Hilpoltstein
"Wir bringen Palliativmedizin nach Hause"

SAPV-Südfranken soll Patienten in ihren eigenen vier Wänden so umfassend betreuen wie in einer Klinik

09.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:14 Uhr
Die Versorgung sterbender Patienten soll mit Hilfe SAPV-Südfranken künftig neben der Klinik auch zu Hause möglich sein. −Foto: Bader

Hilpoltstein (HK) Die medizinische Versorgung einer Palliativstation zum Patienten nach Hause bringen: Das ist das Ziel der jetzt gegründeten SAPV-Südfranken.

Sie soll bei der Versorgung schwerkranker und sterbender Menschen da ansetzen, wo der Hausarzt und das Pflegepersonal eines Altenheimes an ihre Grenzen kommen.

 

 

"Wir wollen den Hausärzten nicht ihre Patienten wegnehmen.”

Gerhard Wägemann

 

 

Das Konzept der palliativen Versorgung, die im Januar 2018 die Arbeit aufnehmen soll, wurde am Mittwochnachmittag in Pleinfeld vorgestellt. Hier, nahe an der Grenze zwischen den Landkreisen Roth und Weißenburg-Gunzenhausen, wird künftig auch der Verwaltungssitz der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung (SAPV) Südfranken sein.

Die meisten Menschen möchten in der letzten Phase ihres Lebens in ihrer vertrauten Umgebung bleiben. Das ist in den meisten Fällen ihr eigenes Zuhause, in dem sie Jahre oder Jahrzehnte zugebracht haben und in dem eventuell auch Angehörige für sie da sind. Es kann aber auch ein Pflegeheim sein, in dem sie seit vielen Jahren leben und sich heimisch fühlen. Das Problem ist jedoch, dass Ärzte wie ambulante Pflegedienste nicht rund um die Uhr für die Betroffenen da sein können. Aber auch das Personal eines Pflegeheimes kommt an seine Grenzen, wenn eine Überwachung mit Maschinen oder eine Dauermedikation wie bei einer Schmerztherapie, nötig ist. Hier möchte die SAPV ansetzen. Sie kann Hausärzten, Fachärzten und Pflegepersonal helfend zur Seite stehen, wenn sonst nur noch ein Klinikaufenthalt oder eine Einweisung in eine Palliativstation zur Wahl stehen.

In der SAPV-Südfranken stehen dem Patienten dafür vier Partner zur Seite: die Kreisklinik Roth und das Klinikum Altmühlfranken sowie der Hospizverein Hilpoltstein-Roth und der Hospizverein Altmühlfranken-Gunzenhausen. Die Helfer aus den beiden Landkreisen Roth und Weißenburg-Gunzenhausen "müssen hier zusammenarbeiten, da ein Landkreis allein dies nicht schaffen kann”, sagt Christian Maune, der künftige ärztliche Leiter der Einrichtung. Der Grund ist organisatorischer wie finanzieller Natur. Zum Teil wird das medizinische Personal aus den einzelnen Einrichtungen wie Kliniken und Palliativstationen akquiriert, zum anderen schreiben die Krankenkassen vor, dass eine bestimmte Zahl von Patienten für diese Versorgung geeignet sein muss, bevor ein eigenes SAPV-Team auf die Füße gestellt werden darf. Die Zusage der Krankenkasse ist letztlich entscheidend, da sie die Versorgung bezahlen soll.

Da es in einem Landkreis alleine nicht funktioniert, haben sich also Herbert Eckstein für den Landkreis Roth und Landrat Gerhard Wägemann für den Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen genauso zusammengetan, wie die Klinikleiter Werner Rupp von der Kreisklinik Roth und Jürgen Winter vom Klinikum Altmühlfranken. Während die Ärzte und Palliativpfleger den medizinischen und pflegerischen Dienst übernehmen, bringen sich die Hospizvereine ein, um Sterbebegleitung zu leisten oder den Angehörigen in ihrer Trauer beizustehen. Letztere engagieren sich mit ihren zahlreichen ehrenamtlichen Helfern schon bisher beispielsweise beim Einsatz in einer Palliativstation.

"Bei uns gilt der bekannte Spruch für jede palliativmedizinische Versorgung: ,Wir möchten nicht dem Leben mehr Tage geben, sondern den verbleibenden Tagen mehr Leben geben'", bekräftigt Landrat Herbert Eckstein. Ziel der SAPV sei es deshalb, die Menschen so zu versorgen, dass "sie schmerzfrei und optimal versorgt in ihrem eigenen Zuhause leben, aber auch in ihrem eigenen Zuhause sterben dürfen”, sagt Eckstein. "Und daheim zu sterben ist ein Wunsch, den wir wohl alle einmal haben werden.”

Die SAPV hilft dann, wenn der Hausarzt eben nicht 24 Stunden am Tag und 7 Tage in der Woche für seinen Patienten da sein kann, oder wenn es selbst Pflegeheimen aufgrund mangelnder medizinischer Ausstattung nicht möglich ist, den Menschen wie auf einer Palliativstation zu versorgen.

"Daheim zu sterben ist ein Wunsch, den wir alle haben werden."

Herbert Eckstein

 

"Wir wollen den Hausärzten nicht ihre Patienten wegnehmen”, betont Landrat Gerhard Wägemann. "Wir wollen Hausärzte, Pflegekräfte aber auch Angehörige da unterstützen, wo sie an ihre Grenzen kommen.” Dies werde laut dem künftigen ärztlichen SAPV-Leiter Maune allein daraus ersichtlich, dass "der Hausarzt immer das Heft in der Hand behält”. Er allein stelle den Antrag bei der Krankenkasse und begründet den Einsatz der SAPV.

Obwohl die direkten Leistungen von der Krankenkasse bezahlt werden, hofft die SAPV zusätzlich auf Spenden. "Wir wollen ergänzende Leistungen anbieten, die eine Krankenkasse nicht honoriert”, sagt er und zieht als Beispiel eine Musiktherapie heran.

Ab dem 1. Januar 2018 soll die SAPV ihren Betrieb aufnehmen, sagt Maune. Dabei liegt die Bewilligung der Krankenkassen noch gar nicht vor. "Aber wir stehen in engem Kontakt, erfüllen die Vorgaben und hoffen auf eine Zusage in den nächsten Tagen.” Von da an stehen den Patienten fünf Ärzte, acht Pflegekräfte und zusätzlich zwei Verwaltungskräfte zur Verfügung. Sie sorgen dafür, dass zu jeder Tages- und Nachtzeit die entsprechende Hilfe zur Verfügung steht.

Alle Ärzte und Pflegekräfte sind übrigens in Teilzeit im Einsatz: Sie arbeiten hauptamtlich entweder an den genannten Kliniken oder als Pflegekräfte auf Palliativstationen. Allen gemeinsam ist aber, dass sie eine zusätzliche palliativmedizinische Ausbildung haben, bekräftigt Maune.

Schlussendlich sei eine SAPV für alle Betroffenen eine gute Lösung: "Die Krankenkassen müssen weniger zahlen als bei einem klinischen Aufenthalt und die betroffenen Menschen können da ihre letzten Tage verbringen, wo sie sich wohlfühlen und wo ihre Angehörigen da sein können.”