Schwabach
"Wer so einen Scheiß macht, kann nicht erwachsen sein"

20-jähriger Rother wegen Volksverhetzung im Internet verurteilt 500 Euro Strafe und 80 Arbeitsstunden in einem Flüchtlingsprojekt

15.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:40 Uhr

Schwabach/Roth (rsc) "Es ist wohl narzisstische Wichtigtuerei, aber es muss bestraft werden." Mit diesen Worten begründete Jugendrichter Reinhard Hader sein Urteil gegen einen 20-jährigen Rother, der per Selfie-Video im Internet gegen Asylbewerber und Türken gehetzt hatte.

Der junge Mann muss nun wegen Volksverhetzung 500 Euro ans Schwabacher Asylcafé bezahlen und 80 Arbeitsstunden in einem Flüchtlingsprojekt arbeiten. Hader folgte damit der Anregung von Verteidiger Edgar Überall. Er hatte pädagogische Hilfe für seinen Mandanten verlangt. "Vielleicht wird dann aus dem Saulus ein Paulus", so Überall.

Andreas K. hatte während einer Zugfahrt ein grotesk wirkendes Video gedreht und in sozialen Netzwerken veröffentlicht. Dabei verbreitete er in ruhigem Ton schreckliche Sätze im Nazi-Jargon. Hader ließ den etwa fünfminütigen Streifen im Gerichtssaal vorführen. "Deutschland wird zugemüllt mit Asylanten", sagte der Angeklagte in seinem Video. "Diese Plage werden wir niemals mehr los, bis vielleicht einer Diktator spielt und sie vergast", ließ er seinen wirren Gedanken freien Lauf. "Auch aufgrund solcher Äußerungen werden Häuser angezündet und Menschen verletzt", sagte Hader und stellte eine mögliche Störung des öffentlichen Friedens durch das Video in den Raum.

Doch K. war im Video offenbar so in Fahrt gekommen, dass er auch gleich noch andere Minderheiten verunglimpfte. "Sie klauen, betrügen, halten sich nicht an die Regeln und integrieren sich nicht", lauteten seine pauschalen Vorwürfe in Richtung türkischstämmiger Mitbürger. Das nahm Richter Hader zum Anlass, die Äußerungen des 20-Jährigen vollends als "gequirlten Mist", wie er sagte, zu entlarven. Schließlich war Andreas K. in der Vergangenheit selbst schon wegen Betrugs, Fahrens ohne Fahrerlaubnis und unrechtmäßigen Gebrauchs eines Fahrzeugs verurteilt worden. "Türken halten sich also nicht an die Regeln - und Sie", wandte sich Hader unmittelbar an den Angeklagten, der darauf keine Antwort parat hatte.

Eine echte Erklärung für sein Handeln konnte K. ebenfalls nicht vortragen. Er sei selbst schwul und Halbfranzose, erklärte er. "Deshalb bin ich bereits in der Schule gemobbt worden und das ging später weiter", schilderte er seine eigenen Schwierigkeiten und erweckte den Eindruck, als sei ihm auch kurz vor der Zugfahrt eine Schmähung widerfahren. "In mir kam in diesem Moment der ganze Hass hoch", sagte K. Hader fand sein Handeln aber umso grotesker, weil er selbst einer Randgruppe angehöre.

Die Jugendgerichtshilfe war bemüht, den Vorwurf gegen Andreas K. zu entschärfen. "Ich habe den Eindruck, diese Äußerungen sind nicht wesenstypisch, sondern vor allem Wichtigmacherei", so der Sozialpädagoge vom Kreisjugendamt. Er plädierte für die Anwendung von Jugendrecht. Verteidiger Edgar Überall fasste den Entwicklungsstand seines Mandanten salopp und deftig in kurze Worte: "Wer so einen Scheiß macht, kann nicht erwachsen sein."