Ingolstadt
"Wer setzt sich bei Regen in den Biergarten?"

In der Gastronomie sieht die Lage düster aus - Öffnung der Außengastronomie im März sei nicht genug

11.03.2021 | Stand 23.09.2023, 17:20 Uhr
Die Köchinnen und Köche, die im Moment arbeiten dürfen, können sich freuen. Denn die Zahl der Arbeitslosen in ihrer Profession hat sich im vergangenen Jahr verdoppelt. −Foto: Free-Photos, pixabay

Ingolstadt - Sehr skeptisch sehen die Gastronomen der geplanten Öffnung der Außenbereiche entgegen.

So groß die Freude über einen kleinen Lichtblick ist - es gibt noch viele Bedenken über die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme. Und auch die Forderung nach weiteren Lockerungen bleibt.

"Grundsätzlich sind wir über die Perspektive, die wir von der Politik bekommen haben, nicht so glücklich", sagt Harald Mödl, Vorsitzender des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga Bayern) im Kreis Ingolstadt. So darf laut Bayerischem Gesundheitsministerium die Außengastronomie frühestens ab dem 22. März öffnen. Bei einem Inzidenzwert unter 50 - also die Zahl der Neuinfektionen gemessen auf 100000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen - geht das ohne Einschränkungen. Bei einer Inzidenz über 50 bis 100 dürfen Gäste nur mit einer Terminbuchung, Kontaktdatenerhebung und wenn Personen aus mehreren Haushalten an einem Tisch sitzen, einem tagesaktuellen Schnell- oder Selbsttest empfangen werden. Gar nicht so unwahrscheinlich: Die Sieben-Tages-Inzidenz stand am Donnerstag laut Robert Koch-Institut bei 46,6.

Wetter als Unbekannte

Mödl, Inhaber des "Schutterhof Biergarten", stört vor allem ein Punkt: "Wir sprechen von Mitte März. Wir wissen ja gar nicht, wie das Wetter wird. " Auch Stefan Bade, der Vorsitzende des Vereins der Köche Ingolstadt, weißt auf das Wetter hin: "Die Gastronomen müssen ja auch wissen, auf was sie sich einstellen sollen. Geh ich einkaufen oder nicht. Oder hab ich ab April dann schon wieder zu, weil die Zahlen nicht stimmen? "

Einer dieser betroffenen Gastronomen ist Sebastian Schmailzl, der mit seinem Bruder Korbinian den Brauerei-Gasthof "Zum Anker" führt. "Wir haben schon die ersten Lieferungen für den Biergarten bekommen. Wir werden sicherlich öffnen, aber in welcher Konstellation es Sinn macht, sei mal dahingestellt. " Auch er denkt an die Wetterlage im März und April. "Über die Aussichten brauchen wir nicht reden, es ist viel zu kalt, um draußen zu sitzen. Selbst wenn die Sonne scheint, ist es spätestens um 18 Uhr zu kalt, um draußen zu sitzen. " Außerdem stelle sich ihm die Frage, wenn das Wetter jeden Tag anders sei, "wie teile ich meine Mitarbeiter sinnvoll ein? " Dann müsse er ja täglich seine Angestellten anrufen und sie ein- und wieder austeilen. Nur die zwei Auszubildenden in der Küche seien nahezu immer da. Aus mehreren Gründen: "Zum einen schafft das mein Bruder allein in der Küche am Wochenende nicht, zum anderen haben wir ja auch einen Lehrauftrag. " Mit dem Geschäft, das sie derzeit machten, könne das Unternehmen auch nicht kostendeckend arbeiten. "Und ein Festangestellter kostet das drei- bis vierfache eines Auszubildenden. Das können wir uns schlichtweg nicht leisten. "

Zu der unsicheren Lage für die Mitarbeiter, die extra aus der Kurzarbeit zurückgeholt werden, kommt für Schmailzl noch die Frage nach dem Einkauf hinzu: "Unser Warenbestand ist frisch, wir arbeiten mit frischen Produkten. Und dann regnet es sieben Tage und wir müssen alles wegwerfen. " Rein gesetzlich dürften sie öffnen, "aber wer setzt sich schon bei Regen in den Biergarten? "

Hygienekonzepte stehen

Auch deshalb fordert der Ingolstädter Dehoga-Kreisvorsitzende Harald Mödl, dass die komplette Gastronomie wieder aufgemacht wird. "Unsere Hygienekonzepte stehen, das Gesundheitsamt hat auch alle für gut befunden. " Es sei gescheiter die Gastronomie wieder aufzumachen, wo es sich verteilt, als die Zahl der Personen zu erhöhen, die sich im privaten Bereich treffen dürfen. "Dort - kann ich mir vorstellen - ist Corona leichter zu bekommen als bei uns. "

Schmailzl stimmt seinem Kollegen zu: "Wieso ist es in Ordnung, in einer Halle zu fünft oder zu zehnt Sport zu machen, aber ich darf nicht fünf Leute an einen Tisch setzen? Da stellt sich mir die grundsätzliche Frage nach der Sinnhaftigkeit dessen, was beschlossen wurde. Am 22. März tagen sie ja wieder. " Und wenn die Inzidenz in Ingolstadt wieder niedrig sei, würden dann vielleicht Lockerungen gemacht. "Die Hoffnung stirbt zuletzt", sagt der Gastronom.

DK

Doris Mayr