Wirtschaftsfaktor Landwirtschaft

12.09.2008 | Stand 03.12.2020, 5:36 Uhr

Die Kartoffelernte läuft in diesen Tagen auf Hochtouren. Prozentual werden nirgendwo in Deutschland mehr Knollen erzeugt als im Raum Neuburg-Schrobenhausen. Die Landwirte setzen hier verstärkt auf Qualität aus der Region. - Foto: Haßfurter

Schrobenhausen (mpy) Die schlechten Milchpreise sind das eine. Auch in anderen Bereichen stehen die Landwirte betriebswirtschaftlich am Rande des Abgrunds. Der Bayerische Bauernverband setzt nun übergeordnet auf Vernunft – und regional auf Qualität.

"Es ist sehr schwierig geworden", sagt Ludwig Bayer, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes. Die Kosten für die Erzeugung von landwirtschaftlichen Qualitätsprodukten steigen, die Preise aber nicht. "Man muss sich einmal bewusst machen, wie wenig vom Ladenpreis beim Bauern ankommt", sagt er. "2,5 Cent für die Gerste bei einer Halben Bier, 0,5 Cent für den Hopfen. 0,6 Cent für den Weizen einer Semmel. Ein Cent für eine Kartoffel, 29 Cent für ein Kotelett." Dagegen stehen die explodierenden Preise für Futter und Dünger. "Allein diese beiden Faktoren machen heuer in meinem Betrieb Mehrkosten von 6000 Euro aus", berichtet Bayer. Geld, das erst einmal verdient sein muss.

"In den Jahren 2005 und 2006 haben viele Landwirte von der Substanz gelebt", bestätigt auch die Neuburg-Schrobenhausener Kreisbäuerin Mathilde Ahle; 2007 habe es etwas Aufwind gegeben. "Aber seit 2008 ist es damit vorbei", sagt Bayer. Rücklagen für Investitionen aufzubauen werde immer schwieriger, für viele sei es bereits Utopie geworden. "Natürlich gibt es Bereiche, in denen noch Geld verdient wird", ergänzt der Vollerwerbs-Landwirt, "aber die allgemeine Tendenz ist überaus problematisch."

Vater Staat tue ein übriges, um die Bedingungen für die Landwirtschaft zu erschweren, berichten die Verbandsfunktionäre; 40 Cent Steuer pro Liter Agragrdiesel stünden von der Belastung her in keinem Verhältnis zu 5,5 Cent in Frankreich, 6 Cent in England und 9,8 Cent in Österreich, finden die Landwirte.

Veränderte Dörfer

Längst hat sich das Gesicht der Dörfer auf dem Land verändert, die große Welle des Höfesterbens ist vorbei. Auswirkungen auf das Lebensumfeld, auch auf die Kulturlandschaften sind unübersehbar. "Dabei hängt noch immer jeder neunte Arbeitsplatz im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen an der Landwirtschaft", weiß Ludwig Bayer. Über 2000 Bauern betreiben auch heute noch einen Hof in Voll- oder Nebenerwerb – das sind Dimensionen, die sonst nur die Bauer AG im Landkreis erreicht. Grund genug für die Verantwortlichen des Bayerischen Bauernverbandes, darauf zu achten, dass der Fokus auf die heimische Landwirtschaft auch künftig hoch gehalten wird. Und immerhin: Der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen ist der Kartoffel-Landkreis Nummer eins. "Nirgendwo sonst in Deutschland werden so viele Kartoffeln erzeugt wie bei uns", berichtet Ludwig Bayer.

Regionale Erzeugnisse

Welche Auswege aus der Misere sehen denn die Landwirte selbst? "Qualität aus der Region zu fördern", sagt BBV-Chef Ludwig Bayer. "Wieder lernen, dass es manche Produkte nur saisonal gibt", schlägt Kreisbäuerin Mathilde Ahle im Gespräch mit der Schrobenhausner Zeitung vor, vielleicht sogar die Essgewohnheiten verändern. "Spargel hat genauso seine Zeit wie Kartoffeln." Vielleicht könne man die Variationsmöglichkeit für die eigene Küche neu beleben, indem man wieder saisonaler denke.

Und Produkte aus kontrolliertem Anbau hätten nunmal eine andere Qualität als manches, das für lange Transporte haltbar gemacht wurde. "Tomaten, die ich außerhalb der Saison einkaufen kann, halten sich im Kühlschrank über Wochen", stellt Mathilde Ahle immer wieder verwundert fest. Ob man den Unterschied schmeckt? Da sind sich die BBV-Leute einig: Natürlich!

Übernächste Woche wird Qualität aus der Region auch ein Thema beim Zentralen Landwirtschaftsfest in München sein, an dem sich der Kreis-Bauernverband aktiv beteiligt. Unter anderem werden verschiedene Kuchen gebacken.

Die Schrobenhausener Zeitung wird unter dem Logo "Qualität aus der Region" in den nächsten Wochen verschiedene landwirtschaftliche Themen vor dem regionalen Hintergrund gezielt beleuchten.