Essing
Wohnungen mit Wasserkraftwerk

Mit Klimaschutzpreis ausgezeichnet: Riedenburger Firmen sanieren das Anwesen Weihermühle

14.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:28 Uhr
Die Turbine aus dem Jahr 1955 ist auch im sanierten Wasserkraftwerk in der Essinger Weihermühle ein wichtiger Bestandteil. Von dem Areal aus hat man einen guten Blick auf Burg Randeck. Das Herzstück der Anlage ist laut Günther Goppold von der Riedenburger Bauproma die automatisierte Steuerungs- und Regelungstechnik. −Foto: Schmied

Essing/Riedenburg (DK) Glasklar präsentiert sich das Wasser der Blautopfquelle ein Stück weit hinter dem Gebäude, das im Volksmund als Weihermühle bezeichnet wird.

Dort, wo sich am Essinger Ortsrand die Felsen in die Höhe recken, nährt eine Karstquelle das Gewässer, welches über ein Wehr wiederum den Bachlauf speist, der einst Mühlräder, später eine Wasserkraftanlage antrieb. Sie und auch das Gebäude sind von der Riedenburger Bauproma energetisch saniert worden. Diese hat für das Projekt kürzlich den Klimaschutzpreis des Landkreises Kelheim erhalten. Die Freude über die Auszeichnung ist groß, wie Günther Goppold, der gemeinsam mit Wolfgang Klein als Geschäftsführer der Bauproma fungiert, bei einem Rundgang über das Gelände zwischen Blautopfquelle und Weihermühlkapelle betont. Sieben Privatleute hätten sich zur Bauproma zusammengetan, um das etwa 7000 Quadratmeter große Grundstück, auf dem sich der Blautopf befindet, zu erwerben. Ziel war, das Gebäude und das zugehörige Wasserkraftwerk energetisch auf den neuesten Stand der Technik zu bringen. Entstanden ist so aus dem einstigen Wirtshaus, dem Essinger Hof, das über 23 Fremdenzimmer verfügte, ein Mehrparteienhaus mit 18 Wohnungen. Deren Größen variieren, laut Goppold ist vom Ein-Zimmer-Appartement mit 35 Quadratmetern bis zur Drei-Zimmer-Wohnung mit knapp 100 Quadratmetern alles dabei. "Das Haus ist voll", freut er sich. Das Wasserkraftwerk wurde in diesem Zuge in das Heizkonzept integriert. Vollendet wurde das Projekt Ende Juni dieses Jahres. Keine lange Zeit, wenn man bedenkt, dass die Bauproma das Ensemble im Oktober 2017 erworben hatte. Bis zuletzt herrschte dort Wirtshausbetrieb - und das über viele Jahrzehnte. "Das Kerngebäude wurde 1876 gebaut", erklärt Goppold. Die letzte größere Sanierungsmaßnahme sei dann 1979 erfolgt, sagt er. "Man hat dran- und draufgebaut, die Zimmer neu gemacht und auf zwei Etagen die Bäder hergerichtet. " Seitdem sei in dieser Hinsicht nicht mehr viel geschehen. Geheizt wurde das Gebäude seit dem Jahr 2008 mit einer Hackschnitzelheizung. Den Bestand habe man bestmöglich ausgenutzt, Keller und Dachstuhl blieben erhalten, ebenso die bestehenden Garagen, die um einige Stellplätze ergänzt wurden. Das Gebäude verfügt nun über den KfW-Effizienzhausstandard 70. "Dafür muss alles angelangt werden: Fassade, Fenster, Dach oder auch die Lüftungsanlagen", berichtet Goppold. Der regionalen Wertschöpfung wegen waren ortsansässige Firmen mit der Ausführung der Gewerke betraut. Die Wasserkraftanlage Weihermühle wurde im Jahr 1907 erstmals genehmigt und diente zur Stromerzeugung für den Markt Essing. In den 1950er-Jahren wurde die Francis-Spiral-Turbine eingebaut, die noch heute in Betrieb ist. Denn die Bauproma hat sie in ihr Gesamtkonzept integriert. Die Anlage war in die Jahre gekommen und wurde erst einmal auf Vordermann gebracht. Aus Schallschutzgründen und weil die Turbine während des Betriebs Schwingungen erzeugt, entschied man sich, die Anlage aus dem Gebäude heraus nach außen zu verlagern. "Ein weiterer Grund war, dass man so das Wasser nicht mehr im Haus hat", erläutert Goppold. In einem kleinen Häuschen mit großzügigen Fensterfronten kann man dem Generator und der Turbine nun beim Arbeiten zuschauen. Letztere hat einen frischen Anstrich bekommen und leuchtet nun in Dunkelblau. Die Beheizung des Gebäudes sowie eines weiteren Mehrfamilienhauses auf dem Grundstück, an dem aktuell noch gebaut wird, funktioniert unter Einbeziehung der Wasserkraftanlage folgendermaßen: Um die benötigte Energie bereitzustellen, wurden zwei Sole-Wärmepumpen installiert, die mittels Erdkollektor als Energiequelle betrieben werden. Die eine dient im Wesentlichen zur Bereitstellung der Grundlast für die Heizung, die andere ist für die Warmwasserbereitung vorgesehen. Mit dem Strom, der von der Wasserkraftanlage produziert wird, kann das Heizsystem autark betrieben werden. "Aktuell liefert es 70 Kilowattstunden täglich", weiß Goppold. Mit der Anlage im vorherigen Zustand wäre lediglich eine maximale Leistung von 13 Kilowatt möglich gewesen, jetzt liegt sie bei 21Kilowatt.

