Beilngries
Mehr Schatten als Licht

Von "fantastisch" bis "schnulzig": Bei Amazing Shadows zeigt sich das Publikum gespalten

12.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:57 Uhr

Dramatische Leinwandbilder und die amerikanische Vorstellung von Deutschland: Das Publikum durfte die Protagonisten des Abends, Anni und Johnny, bei Amazing Shadows auf einer Weltreise begleiten, zu Bergen, Meeren - und zum Schuhplattln in den Biergarten. - Fotos: Adam

Beilngries (DK) Es gab hochklassige Artisten, eine romantische Liebesgeschichte, glitzernde Sterne, funkelnde Berge, leuchtende Sonnenuntergänge und schimmernden Wüstensand. Nur der Funke ins Publikum wollte nicht überall überspringen beim Schattenspielspektakel von The Silhouettes.

Anni und Johnny lernen sich schon als kleine Kinder kennen und werden ein Liebespaar. Was sie erleben, gemeinsam oder auch getrennt, bis hin zum Happy End mit Hochzeit und dem ersten Baby, davon erzählen die Akrobaten von The Silhouettes in ihrer eigenen Sprache. In der wortlosen Sprache der Schatten.

Anni und Johnny erkunden die Welt, besuchen den Eiffelturm und Stonehenge, das Taj Mahal, das Brandenburger Tor, ägyptische Pyramiden, die Tower Bridge und das Märchenschloss Neuschwanstein. Spektakuläre Bilder bekommt das Publikum so auf einer Leinwand zu sehen, romantisch untermalt von passender Musik. Und davor - Schatten. Schatten, die eben diese Bauwerke aus menschlichen Körpern scheinbar mühelos bauen. 15 Artisten agieren dafür hinter der Leinwand, verbiegen sich und tanzen, verschmelzen binnen weniger Sekunden von einzelnen, getrennten Menschenkörpern zu einer großen Einheit. Neben Gebäuden, Tisch und Sessel, Bett und Babywiege, bilden sie so geschickt Tiere, wie einen Hund, der eifrig mit dem Schwanz wedelt, eine Katze, die ihre Krallen ausfährt, eine Kuh auf der Alm, eine Qualle im Meer oder ein Pferd mit romantischer Hochzeitskutsche. Faszinierend wechselt so Szene um Szene, während ein Sprecher das Geschehen begleitet.

In der Casting-Show "America's Got Talent" erreichten The Silhouettes mit ihrem Schattentanz das Finale und rissen die Zuschauer zu wahren Begeisterungsstürmen hin. Auch in Beilngries bemüht sich die Truppe um die Gunst des Publikums. Trotzdem fällt der Applaus eher verhalten aus, was sicher weniger an der Leistung der Artisten, als an der rosa-Herzchen-betonten Inszenierung selbst liegt, die in manchen Teilen fast unfreiwillig komisch wirkt.

So sind die Reaktionen der Zuschauer auf den ungewöhnlichen Abend sehr geteilt. Begeistert ist ein Paar, das für die Aufführung eigens aus Ingolstadt gekommen ist. "Es ist, wie wir es erwartet haben. Toll, wie die Artisten so detailgetreu die Figuren darstellen können, das kostet sicher viel Kraft und Körperbeherrschung." Eine Beilngrieserin erweist sich als Kennerin dieser Kunst: "Ich habe schon zwei Aufführungen solch großer Schattentheater gesehen, mich fasziniert das und ich finde es auch heute hier fantastisch." Weniger glücklich zeigt sich eine Dame aus Neumarkt, die mit ihrer Tochter zu Amazing Shadows gekommen ist. "Mir ist das alles zu amerikanisch, zu schnell, zu bunt, zu laut. Es wird Szene um Szene abgespult, ohne wirklich auf Details oder Akrobatik zu achten", moniert sie, erhält aber Widerspruch von ihrer Tochter: "Gerade das gefällt mir. Ich finde, es ist lustig." Ein Beilngrieser Paar hat sich die Schattenaufführung komplett anders vorgestellt, "mit mehr Akrobatik. Das alles ist so betont romantisch und schnulzig, dass es schon fast weh tut."

Eine Reise nach Deutschland steht selbstverständlich mit auf der Route von Anni und Johnny. Und zur Erheiterung der Zuschauer schuhplatteln plötzlich grotesk die Schatten auf der Leinwand, während im Hintergrund ein großes "Biergarten"-Schild leuchtet. In dramatischen Feuerszenen verletzt sich Johnny und wird durch seine kleine Tochter wieder ins Leben geholt. Wie zuvor übrigens Anni, die sich erst durch den Ring von Johnny und den damit verbundenen Heiratsantrag von einem gescheiterten Ausflug ins Hollywoodbusiness erholt. Die heile amerikanische Welt ist damit gerettet und die Zuschauer behalten immerhin hoffentlich die Leistungen von hochklassigen Tänzern und von "amazing" - also erstaunlichen - Schattenkunstwerken in Erinnerung. Auch ohne fliegende Herzchen.