Ingolstadt - Mit dem erhofften "Weihnachtsgeschenk in Form eines Sieges", wie es sich Trainer Ralf Henschker gewünscht hatte, wurde es nichts.
Stattdessen gehen die Handballer des MTV Ingolstadt nach dem 27:32 (10:15) gegen die HSG Fichtelgebirge als Tabellenelfter auf einem Abstiegsplatz in die Winterpause und müssen weiter um den Klassenerhalt in der Landesliga Nord bangen.
"Es war wie so oft in dieser Saison: Wir sind ordentlich im Spiel, haben unsere Chancen, kommen dann aber in eine Phase, in der wir - egal ob beim Abschluss oder beim Anspiel - die Bälle wegwerfen und das Spiel aus der Hand geben", ärgerte sich MTV-Coach Henschker nach der aus seiner Sicht unnötigen Niederlage.
Die Ursache für diese immer wieder auftretenden Schwächephasen des weiterhin sehr kleinen Ingolstädter Kaders ist nicht neu: "Der Stamm der Mannschaft muss länger durchspielen, als er eigentlich kann", bringt es Henschker auf den Punkt. Leistungsträger wie Matei Serban, Dino Sabljakovic und Andrej Macovei - allesamt um die 30 Jahre alt - gehören ohne Zweifel zu den Stärksten der Liga, können dieses Niveau aber nicht mehr über 60 Minuten durchhalten.
Und so erlebten die Ingolstädter gegen den Tabellenzweiten einen Spielverlauf, der in weiten Teilen durchaus symptomatisch für die bisherige Saison war. Trotz einiger Fehlwürfe gestalteten die Gastgeber das Spiel zunächst ausgeglichen, ehe eine Kette von Unkonzentriertheiten das MTV-Team schon nach rund einer Viertelstunde mit drei Toren ins Hintertreffen geraten ließ. Ein verworfener Siebenmeter, ein überflüssiger Ballverlust beim Tempogegenstoß, schon stand es 8:5 für die Gäste. Ein früher Rückstand, den die Ingolstädter bis zum Spielende nicht mehr aufholen sollten.
Hinzu kam - ebenfalls nicht zum ersten Mal -, dass die Ingolstädter mit den Entscheidungen der Schiedsrichter alles andere als zufrieden waren. "Es ist immer blöd, wenn man nach einer Niederlage auf den Schiedsrichter schimpft. Ich mag das eigentlich nicht. Dennoch muss ich sagen, dass ich wieder das Gefühl hatte, dass mit zweierlei Maß gemessen wird. Ich bin langsam wirklich frustriert", schimpfte Henschker. So sei unter anderem ein Faustschlag ins Gesicht von Macovei übersehen worden, Serban ging nach einem schmerzhaften Griff in den Wurfarm rund drei Minute früher als gedacht in die Pause. Auf der anderen Seite erhielten die Ingolstädter, mit insgesamt 64 Zeitstrafen ohnehin Rekordhalter in der Liga, wieder sechs Zwei-Minuten-Strafen.
So reichte den Gästen eine solide, vor allem aber über die gesamte Spieldauer ausgeglichene Leistung, um die Partie zu ihren Gunsten zu entscheiden. Das kurze MTV-Hoch nach Wiederanpfiff, als Macovei und Toth (je zwei Tore) ihr Team bis auf 14:16 heranbrachten, verpuffte schon bald wieder. Nach etwas mehr als sieben Minuten der zweiten Hälfte folgte nämlich das nächste Tief der Ingolstädter. Drei unkonzentrierte oder überhastete Abschlüsse (Macovei, Cosmin Libert, Sabljakovic) auf der einen Seite, drei routinierte Angriffe auf der anderen - schon stand es 15:19, in der 40. Minute sogar 16:21 aus Sicht der Gastgeber. Da zu allem Überfluss Ingolstadts auffälligster Akteur Balasz Toth (Henschker: "Der beste Linksaußen der Liga") nach einem Schlag in den Rücken in der zweiten Halbzeit nur noch für Siebenmeter eingewechselt werden konnte, war die Partie somit früh entschieden. Letztlich verhinderte Torwart Adnan Fejzovic, auch wenn er aufgrund der Nachlässigkeiten seiner Vorderleute immer wieder den Kopf schüttelte, mit einigen Paraden eine echte Blamage. Mit dem 27:32 waren die in dieser personellen und konditionellen Verfassung am Ende chancenlosen Ingolstädter noch gut bedient.
Somit steckt der MTV mittendrin im Abstiegskampf. "Wir hatten vor allem zu Saisonbeginn sehr viel Pech mit Verletzungen und sind dann ein Stück weit in eine Negativspirale gekommen", kommentiert MTV-Abteilungsleiter Norbert Hartmann die bisher erspielten 8:16 Zähler seiner Mannschaft. Spielgestalter Macovei spielte sechsmal angeschlagen oder gar nicht, auch Routinier Ranko Dzolic konnte gesundheitsbedingt nur einen Bruchteil der Spiele mitmachen. Für den ohnehin kleinen Ingolstädter Kader eine enorme Belastung. Die Folge: Immer wieder müssen Spieler, wie etwa der bislang blasse Neuzugang Libert, auf für sie ungewohnten Positionen aushelfen. Überdies fehlt die Abstimmung. 356 Gegentore in zwölf Spielen - die zweitmeisten in der Liga - nennt Hartmann das "Hauptproblem" seiner Mannschaft. "Wenn du pro Spiel immer rund 30 Tore einfängst, ist das schon eine arge Hypothek", mahnt der MTV-Macher.
Die Verantwortlichen bleiben vor den 14 noch ausstehenden Partien dennoch optimistisch. Dies vor allem, weil zum Trainingsauftakt im neuen Jahr nach gegenwärtigem Stand alle angeschlagenen Spieler wieder fit sein sollen. Ein wichtiger Punkt für eine Mannschaft, die auch im neuen Jahr in der Regel nur mit neun oder zehn Feldspielern und einem Torhüter in die Partien gehen wird. Neuverpflichtungen sind nämlich nicht geplant. "Dann sollten wir gleich zu Beginn der Runde die nötigen Punkte holen", schlägt Trainer Henschker vor. Auch Hartmann geht "fest davon aus, dass wir den Bock umstoßen und den angestrebten Platz im gesicherten Mittelfeld erreichen". Viele Rückschläge, so der Eindruck zur Winterpause, kann das Team jedoch nicht mehr verkraften.
DK
Norbert Roth
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