Zivilcourage im Zug bringt Ärger

21.02.2021 | Stand 27.04.2021, 3:33 Uhr

Zu den Corona-Maßnahmen: Mein Mann pendelt täglich mit dem Zug von Dollnstein nach München.

In Zeiten von Corona gestaltet sich die Fahrt im öffentlichen Nahverkehr mehr als schwierig und belastend. Der Mindestabstand in den Zügen ist unmöglich einzuhalten, zudem hat die Bahn in letzter Zeit entgegen den Versprechungen, mit mehr Waggons zu fahren, die Anzahl der Waggons noch reduziert. So waren in der Vergangenheit die Züge (in beide Richtungen) meist mit sechs Waggons ausgestattet. In letzter Zeit allerdings ist es fast täglich der Fall, dass die Züge lediglich mit vier Waggons (wieder beide Richtungen) ausgestattet sind. Wie sich die Leute in vier Waggons drängen und aufeinander sitzen, kann man sich vielleicht vorstellen, wenn der Mindestabstand schon bei sechs Waggons nicht eingehalten werden kann.
Außerdem sind natürlich auch immer Menschen mit an Bord, die sich nicht an die Regeln halten. So tragen etliche nicht die vorgeschriebene FFP2-Maske, und andere setzen sie auch nicht auf, da sie gerade essen, und das eben dann die ganze Fahrt bis nach München. Die Leute drauf ansprechen und aufmerksam machen, bringt leider sehr wenig. Viele werden unverschämt und sehen es nicht ein. Auch wenn man die Zugbegleiter darauf anspricht, erntet man teilweise nur Spott. Mitreisende, die ebenfalls versuchten, für Sicherheit im Zug zu sorgen, haben bereits resigniert, da es ihnen ähnlich erging wie meinem Mann.
Am Mittwochmorgen hat mein Mann die Zugbegleiterin darauf angesprochen, dass aufgrund der reduzierten Waggons die Mindestabstände schon wieder nicht einzuhalten sind. Leider kamen von der Zugbegleiterin nur unpassende Bemerkungen und freche Antworten. Es entwickelte sich eine Diskussion, doch die Zugbegleiterin ließ meinen Mann einfach stehen. In Ingolstadt stiegen dann Beamte der Bundespolizei zu, welche von der Zugbegleiterin gerufen wurden. Aber nicht, um die Sicherheit im Zug zu gewährleisten, sondern um meinem Mann zur "Rechenschaft" zu ziehen.
Die Situation stellte sich nun so dar, dass mein Mann für diesen ganzen Aufwand verantwortlich gemacht wird, sprich, ihm wurde angedroht, dass Schadensersatz von ihm gefordert wird, da der Zug durch den Zustieg der Bundespolizisten und deren Ermittlungen Verspätung hatte.
Anzumerken wäre noch, dass die Bundespolizei die Infektionsschutzmaßnahmenverordnung nicht oder nur schwer umsetzen kann, wenn sie sich selbst nicht daran hält (einer der Beamten trug die vorgeschriebene Maske auch nicht! ).
Mein Mann hat sich "erdreistet", auf die von der Bayerischen Staatsregierung erlassene Infektionsschutzmaßnahmenverordnung hinzuweisen! Meiner Kenntnis nach werden vom Innenministerium Medaillen verliehen für beherztes Auftreten. Courage bringt Sicherheit, Zivilcourage, sich für das Gemeinwohl starkmachen; das sind so einige Schlagworte, die unser Herr Ministerpräsident in fast jedem Interview in den Mund nimmt. Sind wir jetzt soweit, dass Bürger, die sich an die Gesetze halten und sich dafür einsetzen, nun die Krawallmacher sind?
Wäre da nicht die Bahn gefordert? Sicherlich. Aber die hat Anstrengung und Service nicht nötig, bekommt ihr Geld sowieso, weil keine Konkurrenz gegeben ist. Es kann doch nicht angehen, dass der Einzelhandel zugesperrt wird, die Kinder nicht in die Schule gehen können, aber im öffentlichen Nahverkehr alle Vorgaben und Regeln außer Kraft gesetzt sind.

Petra Weindorfer

Dollnstein