Windradgegner blasen zum Sturm

16.03.2009 | Stand 03.12.2020, 5:07 Uhr

Ein Ausschnitt aus dem Flugblatt der Windradgegner: Die vier Punkte zeigen die bereits bei Thalmannsfeld stehenden vier Anlagen, die rot schraffierte Fläche zeigt das Gebiet, von dem die Bürgerinitiativen annehmen, dass es als Vorrangfläche für weitere Windräder ausgewiesen werden soll .? Repro: Karch

Thalmässing (HK) Für Aufruhr in den Ortschaften auf dem Thalmässinger Berg sorgt die Tagesordnung der heutigen Marktratssitzung, in der grundsätzlich festgelegt werden soll, ob zusätzlich zu der Vorbehaltsfläche in Pyras weitere Vorrangflächen für Windkraft ausgewiesen werden sollen.

"Der damalige Beschluss war etwas unglücklich", räumt Bürgermeister Georg Küttinger ein. In seiner Augustsitzung hatte der Thalmässinger Marktgemeinderat zwar den Antrag von Wilfried Schertel und Michael Hussendörfer, 880 Meter von Ruppmannsburg entfernt ein Windrad zu errichten, abgelehnt, doch kann dieser Beschluss so gelesen werden, dass der Marktrat Windräder befürworten würde, wenn sie den von ihm festgelegten Abstand von 1000 Metern zu Wohnbebauung einhalten würden. Die Bürgerinitiativen Ruppmannsburg, Reichersdorf, Reinwarzhofen, Thalmannsfeld und Nennslinger Jura gegen die Windkraft interpretieren diesen Beschluss jedenfalls als Einladung, "es an anderer Stelle erneut zu probieren".

"Zwölf Hektar"

Sie haben seit vergangener Woche, als die Tagesordnung der heutigen Marktratssitzung im Internet veröffentlicht wurde, alle Hebel daran gesetzt, die Bürger in den Orten auf dem Berg zum Widerstand aufzurufen. "Der Marktrat beraumt kurzfristig eine Sondersitzung ein", schreibt die Bürgerinitiative Nennslinger Jura auf ihrer Internetseite. Und Andrea Legde aus Wengen, eine der Sprecherinnen, unterstreicht, dass sie den Eindruck hätten, dass "ohne Information der betroffenen Bürger über ihren Kopf hinweg" Windkraftanlagen Tür und Tor geöffnet werden sollen. Stefan Schilling von der Bürgerinitiative behauptet gar in einer E-mail: "Wir wissen nun, dass in einer Eilsitzung eine zwölf Hektar große Vorrangfläche ausgewiesen wird."

Über solche Behauptungen kann Bürgermeister Georg Küttinger nur den Kopf schütteln. "Mit mir hat keiner von der Bürgerinitiative geredet", bedauert er. Sonst hätte er erklärt, dass diese zusätzliche Marktratssitzung eine Woche nach der regulären Sitzung deshalb angesetzt wurde, weil die Tagesordnung am 10. März sonst zu lange gewesen wäre. "Und wir wollen über Windkraft, Fotovoltaik und das Straßenlampenkonzept, das auch auf der heutigen Tagesordnung steht, in Ruhe diskutieren."

Diskussion notwendig

Eine solche Diskussion hält Küttinger für zwingend notwendig, weil regelmäßig Investoren für Windkraftanlagen, aber auch Landwirte, die wissen möchten, ob ihre Flächen als Standorte in Frage kämen, bei der Gemeinde anklopfen. "Dann hat jeder die gleiche Ausgangslage." Derzeit ist im Regionalplan 7 in der Marktgemeinde Thalmässing nur bei Pyras eine Vorbehaltsfläche für Windkraft ausgewiesen, an anderen Standorten deshalb nicht möglich. "Wenn der Marktrat beschließt, dass er sich Windrad-Standorte vorstellen kann, wenn die den 1000-Meter-Abstand zum Ort einhalten, dann müssen wir prüfen lassen, ob weitere Flächen als Vorranggebiete in Frage kommen", erklärt Küttinger, der keinen Hehl daraus macht, dass er persönlich gegen Windräder an dem Standort bei Ruppmannsburg ist. Wenn dann solche Flächen gefunden würden, die groß genug seien und im richtigen Abstand zu den Dörfern liegen, seien Bürgerversammlungen angesagt. "Aber das wäre erst der nächste Schritt", so Küttinger. "Zuerst muss man doch abwarten, was der Marktrat will."

Um den genauen Rechtsstand zu erfragen, hat sich Georg Küttinger im November bei der Regierung in Ansbach kundig gemacht und sich "in beide Richtungen informiert". Bei Windkraftanlagen sei die Gemeinde nicht "Herr des Verfahrens", sondern werde vom Landratsamt nur um eine Stellungnahme gebeten. Anders verhalte es sich bei Fotovoltaikanlagen, bei denen die Gemeinde selbst rechtliche Möglichkeiten habe.

Küttinger befürchtet, dass man in "Thalmässing große Probleme mit der Windkraft bekommt, wenn der Regionalplan fliegt". Um solchen Problemen vorzubeugen, sei die heutige Sitzung angesetzt worden. In dieser Sitzung könne er selbst auch mitdiskutieren und sie auch leiten, anders als in der Augustsitzung, als der Antrag von Michael Hussendörfer zur Diskussion stand, der Küttingers Schwager ist.

"Das wird nichts diskutiert, da wird beschlossen", befürchtet Andrea Legde. Und die Bürgerinitiative hat auch schon "vage Infos", wo diese Vorrangfläche hinkommen soll. Wenn alle Abstände eingehalten würden, werde im Bereich Zolltafelfeld eine Fläche von mindestens zehn Hektar – diese Größe ist für Vorrangflächen Voraussetzung – ausgewiesen, auf der mindestens vier, vielleicht auch fünf Windräder Platz hätten. Und weil eine bestimmte Größe Voraussetzung für eine Vorrangfläche ist, gehen die Vertreter der Bürgerinitiativen ganz sicher davon aus, dass "automatisch mehr Anlagen gebaut werden können und in Zukunft sicher auch werden". Laut Auskunft von Stefan Schilling von gestern Nachmittag hat er "Informationen über den genauen Standort mit Flurnummern aus dem Thalmässinger Rathaus erhalten mit der Maßgabe, den Informanten vertraulich zu behandeln." Für Bürgermeister Küttinger ist das eine glatte Lüge, weil im Rathaus noch überhaupt nicht über mögliche Standorte gesprochen worden sei.

"Leute es pressiert" steht auf einem von den Bürgerinitiativen verteilten Flugblatt zu lesen. "Sagen Sie umgehend dem Bürgermeister und dem Gemeinderat, dass Sie keinen Windpark vor Ihrer Haustür wollen", fordern sie die Bürger auf und ließen Unterschriftenlisten rumgehen.

Küttinger: "Bodenlos"

Bürgermeister Georg Küttinger findet es "bodenlos", dass die Bürgerinitiativen mit vagen Vermutungen und Lügen hausieren gingen, Ängste schürte und die Leute aufhetzten. "Jeder darf gegen Windräder sein, aber die Diskussion muss sachlich geführt werden." Durch das Vorgehen der Bürgerinitiativen sei genau das eingetreten, was er eigentlich verhindern wollte. "Die haben Hass in intakte Ortschaften getragen." Er sei von Bürgern, die nicht unterschrieben haben, angerufen worden, dass der Frieden im Dorf jetzt dahin sei.