Hohenwart
Youngster auf Abwegen

Hohenwarter Storch Storchi überwintert nicht in Afrika, sondern in Südfrankreich

09.01.2019 | Stand 12.10.2023, 9:58 Uhr
Weißstörche gehören zu den Zugvögeln und überwintern dort, wo es warm ist und sie genug Nahrung finden. Das muss nicht immer Afrika sein, wie sich am Beispiel von Hohenwarts Jungstorch Storchi zeigt. Der hat Afrika den Rücken gekehrt. Ob er bald nach Hohenwart zurückkehrt, bleibt abzuwarten, da er mit einem Jahr noch nicht brutreif ist. −Foto: Patrick Pleul/dpa

Hohenwart (SZ) Gerade erst rief der Landesbund für Vogelschutz (LBV) mit seiner Stunde der Wintervögel dazu auf, nach den heimischen Vögeln im Garten Ausschau zu halten. Da lohnt sich natürlich auch ein Blick auf die, die gerade ausgeflogen sind, die Störche etwa. Einige von ihnen nämlich hat der LBV mit Sendern ausgestattet, die es den Vogelschützern, aber auch Storchenfans und Hobbyornithologen möglich machen, die Flugrouten der Tiere zu verfolgen.

Unter den besenderten Tieren befindet sich auch der Hohenwarter Jungstorch Storchi. Er ist einer von insgesamt acht Tieren aus dem Landkreis Pfaffenhofen, die beobachtet werden können. Bereits Anfang August hatten wir davon berichtet, dass Storchi sich auf den Weg in den Süden gemacht hatte - es sollte sein erster Afrikaurlaub werden, ist er doch erst vergangenes Frühjahr zur Welt gekommen.

Ein Blick auf seine Flugdaten offenbart nun allerdings, dass es sich der Youngster aus Hohenwart nicht in Afrika, sondern ganz woanders gemütlich gemacht hat: in Südfrankreich. In etwa auf halber Strecke zwischen Marseille und Barcelona, in der Nähe der Stadt Narbonne, zieht er nun seine Kreise. Recherchiert man noch genauer, so erkennt man auch, wo genau - Storchi lebt anscheinend seit geraumer Zeit auf dem Gelände einer Mülldeponie oder schaut dort zumindest öfter mal vorbei.

Ungewöhnlich ist das nicht, seit Jahren beobachten Forscher, dass sich Zugvögel wie der Weißstorch die lange Reise zum afrikanischen Kontinent sparen und stattdessen in anderen südlichen, ebenfalls warmen, Regionen Europas überwintern. Spanien steht bei den Vögeln schon längst hoch im Kurs, ebenso Portugal. Dass bei Störchen insbesondere auch Mülldeponien beliebt sind, ist ebenfalls nicht neu - dort ist es angenehm warm und Nahrung gibt es in den Müllbergen obendrein. Warum sich der Hohenwarter Storch ausgerechnet Narbonne ausgesucht hat? Weiß man natürlich nicht und verraten kann er es ja auch schlecht. Aber, so viel lässt sich zumindest sagen, er ist mit seiner Wahl des Winterressorts ganz und gar nicht alleine.

Denn die Region um die französische Stadt, die keine 20 Kilometer vom Meer entfernt ist, ist ein regelrechtes Storchenmekka. Erst im September meldete die dortige Vogelstation den Rekord von über 10500 beobachteten Weißstörchen. Berichten zufolge wachse die Zahl der Störche dort jedes Jahr und sei das Ergebnis zahlreicher Schutzmaßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene.

Schön scheint der kleine Hohenwarter es dort also zu haben und an Gesellschaft dürfte es ihm wohl auch nicht fehlen. An Sonne übrigens auch nicht. Zwar sind die Temperaturen dort mit um die zehn Grad auch nicht gerade sommerlich, aber immerhin bleiben Storchi Nebel und Schnee erspart.

Spannend wird nun noch, ob der gebürtige Hohenwarter im Frühjahr überhaupt in seine Heimat zurückkehrt. Zwar sind Störche äußerst treu, was ihren Brutort betrifft, doch geschlechtsreif werden sie erst im Alter zwischen drei und vier Jahren. Daher kommt es häufig vor, dass jüngere Tiere noch länger in ihrem Winterquartier bleiben. Und da Storchi ja noch kaum ein Jahr alt ist, kann es gut sein, dass die Hohenwarter 2019 auf ihn verzichten müssen. Andere Störche werden aber ganz sicher zurückkommen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die ersten schon in den kommenden Wochen eintreffen könnten.
 

Alexandra Burgstaller