Gerolsbach
Wenn in Gerolsbach die Saure-Gurken-Zeit anbricht

Die Theatergruppe legte eine begeisternde Premiere hin - Weitere Aufführungen gibt es am kommenden Wochenende

06.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:20 Uhr
Helmut Steurer
Eine spielfreudige Truppe erlebt das Theaterpublikum derzeit in Gerolsbach. −Foto: Steurer

Gerolsbach (SZ) Über einen prall gefüllten Breitner-Saal freute sich die Gerolsbacher Theatergruppe - eine Unterabteilung des FC Gerolsbach - zur Premiere ihres heurigen Stückes "Saure Gurken-Zeit".

Am Ende des lustigen und unterhaltsamen Abends gab es reichlich Applaus für die von Werner Etzelsdorfer geführten und trainierten Akteure, die ihren, über die Jahre erworbenen, Vorschusslorbeeren einmal mehr gerecht geworden waren.

Die Gruppe um Regisseur Etzelsdorfer schafft es immer wieder, ihre Stücke mit viel Fantasie und detaillierten Feinheiten auszustatten, so dass ihr viele Lacher und Zwischenapplaus gewiss sind. Herausragend: Lokalmatador "Macky" Georg Marquart, der als Gurkenfabrikant Alois Zirngibl, ob seiner Launen und Wutausbrüche, die Angestellten und die Familie des Öfteren leiden lässt. Marquart zieht dabei alle Register seines schauspielerischen Talents. "Hier ist der Chef", brüllt er mit kräftiger Stimme ins Telefon, wenn es ihm gutgeht - auf der anderen Seite wirbt er mit Engelszungen, um sein schlechtes Gewissen zu befrieden. Dabei zieht er geniale Grimassen, die seine innere Welt faktisch ohne Worte nach außen den Zuschauern vermitteln. Georg Marquart brilliert in allen Facetten der Rolle, als herrschender Firmenchef und Patriarch, aber auch als reuiger und demütiger Büßer. In seiner Umtriebigkeit wird der Gurkenfabrikant zufällig Zeuge eines Telefongespräches seiner Hausärztin, aus dem er erfährt, dass er sterbenskrank ist.

Anke Krabbe, diesmal in der Rolle der Heilkundigen, ist zur festen Größe im Gerolsbacher Ensemble geworden. Mit klarer, norddeutscher Zunge spielt sie diesen Part, der nicht erkennen lässt, dass sie von einem Oldtimer spricht, statt vom alten Gurkenproduzenten. Auf alle Fälle meldet sich jetzt dessen Gewissen und nimmt sogar in Form eines Gurkenglases Gestalt an, um ihm höchstpersönlich die Leviten zu lesen. Prächtig und immer den richtigen Ton treffend wird diese Sprechrolle von Phillip Meir unsichtbar, nur über die Lautsprecher, in Szene gesetzt.

Alois Zirngibl beginnt, wenn auch zähneknirschend und eher halbherzig, gute Taten zu vollbringen. Das ruft Verwunderungen in seinem Umfeld hervor, denn er stimmt plötzlich Pfarrer Bhoppal Reddy-Naini zu, zwei Glocken für die Kirche zu spenden. Amüsant die Interpretation der Rolle des Geistlichen. Albert Zaindl erhält einen dunklen Anstrich und begeistert in seinem indisch-bayrischen Slang, der Zeit konform als indischer Pfarrer in Zirngibls Pfarrgemeinde aktiv zu sein.

Große Verwunderung löst der Fabrikant auch bei seiner Sekretärin Hilde aus. Magdalena Knöferl ist dieser Part förmlich auf den Leib geschrieben. Sie ist engagiert bis in die Haarspitzen, wechselt in Millisekunden vom sich dumm stellenden Wesen in die berechnende Vorzimmerdame. Dabei stottert die Stimme, pfeift zuweilen, wird grob und wieder besonnen, in einem Takt, dass der Zuschauer Mühe hat, dem Tempo zu folgen.

Nicht minder beeindruckend die Familie um den Gurkenfabrikanten, der seine Tochter Anni mit dem Sohn seines größten Gurkenlieferanten verheiraten will. Doch Ehefrau Maria, Sonja Zaindl, zeigt hier ihre Qualitäten als Powerfrau vom ersten Vorhang bis zum Finale, bremst den Gatten immer wieder ein und sorgt dafür, dass nicht nur Gurken den ganzen Tag beherrschen. Ähnlich Tochter Anni, die schon mal vom Stapel lässt: "Haben in diesem Haus denn alle Gurken auf den Augen? ", als sie vorsichtig versucht, dem Vater beizubringen, dass sie Nachwuchs erwartet, aber nicht vom Gurkenlieferantensohn. Lena Solich spielt die Aufgabe wohltuend ruhig und besonnen, als katalytische Größe in dem Tollhaus, das mit Gurken, defekten Maschinen, falsch verstandenen Blumenlieferungen, sprechenden Gurkengläsern, gespendeten Kirchenglocken und zu aller Not auch noch mit dem Finanzamt zurechtkommen muss. Denn der "Alte" hat eine Scheinfirma auf den Namen seiner Frau gegründet, um Steuern sparen zu können.

Da hat er aber nicht mit "Herrn Boandl vom Finanzamt" gerechnet, der urplötzlich und völlig unangemeldet erscheint, um den Machenschaften ein Ende zu bereiten. Kein anderer als Christian Ostler hätte besser in die Besetzung der Figur gepasst, denn er weiß mit steifen, ungelenken, korrekten und glatten Verhaltensweisen das Klischee eines Beamten bestens zur Bühnenrealität werden zu lassen. "Mir ist noch keiner ausgekommen", freut er sich beinahe schadenfroh, als Gurkenfabrikant Alois Zirngibl, der irrtümlich den Boandlkramer vor sich zu stehen glaubt, alles zugibt. Doch es kommt noch mal die Rettung für den Unternehmer, denn Tochter Anni und Ehefrau Maria haben zusammen mit Sekretärin Hilde einen Rettungsschirm gebaut, der ihm zwar nicht gefällt, der ihn aber vorm Richter und vor dem gänzlichen Verfall ob seines schlechten Gewissens bewahrt und in einen geruhsamen Altersstand segeln lässt.

Der Gerolsbacher Theatergruppe ist es wieder gelungen, ein begeisterndes Theater auf die Bühne zu zaubern. "Die Gruppe ist hoch motiviert", so Spielleiter Werner Etzelsdorfer, "sie hat so viel Ideen, Begeisterung und Eigeninitiative, dass sie eigentlich ohne Regisseur antreten könnte". Die Zuschauer kennen und honorieren das - und kommen schon seit Jahren gerne wieder.

Weitere Aufführungen sind am kommenden Wochenende anberaumt. Sie beginnen am Freitag, 8. November, und Samstag, 9. November, um 20 Uhr, am Sonntag, 10. November, um 19 Uhr.

Helmut Steurer