Eichstätt
Wie Descartes Gott erklärt

07.11.2010 | Stand 03.12.2020, 3:29 Uhr

Eichstätt (buk) "Radikale Strömungen in Neuzeit und Moderne", so das Thema der neuen Wintervortragsreihe, lassen sich auch in der Philosophie, bei René Descartes, feststellen: Um dessen "Neuansatz ursprünglichen Philosophierens und die Rezeption seiner Gottesbeweise" ging es im zweiten Wintervortrag vor rund 60 Zuhörern.

Referent war Norbert Fischer, Professor und Inhaber des Eichstätter Lehrstuhls für Philosophische Grundfragen der Theologie.

Der Referent erinnerte an die Anerkennung, die René Descartes (1596-1650) bei Immanuel Kant gefunden habe, der sonst mit Spott nicht geizte: Die Methode der Mittelalter-Scholastik habe er etwa grob als "After-Philosophieren" diskreditiert. Erst Descartes habe laut Kant einen "radikalen Umbruch auf dem Feld der spekulativen Philosophie" herbeigeführt, weil er "dem Denken Deutlichkeit gab". Tatsächlich sei Descartes "in unüberbietbarer Radikalität an die Aufgaben des Denkens herangegangen", etwa in der Frage der sogenannten "Gottesbeweise".

Descartes habe sein Denken mit einem universalen und radikalen Zweifel eingeleitet und das Ziel verfolgt, das Ganze der wissenschaftlichen Wahrheit darzustellen, wozu er einen "ersten unbezweifelbaren Anfang" suchte, den er im denkenden Ich fand – "in der Gewissheit, dass ich bin, dass ich existiere". Doch indem Descartes weiter fragt, "wer jenes Ich sei, dessen Existenz nicht bezweifelbar ist", sieht er sich genötigt, die gefundene Gewissheit gegen neue Einwände abzusichern und bringt dazu Gott ins Spiel: Denn "irgendein Gott" könnte ja in der Lage sein, "eine Täuschung auch in Sätzen zu bewirken, deren Wahrheit sicher scheint". Er wäre dann allerdings "ein Betrüger". Deshalb müsse das denkende Ich ein Interesse daran haben, "sich Gottes als eines vollkommenen Wesens zu vergewissern, das kein Betrüger sein kann". Ein solcher Gott sei ein "transzendenter Garant der Wahrheitsfähigkeit".

Weiter könne laut Descartes "etwas weder aus nichts noch aus weniger Vollkommenem entstehen": Eine Basis-Vorstellung, aus der etwas entsteht, "sei immer vollkommener als die neue Vorstellung, die aus ihr entsteht". So weise die Reihe der Vorstellungen auf ein Urbild zurück, aus dem alle anderen entstehen. In Gott aber werde etwas so Vollkommenes gedacht, dass die Idee von ihm nicht der Vorstellungstätigkeit eines endlichen Wesens entsprungen sein könne. Das aber heiße, "dass Gott notwendig existiert". Damit "tritt etwas in den Horizont des denkenden Ich, das höher und besser ist, als das Ich zu denken vermag". Zudem greife Descartes auf ein weiteres Argument zurück, um zu beweisen, dass Gott existiert: Ein höchst vollkommenes Wesen, dem das Dasein fehlte, könne man sich gar nicht vorstellen – also müsse ihm auch Existenz zukommen.

Gegen diesen Beweis hat Kant scharf argumentiert, er sprach von "einer ganz willkürlich entworfenen Idee", aus der man "das Dasein des ihr entsprechenden Gegenstandes selbst ausklauben wolle". Zugang zu dem "lebendigen Gott" könne nach Kant nur "ein vernünftiger Glaube" bieten.