Um diesen hohen Wirkungsgrad zu erreichen, musste vor allem die Regelungs- und Steuerungstechnik erneuert werden. Die ursprüngliche Handsteuerung hatte zur Folge, dass die Wassermenge nicht ausgenutzt werden konnte. Die Schüttmenge aus der Blautopfquelle beläuft sich laut Goppold auf rund 350 Liter pro Sekunde. Der Unterwasserauslauf wurde erneuert, durch die Fallhöhe zwischen Quelle und Unterwasserkanal kann die Fallenergie des Wassers optimal für die Stromerzeugung genutzt werden. Das Herzstück der erneuerten Anlage ist laut Goppold die automatisierte Steuerung, die es ermöglicht, durch die Einstellung der Frequenz sogar bei Niedrigwasser Strom zu erzeugen.

Der Wasserstand in der Blautopfquelle wird über ein Federwehr reguliert. Dies diene auch zum Hochwasserschutz: "Das Wehr kippt, wenn zu viel Wasser in der Quelle ist", beschreibt Goppold. Zusätzlich wurde zum Schutz vor Hochwasser ein Bypass bis zur Weihermühlkapelle verlegt. "Auch das ist ein Grund, warum wir die Wasserkraftanlage draußen errichtet haben. "

Mit der Kapelle hat es übrigens eine besondere Bewandtnis: Im Jahr 1692 versiegte der Blautopf kurzzeitig. Die Bewohner errichteten aus Dankbarkeit, dass er wieder sprudelte, die kleine Votivkapelle. Ein Schild an dem Kirchlein erinnert daran. Es gehört zum Naherholungsgebiet Weihermühle, dessen Erhalt ebenfalls eines der Ziele des Projekts war. Die Blautopfquelle bleibt auch künftig zugänglich, sagt Goppold. "Wir haben das Areal so konzipiert, dass die Öffentlichkeit hinkann. " Eine kleine Bank mit Blick auf das klare Wasser lädt zum Verweilen ein. Dort, wo sich die neuen Leitungen im Erdreich befinden, gedeiht bereits eine Wildblumenwiese.

Kathrin Schmied