Beilngries
Die "eiserne Rosa" aus Beilngries

Rosa Aschenbrenner: Erinnerung an eine ebenso streitbare wie bedeutende Frau in der Geschichte der bayerischen Politik

08.02.2019 | Stand 23.09.2023, 5:54 Uhr
Die Rosa-Aschenbrenner-Anlage nahe der Brand-Kreuzung erinnert noch heute an die berühmte Tochter der Stadt. −Foto: Adam

Beilngries (DK) An diesem Samstag jährt sich ihr Todestag: Die Beilngrieserin Rosa Aschenbrenner starb vor 52 Jahren, am 9. Februar 1967. Hand aufs Herz - wer kennt Rosa Aschenbrenner heute noch in ihrer Heimatstadt? Nur wenige. Dabei ist die Geschichte dieser streitbaren, geradlinigen Frau eine ganz besondere.

Geboren wird Rosa Aschenbrenner am 27. April 1885 in einfachste Verhältnisse als erstes von acht Kindern des Uhrmachers und Landwirts Karl Lierl in Beilngries. Die älteste Tochter sein, das bedeutet zu dieser Zeit: früh Verantwortung übernehmen, sich um die jüngeren Geschwister kümmern, im Haushalt mitarbeiten. Aber wohl auch: lernen, sich durchzusetzen. Prägend für ihre spätere Gesinnung sind zudem die Aktivitäten ihres Vaters, der Vorstand des katholischen Arbeitervereins, der heutigen KAB, ist. Die Familie wohnt im Badturm und dem Wohngebäude direkt gegenüber. Von 1891 bis 1898 geht Rosa Aschenbrenner zur Volksschule. Sie würde gern, das erzählt sie später, weiter lernen, Lehrerin werden oder auch Schneiderin. Dazu reichen die finanziellen Verhältnisse der Eltern nicht, Rosa arbeitet in der Landwirtschaft mit, verdient sich nebenbei Geld durch Nähen und Stricken.

Als Dienstmädchen geht sie nach Nürnberg und München, tritt dort einem Frauenbildungsverein bei und als sich 1908 die SPD als damals einzige Partei für Frauen öffnet, wird sie Mitglied. In München lernt sie den Seemann Hans Aschenbrenner kennen, heiratet 1909 und bekommt mit ihm Sohn Hans.

Damit könnte sie - wie in ihrer Zeit üblich - als Hausfrau und Mutter, als Hilfe für ihren Mann, mit dem sie ein kleines Friseurgeschäft führt, ihr Leben verbringen. Stattdessen tritt Rosa Aschenbrenner 1917 der kriegsgegnerischen USPD (Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands) bei, gehört dort zum linken Flügel und beginnt, sich politisch für die Arbeiterschicht zu engagieren. 1920 zieht sie für die USPD als Abgeordnete in den ersten bayerischen Landtag nach dem Krieg ein. Ein Jahr später tritt sie mit der Mehrheit der USPD in die KPD (Kommunistische Partei Deutschlands) über, ist ab 1924 erneut im Landtag, wo sie sogar den Vorsitz der Fraktion übernimmt.

Den Mund verbieten lassen, sich anpassen, sich gar unterordnen - das ist zu keiner Zeit die Welt der rhetorisch gewandten Rosa Aschenbrenner, die keine Scheu hat, anzuecken mit ihrem ausgeprägten persönlichen Gerechtigkeitssinn. Aschenbrenners Reden im Landtag sind schnell berühmt-berüchtigt. Ihre deutliche Ausdrucksweise provoziert häufig Zwischenrufe, sie argumentiert schlagfertig und ironisch, nicht selten polemisch und bayerisch-deftig, womit sie so manches Mal für Heiterkeit im Plenum sorgt.

1928 kommt es zum Bruch mit der KPD, die sie unter heftigen Anfeindungen ihrer bisherigen Parteifreunde schließlich verlässt. Im Landtag kann sich "die eiserne Rosa" halten, zunächst als Parteilose, 1930 bis 1932 wieder für die SPD. Ganz willkommen ist die streitbare Frau allerdings auch hier nicht, das "unbequeme Mitglied" wird 1932 von der SPD nicht mehr zur Wiederwahl in den Landtag aufgestellt. Kein Grund für Aschenbrenner, ihr politisches Engagement zurückzunehmen. Im Gegenteil. Nach der Machtübernahme der NSDAP 1933 kommt sie für drei Monate in Schutzhaft, 1937 wird sie erneut vier Monate wegen des Vorwurfs, "feindliche ausländische Radiosender gehört und diese Meldungen weiterverbreitet zu haben", inhaftiert.

Zurückhaltung ist Rosa Aschenbrenner aber auch weiterhin ein Fremdwort. Es ist nie eín Parteibuch, dem sie folgt, sondern scheinbar einzig ihre tiefe Überzeugung als Sozialistin. Von 1946 bis 1948 vertritt sie erneut die SPD im bayerischen Landtag, ab 1948 gehört sie dem Münchner Stadtrat an, wo sie sich unter anderem im Ausschuss für Soziales und im Ausschuss für Gesundheit engagiert. Sie gilt als blitzgescheit, witzig und schlagfertig, aber auch als polternd und herrisch. "Kettenrauchend, Unmengen von Kaffee trinkend, immer an einem Kleidungsstück strickend, auch während der Sitzungen", so ist es heute über sie nachzulesen.

1955, zu ihrem 70. Geburtstag, wird Rosa Aschenbrenner noch öffentlich gefeiert, sogar als "Gußeiserne Stadtmutter" Münchens. Wenige Monate später aber gerät sie zwischen die Fronten der neuen und alten Zeit: Wegen ihrer kommunistischen Vergangenheit und ihrem noch immer ausgeprägten Klassenbewusstsein wird sie in Zeiten des kalten Krieges misstrauisch beobachtet. Als sie sich - als erklärte Kriegsgegnerin - 1956 für einen weiteren Dialog mit dem kommunistischen Regime in Moskau einsetzt, hat dies das Ende ihres Stadtratsmandats zur Folge. Bis zu ihrem Tod 1967 mit 82 Jahren engagiert sich Aschenbrenner weiter in einem Münchner Bezirksausschuss.

In München gibt es in Erinnerung an die "außergewöhnliche Persönlichkeit, die in der Unabhängigkeit ihres Denkens und Unerschrockenheit ihres Handelns als Vorbild dienen kann", wie der damalige Münchner Bürgermeister Hans-Jochen Vogel Aschenbrenner in einem Nachruf bezeichnet, einen Rosa-Aschenbrenner-Bogen im Stadtteil Schwabing. In Beilngries erinnert ein Straßenschild "Rosa-Aschenbrenner-Anlage" mit entsprechender Infotafel an die bedeutende Beilngrieser Persönlichkeit.

Regine Adam