Reichertshausen
Wolfgang Krebs und die "Kandesbunzlerin"

Stoibers Alter Ego überzeugt als "Kunststammler"

23.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:19 Uhr
In seiner Paraderolle: Kabarettist Wolfgang Krebs als Edmund Stoiber. −Foto: Steininger

Reichertshausen (PK) Es ist Wahlkampf, und deshalb waren sie alle am Samstag in der Ilmtalhalle zu Gast: Edmund Stoiber, Horst Seehofer, Markus Söder, Angela Merkel, Joachim Herrmann, Hubert Aiwanger und andere mehr. Alle in Person des Kabarettisten, Verbalakrobaten und Verwandlungskünstlers Wolfgang Krebs. Und der hinterließ ein begeistertes Publikum.

Das spendet Szenenbeifall, wenn Krebs in seiner unnachahmlichen Art die Politiker aufs Korn nimmt, treffend, ironisierend oder auch veralbernd. Er versteht es eben, den Menschen aufs Maul zu schauen, ihre Körperhaltung, ihre Mimik und Gestik sowie deren Dialekt und Sprachduktus zu imitieren, und besser noch, zu parodieren.

Wie Angela Merkels Handhaltung zum Beispiel, die laut Krebs "die bayerische Raute in der ganzen Welt bekannt gemacht hat". Mit Bayerns Ex-Ministerpräsidenten Edmund Stoiber, "dem Untoten der CSU", beginnen vergnügliche eineinhalb Stunden besten Kabaretts mit viel Wortwitz und treffenden Pointen. Bei Krebs in Person von Stoiber keimt wirklich der Verdacht auf, dass er kein Parodist ist, der sich auf der Bühne in irrwitzige Sprachkaskaden ("meine hochvergärten Ehrensäfte") verheddert, sondern Stoibers Klon, ein laut Lexikon "genetisch identisches Lebewesen".

Zu seiner Anfangszeit als Ministerpräsident sei er "genauso beliebt gewesen wie heute Markus Söder", allerdings habe ihn "kein durchgeknallter Bundes-Innenminister mit seiner Politik torpediert" - zustimmender Applaus im Publikum. Da trauert Stoiber den Zeiten seiner absoluten Mehrheit nach. Nach den derzeitigen Wahlprognosen seien Seehofer, Söder und Dobrindt nicht mehr die "heilige Dreifaltigkeit, sondern die Einfalt hoch drei". Dann aber betritt die "fränggische Lichtgestalt" Markus Söder die Bühne: "Wenn Du denkst, es geht nicht blöder, kommt von irgendwo der Markus..." beginnt er einen Reim, und vom Publikum kommt prompt " ...Söder!" Mit ihm sei es im Wahlkampf aufwärts gegangen, bis der Seehofer von der "Migration als Mutter aller Probleme" gesprochen hatte. Das sei aber eher die Mutter von Horst Seehofer gewesen. Dann aber kommt er selbst, der vielgeschmähte Seehofer, in einer Uniform der Gebirgsschützen. Er verhandele gerade mit dem italienischen Innenminister Matteo Salvini in Sachen Flüchtlingsabkommen. "Wenn es nach dem Salvini ginge, würde Italien deutlich weniger Flüchtlinge aufnehmen und das Mittelmeer deutlich mehr", sagt Seehofer alias Krebs mit beißender Ironie. Nach der Landtagswahl zu koalieren bedeute, "sich die Regierung mit Leuten zu teilen, "die im Zweifel gar nicht bei der CSU sind".

Dann kündigt die Zwischenstimme und Umkleide-Pausenfüller aus dem Off den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann an. Der denkt wenigstens etwas schneller als er spricht, Krebs persifliert ihn treffend in seiner Behäbigkeit, seiner überprononcierten Sprechweise und mit dem typischen Dauerlächeln im Gesicht. Dann aber kommt Krebs als Wolfgang Krebs auf die Bühne, völlig kahlköpfig, "was beim Perückenwechsel von Vorteil ist", erklärt er. Den Hubert Aiwanger karikiert er nur phonetisch, das aber perfekt. "Der hält sich für das A und O der bayerischen Politik, verwechselt aber ständig beide Buchstaben" sagt er und ahmt ihn gleich nach, spricht vom "Oschermittwoch und Opfelsoft".

Die Natascha Kohnen von der SPD könne er nicht karikieren, "die karikiert sich mit ihrer Schnatter selber", den Christian Ude aber hat er noch drauf. Dann aber taucht Edmund Stoiber wieder von hinter der Bühne auf, wendet sich an "die lieben CSU-Wähler innerhalb und außerhalb der Urnen", - Kunstpause - , "der Wahlurnen" und hält noch mal eine fiktive Wahlrede wie in seiner besten Zeit, hüpft mit beiden Beinen hoch, lehnt sich über das Pult und steigert sich stimmlich bis in den Diskant.

Zutiefst bairisch wird der Dialekt aber, als der Schorsch Scheberl im Trachtenjanker, Vorsitzender aller 30 Dorfvereine, über seine Heimat spricht: Urkomisch, eine völlig überzeichnete Parodie auf ebenso urwüchsige Bayern. Als sich dann Angela Merkel an die Reichertshausener richtet, erreicht die Stimmung einen weiteren Höhepunkt. Denn Stimme und Sprache, Körper- wie auch die Handhaltung entsprechen dem Original, besser geht's nicht. So erzählt die "Kandesbunzlerin" über einen Urlaub in Bayern, der dank sprachlicher Missverständnisse völlig aus dem Ruder läuft. Das kann nur ein Wolfgang Krebs, unnachahmlich und unverwechselbar.

Wer am Schluss den "Watschenbaum" verdient, wird zur Nebensache, man einigt sich per Akklamation auf Donald Trump. Am Ende aber hält Krebs in der Person von Stoiber eine Moralpredigt, die längst keine Satire mehr ist, sondern ernst gemeinter Appell, sich weiterhin an christlichen Werten zu orientieren und er lässt keine Unklarheit darüber, gegen welche Partei sich sein Monolog richtet. Fazit: Glänzende Satire mit ernsten Untertönen. Ein Auftritt, der es in sich hatte!

Hans Steininger