Ingolstadt
Zwischen Politik und Autoindustrie

Nach 15 Jahren im Landtag ist Achim Werner zu seinem früheren Arbeitgeber Audi zurückgekehrt

19.05.2014 | Stand 02.12.2020, 22:40 Uhr

Achim Werner

Ingolstadt (DK) Als die CSU vor einem halben Jahr zum Parteitag in München rief, tauchte dort auch der Ingolstädter SPD-Politiker Achim Werner (61) auf. Aber nicht etwa, weil er auf seine alten Tage doch noch die Partei gewechselt hätte. Nein, der Sozialdemokrat stellte sich in seiner neuen Rolle vor.

„Das war ein großes Hallo“, erzählt der ehemalige Landtagsabgeordnete über seinen Besuch bei den Christsozialen im November. Denn natürlich hätten ihn viele noch aus seiner Zeit im Parlament gekannt. Anders als zu einigen führenden Ingolstädter CSU-Leuten habe er „zu vielen CSU-Abgeordneten ein ausgezeichnetes Verhältnis“, versichert Werner.

Seit der Landtagswahl im September muss sich der Politiker neu orientieren. Nach 15 Jahren war Schluss mit der Landespolitik. „Eigentlich ist Horst Seehofer schuld, dass ich nicht mehr im Landtag bin“, meint der abgewählte Parlamentarier. Nach der „Zerschlagung des Stimmkreises“ zugunsten Seehofers hätten ihm, Werner, etwa 3700 SPD-Stimmen gefehlt. „Wenn ich die gehabt hätte, wäre ich wieder im Landtag.“

Aber das ist Schnee von gestern. „Als Abgeordneter hatte ich eine 80-Stunden-Woche, jetzt arbeite ich 40 Stunden.“ Für den Ex-Audianer Werner war die „Anschlussverwendung“ kein Problem. Er hat einfach sein „ruhendes Arbeitsverhältnis“ mit den Autobauern im November wieder aufgenommen. Bevor er 1998 in den Landtag eingezogen war, hatte der gelernte Journalist einen Posten als Fachreferent für Öffentlichkeitsarbeit beim Betriebsrat der Audi AG.

„Ich sehe nicht ein, dass ich Geld fürs Nixtun kassieren soll“, begründet Werner seine Entscheidung, wieder zu seinem alten Arbeitgeber zurückzukehren. „Wenn man die Möglichkeit hat, zu arbeiten, sollte man das auch tun.“ Als Landtagsabgeordneter hätte er – ohne neuen Job – 15 Monate Anspruch auf ein Übergangsgeld gehabt und einige Monate nach dieser Frist die Altersversorgung eines langjährigen Abgeordneten bekommen. „Ich krieg jetzt kein Übergangsgeld. Das soll Abgeordnete absichern, die arbeitslos sind.“

Seit Werner wieder auf der Gehaltsliste des größten Ingolstädter Arbeitgebers steht, ist er dessen Politikbeauftragter für Bayern und inzwischen auch Baden-Württemberg. „Ich pflege Regierungskontakte“, beschreibt er seine Aufgabe, „ich verfolge die Themen und Sitzungen, die für die Automobilindustrie interessant sein könnten. Und ich informiere unseren Kreis bei Audi.“

Einfacher ausgedrückt: Werner vertritt jetzt als Lobbyist die Interessen seines Unternehmens in der Politik. Als solcher ist er auch präsent, wenn Audi mit Infoständen bei Parteiveranstaltungen auftritt. So betreute er auch den Stand beim CSU-Parteitag. „Die sind alle gekommen und haben gefragt: Was machst du denn da? Drei wollten mir gleich einen Aufnahmeantrag geben.“

Mag sein, dass sich der medienbewusste Politiker – er ist nach wie vor Stadtrat und SPD-Fraktionschef – in seiner Arbeitsweise etwas umstellen muss. Denn Lobbyisten sind für gewöhnlich eher diskret im Hintergrund tätig und legen keinen Wert auf öffentliche Auftritte. Nach dem Motto: je stiller, desto effektiver. In der Politik ist es umgekehrt: Wer die eigenen Aktivitäten nicht öffentlichkeitswirksam verkaufen kann, wird nicht gewählt.

Achim Werner schildert eine Begegnung mit Landtagspräsidentin Barbara Stamm in seiner neuen Funktion. Er habe in dem Gespräch die Vorzüge der nachhaltigen Mobilität und der alternativen Antriebe dargestellt. Speziell der Audi A3 g-tron, der mit Erdgas betrieben wird, sei Thema dieser Unterhaltung gewesen. Werners Vorstellung scheint bei der Präsidentin Eindruck gemacht zu haben. „Sie hat gleich einen für den Landtag gekauft.“