Ingolstadt
Wirte stecken in der Zwickmühle

28.07.2010 | Stand 03.12.2020, 3:49 Uhr

Auf ins Verlagshaus des DONAUKURIER! Das hieß es gestern für zehn Grundschulklassen mit rund 210 Schülerinnen und Schülern. Im Rahmen des KLASSE!Kids-Projektes erfuhr auch die Klasse 3 a der Ingolstädter Johann-Michael-Sailer-Schule mit ihrem Lehrer Herbert Vollnhals, wie die Nachrichten in die Zeitung kommen. Das Projekt zur Leseförderung in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Ingolstadt läuft seit drei Jahren und bietet neben der Zeitungslektüre auch Mitmachaktionen zum Thema Energie und Energiesparen. - Foto: Herbert

Ingolstadt (DK) Am Sonntag tritt in Bayern das totale Rauchverbot in Kraft. Während sich viele Bürger über diese Änderung freuen – immerhin stimmten 61 Prozent beim Volksentscheid Anfang Juli für den "echten Nichtraucherschutz" – müssen manche Wirte drastische Konsequenzen ziehen.

Recht gelassen lehnt Willi Pickl am Tresen und zuckt mit den Schultern. "Jetzt müssen halt alle raus in den Hof", erzählt der Wirt des Daniel. "Gesetz ist Gesetz." Doch selbst wenn die Regelung keine Auswege lässt, und der Gastronom sich an die neuen Richtlinien halten will, die Realität gestaltet sich für den Wirt nicht klar schwarz und weiß. Seine Frau kann sich daher gar nicht vorstellen, wie es ab Sonntag im Daniel ablaufen soll: "Da gibt’s jetzt schon welche, die sagen, ich hör’ nicht zu rauchen auf." Auch einige Stammgäste, die jeden Tag eine Zeche von 20 Euro hätten, seien dabei. "Was mach’ ich da, was mach’ ich da . . . ", fragt die Wirtin mit ratlosem Blick. Einen alten Stammtischler wegen Rauchens rauszuschmeißen, das will sie sich gar nicht vorstellen. "Das Dumme an der Sache ist: Die Bürger haben entschieden, jetzt kann man nicht mal einem Politiker böse sein!", fügt Willi Pickl hinzu.

 
Als die Entscheidung der bayerischen Bürger für einen stärkeren Nichtraucherschutz bekannt wurde, sagte Helmut Chase: "Es gibt nun klare Regeln und keine Ausnahmetatbestände mehr." Allerdings konnte der Ordnungsreferent der Stadt Ingolstadt zur Umsetzung und den Kontrollen noch keine genauen Angaben machen. "Wir haben auch nur bestimmte Kapazitäten", erklärte er bereits am Montag nach dem Volksentscheid.

An der Donaustraße nimmt die neue Situation Ihab Hassan jede Geschäftsgrundlage: Seine Kunden kommen hauptsächlich zu ihm, um Wasserpfeife zu rauchen. "Ich habe lange gearbeitet und viel Geld hier rein gesteckt", erklärt der Betreiber der Shisha-Bar Café Luxor. "Jetzt kann ich nachts nicht schlafen!" Seit Januar dieses Jahres ist seine Bar geöffnet. "Wenn ich gewusst hätte, dass so ein Gesetz kommt, hätte ich den Laden nie aufgemacht", erzählt Hassan kopfschüttelnd.

Zynisch merkt der Barbesitzer an: "Entweder ich mache ein Puff auf, oder ich lasse die Leute weiter rauchen!" Er will nur noch das Geld wieder verdienen, das er in die Shisha-Bar investiert hat, dann will er so schnell wie möglich fort. "Ich mag Deutschland, ich habe lange hier gearbeitet." Aber jetzt sei sein ganzes Geld sozusagen weg. "Ich betreibe eine Shisha-Bar. Da muss per Definition geraucht werden!"

Bei Fällen wie dem Café Luxor sieht selbst Stefan Wild keine Hoffnung: "Eine reine Shisha-Bar kann zumachen. Das Rauchen ist für die die Grundlage. Ohne Wasserpfeifen bleibt den Betreibern nichts übrig." Der Vorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbandes in Ingolstadt hätte gern alles gelassen, wie es war. "Es wird sich zeigen, wie die kleinen Eckkneipen überleben werden. Deren Stammkundschaft besteht schließlich zum Großteil aus Rauchern." Aber der neue Nichtraucherschutz sei eben ein Gesetz, und da gebe es keinen Ausweg.

Im Café Fingerlos in der Fußgängerzone sieht Alexander Wagner der Änderung recht gleichgültig entgegen. "Wir betreiben hier das klassische Einraumlokal, in dem keine Speisen serviert werden. Daher sind wir nach dem alten Gesetz der Ausnahmefall, wo geraucht werden durfte", erzählt der Cafébesitzer. Wegen des totalen Rauchverbots erwartet Wagner keine großen Veränderungen oder gar Einbußen. "Es hat früher bei den ersten Regelungen bereits geheißen, es würden viele Gaststätten daran scheitern. Aber ich selbst kenne kein einziges Restaurant das kaputt gegangen ist." Außerdem habe sich kaum etwas geändert.

Wenn gegen einen Wirt Anzeige erstattet wird, weil in seiner Gaststätte dennoch weiter geraucht wird, muss er mit juristischen Konsequenzen rechnen. "Es handelt sich dabei um eine Ordnungswidrigkeit. Daher wird ein Bußgeldverfahren sowohl gegen den Wirt als auch gegen den Raucher selbst eingeleitet", erläutert Sandra Brandt, Sprecherin des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit in München. Wenn ein Gastronom öfter erwischt werde, steigern sich entsprechend die Bußgeldbeträge auf Beträge bis zu 1000 Euro. "In einem Extremfall, wenn der Wirt tatsächlich bis zum Äußersten geht, kann es aber auch bis zum Entzug der Schankerlaubnis gehen."