Pfaffenhofen
Wohin mit dem gefährlichen Abfall?

Engpass bei der Entsorgung von Dämmplatten mit dem Flammschutzmittel HBCD verunsichert Firmen

12.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:11 Uhr

Andreas Kufer, Geschäftsführer und Inhaber von Hechinger Bau und Entsorgung in Pfaffenhofen, zeigt die getrennten Abfallcontainer für Dämmplatten mit und ohne das Flammschutzmittel HBCD. Seit Anfang Oktober gelten HBCD-haltige Abfälle als gefährlich. - Foto: Brenner

Pfaffenhofen/Ingolstadt (DK) Seit Anfang Oktober werden Abfälle, die das Flammschutzmittel HBCD enthalten, als gefährlich eingestuft - und müssen entsprechend entsorgt werden. Doch einige Verbrennungsanlagen nehmen das Material nun einfach nicht mehr an.

Rund zehn Firmenvertreter oder Privatleute kommen täglich zu Andreas Kufer, Geschäftsführer und Inhaber der Firmen Hechinger Bau und Entsorgung in Pfaffenhofen. "Sie wollen, dass ich ihren Müll entsorge, aber das kann ich nicht", sagt er. Denn die Lage sei momentan ungeklärt. Die Mehrzahl der Verbrennungsanlagen in Deutschland nähme die HBCD-Abfälle nicht an, einige wüssten nicht, ob sie das überhaupt dürfen. "Wir können es nicht annehmen, wenn die Verbrennungsanlagen es nicht annehmen."

Enthalten ist HBCD in vielen Dämmplatten aus Polystyrol, das auch unter dem Markennamen Styropor bekannt ist. Nach einer EU-Verordnung werden HBCD-Abfälle in Deutschland seit Anfang Oktober als gefährlich eingestuft. Alte Dämmplatten müssen nun in Müllverbrennungsanlagen mit speziellen Filtern entsorgt werden. Der Grund: Laut Umweltbundesamt kann das bromhaltige HBCD - ausgeschrieben Hexabromcyclododecan - die Gesundheit von Menschen schädigen. So hätten Tierversuche gezeigt, dass die Embryonal- und Säuglingsentwicklung gestört wird. Experten zufolge ist das Material aber unbedenklich, solange es ordnungsgemäß verbaut ist. Problematisch wird es erst bei der Entsorgung, weil die Giftstoffe des Flammschutzmittels HBCD wasserlöslich sind. Seit dem Frühjahr darf das Material in Deutschland eigentlich nicht mehr verwendet werden, es gelten allerdings Übergangsfristen.

Das bayerische Umweltministerium antwortete nicht direkt auf eine Anfrage unserer Zeitung. Laut dem Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) ist dem Ministerium jedoch bekannt, dass es hier einen Entsorgungsstau gibt. Aktuelle Daten seien nicht erhoben worden, aber vor drei Wochen habe eine Umfrage ergeben, dass rund die Hälfte der 14 Anlagen in Bayern das Material nicht annehmen. Das gilt unter anderem für den Abfallwirtschaftsbetrieb München. Das bestätigt der zweite Werksleiter Helmut Schmidt. "Erstens haben wir dafür keine Genehmigung und zweitens sind wir zu 100 Prozent ausgelastet."

Allerdings schreibt das bayerische Umweltministerium in einem unserer Zeitung vorliegenden Schreiben, dass alle bayerischen Müllverbrennungsanlagen (MVA) die Abfälle rein rechtlich ohne Probleme annehmen können - und zwar ohne Änderung einer Genehmigung. Das bestätigt auch das LfU: "Nach unserem Kenntnisstand sind alle bayerischen MVAs ohne Änderung der jeweiligen Anlagenzulassungsgenehmigung rechtlich in der Lage, HBCD-haltige Abfälle anzunehmen", so ein Sprecher. Das Umweltministerium wird angesichts des Engpasses in dem Schreiben sogar deutlich: "Die Anlagenbetreiber werden gebeten, die HBCD-haltigen Dämmmaterialien auch ab dem 30. 9. 2016 anzunehmen", heißt es dort. Grundsätzlich verpflichtet ist aber keine Anlage, denn die Entsorgung obliegt dem freien Markt, so das Landesamt für Umwelt.

Georg Dieter Plöckl von der Müllverwertungsanlage Ingolstadt will den Müll trotzdem annehmen. Die Anlage entsorgt die Abfälle des Zweckverbandes, zu dem die Landkreise Pfaffenhofen, Neuburg-Schrobenhausen, Eichstätt, Kelheim, Roth sowie die kreisfreie Stadt Ingolstadt gehören. "Wir machen es, um den Bürgern zu helfen." sagt Plöckl. Der Häuslebauer müsse schließlich seine alten Dämmplatten entsorgen können.