Beilngries
Vorurteilen den Kampf angesagt

Bei einem Workshop setzen sich Beilngrieser mit Anschuldigungen gegenüber Asylbewerbern auseinander

16.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:40 Uhr
Die Kolping Roadshow Integration hat in Beilngries Halt gemacht. Au Einladung von Julia Schmidt (rechts) gestaltete Annalena Bürk einen Workshop zum Thema Vorurteile gegen Asylberwerber. −Foto: F. Rieger

Beilngries (DK) Mit welchen Argumenten kann man Vorurteilen begegnen, die gegenüber Asylsuchenden geäußert werden? Mit dieser Kernfrage hat sich ein Workshop beschäftigt, der am Sonntag in Beilngries stattgefunden hat. Organisiert hatte das Angebot Julia Schmidt, auf ihr Engagement hin war die Kolping Roadshow Integration nach Beilngries gekommen.

Es dauerte nur wenige Minuten, und schon war eine recht umfangreiche Liste entstanden. Die Teilnehmer an dem Workshop im Pfarrheim hatten von Projektleiterin Annalena Bürk die Aufgabe erhalten, ihnen bekannte Vorwürfe zu äußern, die immer wieder über Asylbewerber zu hören seien. "Die sind unpünktlich", "die nehmen unseren Kindern die Kindergartenplätze weg", "die sind kriminell", "die wollen sich gar nicht integrieren" - dies und vieles mehr war alsbald auf einer Tafel zu lesen. Die 14 Teilnehmer berichteten, dass exakt solche Aussagen im Alltag immer wieder zu hören seien.

Gemeinsam machte man sich in der Folge daran, zum einen auf die besagten Vorwürfe einzugehen und zu ergründen, welche Fakten möglicherweise wirklich dafür sprechen könnten, dass solche Meinungen entstehen - oder ob es sich erwiesenermaßen um unwahre Behauptungen handelte. Traf Letzteres zu, legten sich die Anwesenden auch gleich Fakten und Vorgehensweisen zurecht, um künftig besser auf solche Äußerungen reagieren zu können. Denn folgende Situation kenne auch sie nur zu gut aus dem Alltag, wie Annalena Bürk berichtete: Bei einem Treffen mit Bekannten äußere plötzlich jemand einen bösen Satz über Flüchtlinge. "Man weiß dann manchmal nicht, wie man reagieren soll." Also schweigt man, um die Stimmung nicht kippen zu lassen oder gar einen Streit zu provozieren. Hernach bereue man die Zurückhaltung aber dann doch. Als Tipp gab die Referentin den Anwesenden an die Hand, in einem solchen Fall durchaus mutig zu sein, aber nicht von oben herab zu argumentieren. Am besten sei es, wenn man klare Fakten dagegenhalten und eventuell den Gegenüber mit einer persönlichen oder emotionalen Geschichte erreichen könne.

Um vorbereitet zu sein, ging die Gruppe dann auf einige gängige Vorhaltungen gegenüber Asylbewerbern genauer ein. Dabei zeigte sich, dass es sich bisweilen tatsächlich um schwierig zu bewertende Sachverhalte handelte. Ein solcher Ausspruch war beispielsweise "Wir können in Deutschland nicht die ganze Welt aufnehmen". Faktisch sei es so, dass Deutschland im Vergleich zu Staaten wie der Türkei, Pakistan oder Uganda nur sehr wenige Flüchtlinge aufnehme. Richtet man den Blick nur auf Europa, so sei es hingegen durchaus nachvollziehbar, wenn Bürger nicht verstehen könnten, wieso Deutschland so stark gefordert sei - und andere EU-Staaten sich verweigern. Einige Teilnehmer gaben aber auch zu bedenken, dass Industriestaaten wie Deutschland nicht unschuldig daran seien, dass in manchen Ländern Fluchtursachen überhaupt erst entstehen. Beim Klimawandel werde das durch steigende Meeresspiegel erneut passieren, wie zu hören war.

Betont wurde außerdem, dass in Deutschland "Jammern auf hohem Niveau" betrieben werde. Man müsse Wege finden, die Asylbewerber noch besser in die Berufswelt zu integrieren, dann könne die Bundesrepublik mit Blick auf Branchen, in denen es zu wenige Arbeitskräfte gibt, sogar profitieren.

Recht schwer taten sich die Teilnehmer mit dem Thema Kopftuch/Vollverschleierung. Zum einen war man sich einig, dass grundsätzlich jeder Mensch selbst entscheiden solle, wie er sich kleidet. Zum anderen wurde aber auch betont, dass vor allem durch die Vollverschleierung ein problematisches Frauenbild gefördert werde und man es verstehen könne, wenn das Gegenüber gerne sehen möchte, mit wem er es zu tun hat.

Insgesamt waren sich die Anwesenden einig, dass Verallgemeinerungen immer schlecht seien und es im Interesse der Gesellschaft sei, dass alle Menschen ein respektvolles Miteinander hinkriegen.

Im Anschluss an das Seminar hatten beim Familiensonntag alle Interessierten die Möglichkeit, sich an dem Roadshow-Truck zu informieren. Annalena Bürk gehört zu einem 25-köpfigen Team, das durch ganz Deutschland reist und mehrmals pro Woche für Termine wie in Beilngries gebucht wird.
 

Fabian Rieger