Ingolstadt/Hilpoltstein
Zählen, Daten sammeln, Spaß haben

Hilfe für die Wissenschaft und Umweltbildung auf einen Schlag: Was Mitmach-Aktionen mit Artenschutz zu tun haben

11.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:22 Uhr
Beliebte Mitmach-Aktionen: Naturschutzverbände wie der LBV rufen regelmäßig dazu auf, Tiere zu zählen. Da geht es um Schmetterlinge wie den Admiral, um Igel, Wintervögel (links unten eine Blaumeise) oder Gartenvögel wie die Mehlschwalbe. −Foto: Seidel/dpa, Rössner, Sturm, Zdenek, Meier/LBV

Ingolstadt/Hilpoltstein (DK) Den Garten in eine naturnahe Oase verwandeln, bienenfreundliche Küchenkräuter auf dem Balkon anpflanzen, auf Stein- und Kiesbeete verzichten oder regional und ökologisch einkaufen: Artenschutz kann auf vielfältige und oftmals einfache Art und Weise erreicht werden. Aber kaum etwas ist so unkompliziert und spaßbringend wie die vielen Mitmachaktionen der Naturschutzverbände. Einer davon ist der Landesbund für Vogelschutz (LBV), der in Hilpoltstein im Kreis Roth seinen Sitz hat. Mehrmals im Jahr ruft er die Bevölkerung auf, verschiedene Arten zu zählen - darunter Winter- und Gartenvögel, Igel und Kuckucke.

Die sogenannten Citizen-Science-Aktionen erfreuen sich seit Jahren großer Beliebtheit, die Zahl der Teilnehmer wächst stetig. Warum diese Form der Bürgerwissenschaft für den Artenschutz wichtig ist, erklärt LBV-Sprecher Markus Erlwein (kleines Foto): "Da gibt es zwei Aspekte: Einerseits sind die gesammelten Daten für Wissenschaftler wichtig, Trends bei der Artenvielfalt zu erkennen. Und andererseits setzen sich die Menschen durch ihre Teilnahme mit der Natur und Umwelt auseinander, verstehen Zusammenhänge und hinterfragen möglicherweise ihr eigenes Verhalten."Für Biologen und andere Wissenschaftler sind die von Bürgern gesammelten Daten in der Tat eine Goldgrube. "So viele Daten in so kurzer Zeit, das kann kein professionelles Monitoring leisten", sagt Erlwein. "Hier leisten diese Aktionen einen ergänzenden Beitrag, um beispielsweise bei Vogelbeständen Trends aufzuzeigen." Nicht ohne Stolz verweist Erlwein beispielsweise darauf, dass dank der gesammelten Daten erkannt wurde, dass der Bestand an Mehlschwalben bereits seit 15 Jahren zurückgeht. Bei Monitoring-Projekten stünden oft seltene oder bedrohte Spezies im Mittelpunkt. "Bei uns geht es um häufige Arten. So können wir frühzeitig Alarm schlagen, falls wir einen Rückgang beobachten, anstatt erst tätig zu werden, wenn sie bereits selten geworden sind." Aber auch der Aspekt der Umweltbildung ist nicht zu vernachlässigen. Mit der Teilnahme an den Zählaktionen wächst die Artenkenntnis, das haben bereits Studien bewiesen. Kinder, die mitmachen, erkennen doppelt so viele Vogelarten. "Die Teilnehmer realisieren, dass der Artenrückgang nicht nur in den Medien stattfindet, sondern real in ihren eigenen Gärten", sagt Erlwein. Die diesjährige Öffentlichkeit für das Thema wegen des erfolgreichen Volksbegehrens "Rettet die Bienen" habe die Mitmachaktionen des LBV deutlich beflügelt, berichtet Erlwein. Bei der Stunde der Gartenvögel machten heuer 12000 Menschen mit - 2000 mehr als im Jahr davor. Absoluter Spitzenreiter ist jedoch die Stunde der Wintervögel: Hier suchten zuletzt 30000 Naturfreunde ihre Gärten nach Piepmätzen ab und meldeten die Erkenntnisse dem LBV. Etwas im Schatten stehen noch die Igel- und die Kuckuck-Aktion. Heuer sind die Bayern zum zweiten Mal aufgerufen, Insekten zu zählen - Bienen, Schmetterlinge und Co. "Wer das Artensterben hautnah in seinem ganz persönlichen Bereich erlebt, der hinterfragt auch oft die Gründe dafür", sagt LBV-Sprecher Erlwein. Aus diesen Gedanken resultierten häufig Veränderungen im eigenen Verhalten: Nisthilfen aufhängen, bienenfreundliche Blumen pflanzen, auf Pestizide verzichten oder ökologisch einkaufen. Es sind die kleinen Dinge, die manchmal Großes bewirken.

Verena Belzer