Beilngries
"Auf dem Berg meiner Träume"

Die Extremkletterer Ines Papert und Luka Lindic berichten in Beilngries von ihrer Passion

22.01.2019 | Stand 02.12.2020, 14:48 Uhr
  −Foto: Patzelt

Beilngries (pa) Zu einer beeindruckenden Multimediaschau hatte die Beilngrieser Nepalhilfe ins Haus des Gastes eingeladen. Rund 150 Besucher begleiteten die beiden Extrembergsteiger und Eiskletterer Ines Papert und Luka Lindic in die fantastische Welt der Bergriesen. Das Motto lautete "Alpinism on the Edge of dreams".

"Das neue Jahr beginnt für uns weltmeisterlich", meinte das Gründungsmitglied der Nepalhilfe, Christian Thumann, in seiner kurzen Begrüßung. Konnte er doch mit der gelernten Physiotherapeutin Ines Papert eine viermalige Weltmeisterin im Eisklettern willkommen heißen. Auch der 30-jährige Luka Lindic gehört zu den Top-Stars der Kletterszene.

Papert und Lindic freuten sich, die Nepalhilfe mit ihrem Vortrag "zu 100 Prozent" unterstützen zu dürfen. "Wir waren selbst in Nepal und haben die Auswirkungen des schweren Erdbebens mitbekommen. Das hat uns sehr mitgenommen", erläuterte die Alpinistin. Und Lindic fügte hinzu: "Es ist schön, dass wir durch unseren Vortrag etwas beisteuern können."

Papert begann die Multimediaschau mit folgenden Worten: "Wir gehen immer wieder an die Grenzen. Manchmal merkt man, dass man ein Stück zu weit gegangen ist und man muss wieder ein Stück zurück gehen. Aber die Leidenschaft treibt uns immer wieder an."

Nach einer Expedition auf den Kyzyl Asker, einen 5800 Meter hohen Bergriesen in Tian Shan an der kirgisisch-chinesischen Grenze, wurde aus den beiden nicht nur eine Seilpartnerschaft, sondern auch eine Lebenspartnerschaft. Bereits zweimal, 2010 und 2011, hatte Papert versucht, diesen Berg zu bezwingen - allerdings erfolglos. Gemeinsam mit Lindic sollte sich nun der Traum der Alpinistin erfüllen. "Angekommen auf dem Berg meiner Träume war dies ein perfektes Erlebnis. Es war schließlich der höchste Punkt, den ich jemals erreicht hatte", geriet Papert auch zwei Jahre nach der Besteigung noch ins Schwärmen.

"Wunderbare Momente" hatten die beiden auch am Piz Badile. Perfekte Eislinien führten auf den Gipfel des 3300 Meter hohen Berges der Bergeller Alpen im Süden des Schweizer Kantons Graubünden. "Wir schafften die Besteigung sogar an einem Tag", berichtete Lindic.

Auf einer "alternativen Route" der äußerst schwer zu besteigenden Nordwand erreichte das Alpinistenpärchen den Gipfel des Grandes Jorasses, eines rund 4200 Meter hohen Bergriesen an der Grenze zwischen Frankreich und Italien im Mont-Blanc-Massiv der Alpen. "Dabei mussten wir immer wieder unseren Plan ändern", erläuterte Papert.

Nachdem Lindic seiner Partnerin die Bezwingung des Watzmanns bei Berchtesgaden im Winter vorgeschlagen hatte, gab es für das Zweierteam ein neues Ziel. An der Mittelspitze hatten die Alpinisten schnell eine geeignete Linie gefunden. "Wir haben dabei gemerkt, dass man eigentlich gar nicht um den Globus reisen muss, um schöne Ziele zu finden", meinte die vierfache Weltmeisterin im Eisklettern.

Trotzdem zog es die beiden bald darauf wieder "in die Wärme", und zwar nach Kapstadt an der Küste Südafrikas. Hier galt es, den Tafelberg, der die Silhouette der Hafenstadt prägt, zu erklettern. "Auch dies war eine Fünf-Sterne-Route", merkte Lindic an. Eine echte Herausforderung bildete die Besteigung des Slanghoek in Südafrika.

Mit jeder größeren alpinen Besteigung wuchs auch der Appetit auf neue Herausforderungen. Und eine dieser Herausforderungen war der Shishapangma. Der Bergriese liegt in Tibet und ist mit einer Höhe von 8027 Metern zwar der niedrigste der Achttausender, aber gleichzeitig auch der vierzehnthöchste Berg der Erde. Kurz vor der Abfahrt in den Himalaya mussten die beiden einen Schicksalsschlag verkraften. Bei einem Lawinenunglück in den Bergen kam ihr guter Freund Marc-Andre Leclerc ums Leben. "Wir kletterten in den vergangenen Jahren viel mit ihm und wussten, wie ähnlich unsere Risikobereitschaft und Gefahreneinschätzung war. Das führte dazu, dass wir viel über die Gefahren als Alpinisten und Kletterer nachdenken mussten", sagte Lindic. Mit der richtigen Mentalität zu einer geplanten Expedition aufzubrechen, schien für das Pärchen plötzlich weit, weit weg. "Am Ende entschieden wir uns dennoch, dass es richtig sei, den Tod des Freundes in der Bergwelt zu verarbeiten - in einer Welt, in der wir ihm am nächsten sein durften", so Papert. Dass sie allerdings am Shishapangma scheitern sollten, konnten die beiden noch nicht erahnen. Das Pärchen wollte den 8000er über die Südflanke besteigen, wenn möglich auf einer neuen Route. Der mit starkem Wind kombinierte Schneefall zerlegte bereits regelmäßig die Zelte im Basiscamp. Nach der zweiten Erkundungstour am 7000er Nyanang Ri fühlten sich die Alpinisten bereit für den Gipfel. "Der Versuch endete jedoch mit einem Erlebnis, das unsere gesamte Expedition veränderte", erläuterte Papert. In der Nacht schlugen die beiden ihr Biwak unter sternenklarem Himmel auf einem Bergschrund auf. In der Nacht begann es jedoch, heftig zu schneien. "Im Morgengrauen wurden wir abrupt von einem beängstigenden Geräusch und äußerst intensiven Vibrationen geweckt - wir befanden uns mitten in einer Lawinenbahn", so Papert. Glücklicherweise schaffte es das Duo, sich schnell genug außer Gefahr zu bringen. Als sie dann aber ihre Ausrüstungsgegenstände in einem zweistündigen Grabungsmarathon bergen mussten, "hatten wir ständig Angst vor weiteren Lawinen". So schnell es ging kehrten sie schließlich zurück in ihr Camp.

"Vor allem, den Partner leiden zu sehen, das war für mich das schlimmste Erlebnis. Wir haben alles probiert, was Sinn macht. Das Wichtigste ist immer, gesund wieder zurückzukommen." Mit diesen Worten beendete Papert den eindrucksvollen Vortrag über die gigantische Welt der Berge und die beeindruckten Besucher spendeten lang anhaltenden Applaus.