Geisenfeld (GZ) Kaum ermittelt, schon lagen die Ergebnisse der ersten Online-Konsensierung im Landkreis bei Bürgermeister Christian Staudter (USB) auf dem Tisch. Das Thema: der Biber. Das Resultat: höchste Akzeptanz für eine verstärkte Einbindung der Bevölkerung in die Diskussion und die Festlegung einer Bestandsobergrenze.
Zur Erinnerung: Bei dem von der Kommunikationsberaterin Annette Hartmann unlängst initiierten Internet-Projekt ging es darum, Vorschläge zur Lösung der Biber-Problematik zu entwickeln und diese dann mit Widerstandsstimmen von null bis zehn zu bewerten (zehn als höchste Ablehnung). Das Ziel: die Auflösung von verhärteten Fronten pro oder contra Biber hin zu einem breiten Konsens. "Inhaltlich wurde die grundsätzliche Regulierung des Biberbe-standes und die Verbreiterung der Uferrandstreifen an Gewässern von über 70 Prozent Zustimmung getragen", erklärt Hartmann anlässlich des Pressetermins im Rathaus.
Ähnlich hoch war die Akzeptanz zur Forderung, die vom Biber seit seiner Wiederansiedlung verursachte Veränderung der Landschaft etwa durch "Vorher-Nachher-Fotos" zu dokumentieren und so eine bessere Informationsgrundlage für Entscheidungen zu schaffen. Das Schlusslicht bildete die Passivlösung (sprich: die Situation sich selbst zu überlassen) - hier standen 21 Prozent Akzeptanz- sieben Maximalprotesten nach Punkten gegenüber.
Dass sich lediglich 22 Teilnehmer an dem Votum beteiligten, stört Hartmann nicht. "Es ging mir nicht um eine Meinungsumfrage oder gar Repräsentativität, sondern um die Aktivierung einer bislang übergangenen Gruppe von Betroffenen, eben der Bevölkerung", was aus ihrer Sicht auch angesichts 19 formulierter Vorschläge gelungen sei.
Und was sagt der Bürgermeister dazu? Er sei durchaus "neugierig" auf die Methode gewesen und nun von den Ergebnissen und Vorschlägen "teilweise überrascht". Dass die Gewichtung mit zwei Dritteln zugunsten der Ermittlung einer Biber-obergrenze ausfiel und es sogar noch mehr Punkte für ein "biberfreies Land" gab (in dem der Biber nur in bestimmten Schutzgebieten als Baumeister aktiv werden darf), habe er nicht erwartet.
"Der Biber gehört nicht ausgerottet, aber doch ordentlich bejagt", so sein eigenes Credo angesichts der 80000 bis 90000 Euro, die das Tier die Kommune im Jahr koste. Auf diese Summe belaufen sich nach Auskunft des Bürgermeisters die Reparaturkosten für Schäden, die der Nager zum Beispiel an Feldwegen und Dämmen verursacht.
Den Wunsch Hartmanns, im Weiteren nun die am Thema interessierte Bevölkerung intensiver einzubinden - etwa mit Konsensierungsrunden auf kommunaler Ebene, live und ohne die Hürde des Internets - stand Staudter kritisch gegenüber: "Da könnte der Eindruck entstehen, dabei gefundene Lösungen wären umsetzbar". Und das sei eben nicht der Fall. Denn der "Knackpunkt" der Thematik liegt für Staudter darin, dass unabhängig vom Bürgerwillen "ja ganz andere entscheiden". Es gebe mit der roten Liste eine klare gesetzliche Vorgabe, und bei Anfragen im Landratsamt mit dem Ziel einer Bestandsregulierung "stoße ich zum großen Teil auf Widerstände", so das Stadtoberhaupt. Dass angesichts "ganz konträrer Vorstellungen" Gespräche nicht viel bringen, habe ein Runder Tisch mit Landwirten im Januar gezeigt.
Gespannt ist Staudter ebenso wie Hartmann darauf, was Landrat Martin Wolf nach dem geplanten persönlichen Gespräch für Schlüsse aus der Online-Konsensierung ziehen wird. Die Initiatorin erwartet sich keine Wunder, aber sie setzt auf die Überzeugung: "Jede große Veränderung hat irgendwann einmal im Kleinen begonnen".
Aus dieser ersten Bürgerbeteiligung zum Thema Biber scheine doch Handlungsbedarf durch, resümiert die Initiatorin. Es zeige sich, "dass die Einwohner unserer Region überwiegend andere Vorstellungen haben, als die bisher an den Entscheidungen beteiligen Interessensgruppen".
Die weiteren Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen (prozentuale Akzeptanz nach Punkten in Klammern): pro Drahthose als Sofortschutz für Ufergehölze (71), bessere Uferkontrolle und -befestigung durch das Wasserwirtschaftsamt (65), Eindämmung der Biberpopulation durch Sterilisation statt Abschuss (56). Die Schaffung von Ausgleichsflächen (36) wurde ebenso skeptisch betrachtet wie der Vorschlag, erst eventuelle Auswirkungen des Volksbegehrens abzuwarten (27) - wobei gegen letztgenannte Möglichkeit acht Teilnehmer ihren "Maximalprotest" einlegten.
Maggie Zurek
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