teufel höchstpersönlich soll derweil das Dorf Arnbuch heimgesucht haben. Zum Verhängnis wurde das einem geizigen Bauern, der seine ersparten Goldmünzen unbedingt vor allen anderen Menschen verstecken wollte. Auch seine Angehörigen sollten nichts von dem Reichtum erfahren, der gebühre ihm ganz allein, so die Überzeugung des Bauern. Die Münzen versteckte er im Gebälk seines Scheunenbodens. "Doch der Teufel sah die Goldstücke auch aus dem hintersten Scheunenloch noch glitzern und glänzen. Jeden Tag um die Abendzeit stieg er die Leiter hinauf und bewunderte die Dukaten." Doch eines Tages soll der Bauer den Teufel gesehen haben. Als er nach dem Gold schaute, war es schon zu spät. Belzebub und Gold waren verschwunden. Der Bauer besprengte die teuflische Stelle sofort mit Weihwasser. "Nun wagte sich der Böse nicht mehr heran. Doch auch das Geld wurde nie mehr gefunden."